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Erdgeschichte

Ausbreitung höherer Pflanzen begann früher

Schon vor rund 444 Millionen Jahren waren Gefäßpflanzen auf den urzeitlichen Landflächen verbreitet

Landpflanze
Wann breiten sich die ersten höheren Pflanzen an Land aus? © RomoloTavani/ Getty images

Frühes Grün: Höhere Pflanzen eroberten die irdischen Landflächen offenbar früher als angenommen. Sie könnten schon vor rund 444 Millionen Jahren weit verbreitet gewesen sein, wie Isotopenanalysen urzeitlicher Sedimente in Südchina nahelegen. Damit erlebte die Landvegetation ihren ersten großen Schub nicht erst im Devon, sondern  möglicherweise schon zu Beginn des Silur – rund 14 bis 25 Millionen Jahre vor den ältesten bekannten Gefäßpflanzen-Fossilien, wie Forscher in „Science Advances“ berichten.

Die Besiedlung der urzeitlichen Landmassen durch die ersten Pflanzen war ein Meilenstein der Erdgeschichte. Denn dies veränderte geochemische Kreisläufe, brachte einen weiteren Sauerstoffschub für die Atmosphäre und schuf ganz neue Lebensräume und Nahrungsketten.

Genvergleiche legen nahe, dass die ersten moosartigen Pflanzen schon vor rund 515 Millionen Jahren an Land präsent waren. Wann jedoch die ersten Gefäßpflanzen folgten, ist strittig. Den DNA-Datierungen zufolge könnten die ersten höheren Landpflanzen zwar schon vor 470 Millionen Jahren entstanden sein, die ältesten Fossilien von Gefäßpflanzen sind jedoch erst rund 420 Millionen Jahre alt. Bisher galt daher erst das Devon als das erste Zeitalter der Gefäßpflanzen.

Quecksilber-Signaturen
Atmosphärisches Quecksilber enthält weniger Hg199 und Hg200 und wird von Pflanzen aufgenommen. Deren organische Reste gelangen dann ins Meer. © Yuan et al./ Science Advances, CC-by-nc 4.0

Quecksilber als Zeitzeuge

Doch dem widersprechen nun neue Daten aus Südchina. Wei Yuan von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und seine Kollegen hatten dort nach indirekten Indizien für die Präsenz höherer Landpflanzen gesucht. „Solche indirekten Fingerabdrücke von Landpflanzen in Form von anorganischen und organischen geochemischen Markern können in Sedimenten gefunden werden“, erklären sie. Einer dieser Marker sind Quecksilber-Isotope, deren Verhältnis anzeigt, ob sie aus der Luft und Landpflanzen oder aber aus dem Wasser und Boden stammen.

Der Grund: Pflanzen nehmen im Zuge ihrer Photosynthese Quecksilber aus der Luft auf und bauen es bevorzugt in ihre Gewebe ein. Dadurch enthalten ihre Gewebe weniger Quecksilber-199 und Quecksilber-200 als beispielsweise Algen oder geologische Quellen. Wenn die Landpflanzen absterben, gelangt ihr Quecksilber in den Boden und mit dem Sediment auch ins Meer. „Die Einträge von Quecksilber aus terrestrischer Pflanzenbiomasse können daher die für marine Sedimente typischen Quecksilber-Isotopensignaturen überprägen“, erklären die Forschenden.

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Für ihre Studie haben Yuan und seine Kollegen die Quecksilber-Isotope in marinen Sedimenten in Südchina untersucht, die in der Zeit vor 550 bis 250 Millionen Jahren abgelagert wurden.

Landgewächse schon ab dem Silur

Das Ergebnis: Vom frühen Kambrium bis zum mittleren Ordovizium vor rund 460 Millionen Jahren zeigten die Sedimente noch die für marine Umgebungen typische Isotopensignatur – wie zu erwarten war. Denn damals spielte sich das Leben primär im Ozean ab. An Land entwickelten sich zwar schon die ersten Moose, diese hinterließen wegen ihres langsamen Wachstums aber noch keine deutlichen Spuren in den Isotopenwerten.

Quecksilber-Kurve
Absinken des Quecksilber-199-Isotops im Sediment ab dem Übergang zum Silur. © Yuan et al./ Science Advances, CC-by-nc 4.0

Doch vor knapp 450 Millionen Jahren änderte sich das Bild: „Die Zeit vom späten Ordovizium bis zum Silur ist durch den Beginn einer signifikant negativen Quecksilber-Isotopensignatur gekennzeichnet“, berichten Yuan und sein Team. „Wir sehen diese Signatur im Zusammenhang mit der schnellen Kolonisierung und darauf folgenden Ausbreitung der Landpflanzen. Weil Gefäßpflanzen rascher wachsen, mehr Biomasse produzieren und schneller wieder absterben, transportieren sie mehr atmosphärisches Quecksilber in die terrestrischen Reservoire.“

Grüner Meilenstein kam früher

Nach Ansicht der Forschenden muss es demnach schon vor rund 444 Millionen Jahren reichlich Gefäßpflanzen an Land gegeben haben. „Unsere Daten demonstrieren, dass Landpflanzen die terrestrischen Ökosysteme schon zur Zeit des Übergangs vom Ordovizium zum Silur tiefgreifend beeinflussten – auch wenn aus dieser Zeit bisher kaum pflanzliche Makrofossilien bekannt sind“, konstatieren Yuan und sein Team. Sollte sich dies bestätigen, dann haben sich die Gefäßpflanzen schon rund 14 bis 25 Millionen Jahre früher über die irdischen Landmassen ausgebreitet als es Fossilfunde nahelegen.

Zudem dauerte es offenbar nicht erst bis zum Devon, bis sie eine dichte Vegetationsdecke ausgebildet hatten. „Um eine so lange erkennbare Spur in den Quecksilbersignaturen der marinen Sedimente zu hinterlassen, müssen diese terrestrischen Pioniere schon vor Beginn des Devon weit verbreitet gewesen sein – zumindest in küstennahen und flussnahen Gebieten der niedrigen Breiten wie in Südchina“, schreiben die Forscher. (Science Advances, 2023; doi: 10.1126/sciadv.ade9510)

Quelle: Science Advances, Chinese Academy of Sciences

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