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Klima

Eiszeit: Ende im Norden kalt, im Süden warm

Gletscherrückzug in Neuseeland belegt Erwärmung der Südhalbkugel

Dickes Eis füllte Neuseelands Irishman Basin © Aaron Putnam / University of Maine

Während die Nordhalbkugel der Erde am Ende der letzten Eiszeit noch einmal einen Kälteeinbruch erlitt, erlebte die Antarktis eine Wärmeperiode. Eine jetzt in „Nature“ erschienene Studie belegt erstmals, dass zu dieser Zeit auch in Neuseeland die Gletscher schmolzen. Die zeitliche Parallele dieser Erwärmung mit einem Anstieg der atmosphärischen CO2-Werte trägt dazu bei, das Rätsel der klimatischen Teilung unseres Planeten zu dieser Zeit zu lösen.

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Das Ende der letzten Eiszeit begann vor rund 20.000 Jahren, als sich die Orientierung der Erde gegenüber der Sonne leicht veränderte. Die Eisdecken auf der Nordhalbkugel schmolzen und große Mengen Süßwasser gelangten damit in den Nordatlantik. Dies wiederum brachte die sensible Balance der nordatlantischen Strömungsmusters durcheinander und schwächte die große Umwälzpumpe, die für stetigen Transport warmen Wassers aus Tropen und Subtropen in die polaren Breiten sorgte. Dadurch schwang das Klimapendel wieder um: Innerhalb von extrem kurzer Zeit versanken weite Teile der Nordhalbkugel erneut unter Eismassen.

Warm im Süden, kalt im Norden

Seltsamerweise galt dies jedoch nicht für die Südhalbkugel, ganz im Gegenteil. Hier erlebte die Antarktis eine ausgeprägte Wärmeperiode. Noch ist nicht klar, was diese starke Diskrepanz zwischen den Hemisphären verursachte. Zurzeit werden hierzu zwei mögliche Erklärungen diskutiert: Ein Teil der Klimaforscher vertritt die Ansicht, dass die Schwächung des Golfstroms einen globalen Wandel in den Meeresströmungen auslöste, der zu einer Ansammlung von warmem Meerwasser im Süden führte. Andere Wissenschaftler sehen eher eine Veränderung der globalen Windmuster durch die Golfstromschwächung als ausschlaggebend und vermuten, dass dies vermehrt das Treibhausgas Kohlendioxid aus tieferen Wasserschichten freisetzte.

Isotope verraten Rate des Gletscherrückzugs

Ein wichtiger Schritt hin zu einer Klärung dieser Frage ist nun einem Forscherteam aus Neuseeland und den USA gelungen. Die Wissenschaftler analysierten den Gletscherrückzug im Irishman Basin auf der neuseeländischen Südinsel, indem sie das Gestein des ehemaligen Moränengebiets einer Isotopenanalyse unterzogen. Der Gehalt an Beryllium-10, einem durch kosmische Strahlung erzeugten Isotop, verriet ihnen, wann genau bestimmte Bodenbereiche eisfrei wurden. Auf diese Weise ermittelten sie den zeitlichen und räumlichen Verlauf des Gletscherrückzugs und die Erwärmung in dieser Region.

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Erwärmung vor 13.000 Jahren

Das Ergebnis zeigte, dass die Gletscher vor rund 13.000 Jahren abzuschmelzen begannen. Innerhalb von nur einem Jahrtausend verloren sie mehr als die Hälfte ihrer Ausdehnung. Über Vergleichswerte schließen die Forscher, dass dieser Rückzug das Resultat einer Erwärmung von mindestens einem Grad Celsius gewesen sein muss.

„Die Gletscher in Neuseeland schrumpften in dieser Zeit dramatisch, das deutet daraufhin, dass ein Großteil der südlichen Halbkugel sich zusammen mit der Antarktis erwärmte”, erklärt Michael Kaplan, Geochemiker am Lamont-Doherty Earth Observatory der Columbia Universität und Hauptautor der Studie. „Zu wissen, dass die Abkühlung der Nordhalbkugel in der Jüngeren Dryas kein globales Ereignis war, bringt uns dem Verständnis näher, wie die Erde aus der Eiszeit herauskam.“

Gesammelte Gesteinsproben © Mike Kaplan

Verbindung zum CO2-Anstieg?

Aber wie sieht es mit möglichen Ursachen dieser Erwärmung und den beiden zurzeit diskutierten Hypothesen aus? Welche wird von den Daten eher unterstützt? Die Wissenschaftler sehen zwar eine bemerkenswerte Parallele zwischen dem Gletscherrückzug und den in antarktischen Eisbohrkernen nachgewiesenen steigenden CO2-Werten dieser Periode. Trotzdem reichen ihrer Ansicht nach die Daten nicht aus, um eine der beiden Erklärungen eindeutig zu bestätigen oder zu widerlegen.

„Es bleibt eine offene Frage, wie stark die Erwärmung auf steigende CO2-Konzentrationen (durch sich ändernde Windmuster) und wie stark auf die hemisphärische Wärme-Umverteilung durch die bipolare Wippe zurückgeht“, so die Forscher in ihrem Artikel. „Dennoch deutet die auffallende Übereinstimmung unserer Beobachtungen mit der atmosphärischen CO2-Konzentration auf eine Verbindung zwischen dem Südozean, der südlichen Atmosphäre, dem atmosphärischen CO2 und Neuseelands Temperatur und Cryosphäre hin.“

Puzzleteil im Klimarätsel

Bob Anderson, ein Kollege von Kaplan und Verfechter der Windmuster-Hypothese sieht in der Studie in jedem Falle einen wichtigen Beitrag zur Lösung des eiszeitlichen Puzzles: „Dies ist eines der drängendsten Probleme der Paläoklimatologie, denn es verrät uns viel über die fundamentalen Prozesse, die Klimaveränderungen in der Nord- und Südhalbkugel verbinden. Zu verstehen, wie regionale Veränderungen das globale Klima beeinflussen, wird Forschern auch ermöglichen, regionale Variationen wie Regen und Schnee besser vorherzusagen.“

(The Earth Institute at Columbia University, 09.09.2010 – NPO)

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