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Neurobiologie

Wie erzeugen Katzen ihr Schnurren?

Wissenswert

Katze
Wie gelingen Katzen ihre charakteristischen Schnurrgeräusche? © krblokhin/ Getty Images

Ein gemütlicher Abend auf der Couch: die Katze liegt auf dem Schoß, lässt sich mit Streicheleinheiten verwöhnen und schnurrt dabei zufrieden. Ein wenig wie ein flauschiger, leise brummender Motor. Doch wie genau dem kleinen Stubentiger die tiefen Brummtöne gelingen, war tatsächlich lange Zeit ein wissenschaftliches Rätsel.

Menschen und Katzen erzeugen Töne eigentlich auf die gleiche Weise. Das Ausatmen lässt Luft durch den Kehlkopf und über die Stimmbänder strömen. Ein Signal des Gehirns sorgt dafür, dass die Stimmbänder je nach geplantem Laut gespannt werden, sodass die vorbeiströmende Luft sie zum Schwingen bringen kann. Sie schlagen nun hunderte Male pro Sekunde gegeneinander und erzeugen dabei Töne unterschiedlicher Höhe und Lautstärke. Wir sprechen, die Katze miaut, faucht oder kreischt.

Doch das Schnurren einer Katze fällt an dieser Stelle aus der Reihe. Denn es hat eine Frequenz von gerade einmal 20 bis 30 Hertz. Die Stimmbänder der Katze dürften theoretisch also nur 20- bis 30-mal pro Sekunde gegeneinanderschlagen, was eigentlich nur bei deutlich größeren Tieren mit viel längeren Stimmbändern – zum Beispiel Elefanten – möglich ist. Wie gelingt also ausgerechnet der vier Kilogramm schweren Hauskatze auf unserem Schoß eine derart niedrige Frequenz?

Streicheln und „gemütlicher” Karton lassen diese Katze zufrieden schnurren.© Kiki The Dream Cat

Theorien über Theorien

Tatsächlich gab es in der Vergangenheit bereits zahlreiche Theorien, die das Schnurren einer Katze erklären sollten. Manche machten die Blutzirkulation, andere das Zungenbein und wieder andere Kontraktionen im Zwerchfell für das Schnurrgeräusch verantwortlich.

Als bislang gängigste wissenschaftliche Erklärung gilt, dass Katzen zum Schnurren die Muskeln ihres Kehlkopfes abwechselnd an- und entspannen, und zwar durch ständigen neuronalen Input aus ihrem Gehirn. Zum Vergleich: Wenn eine Katze miauen will, braucht es dafür nur einen einzigen neuronalen Input zu Beginn, aber danach keine weiteren Hirnbefehle, um den Ton aufrechtzuerhalten. Beim Schnurren wäre dies der Theorie zufolge hingegen erforderlich.

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Schnurrende Kehlköpfe

Forschende um Christian Herbst von der Universität Wien haben diese Theorie nun überprüft. Um herauszufinden, ob die Katze diesen neuronalen Input wirklich zum Schnurren braucht, entnahmen die Forschenden die Kehlköpfe von acht Hauskatzen, die aufgrund unheilbarer Krankheiten eingeschläfert werden mussten. Ihre Besitzer hatten den Experimenten zuvor zugestimmt.

Um Bedingungen wie im Kehlkopf einer lebendigen Katze zu schaffen, klemmten Herbst und seine Kollegen zunächst die Stimmbänder zusammen und pumpten dann warme, feuchte Luft durch sie hindurch, so wie es auch eine lebende Katze bei der Tonerzeugung tun würde. Auf diese Weise versuchten die Forschenden nun, den isolierten Kehlkopf zum Schnurren zu bringen. Die Idee: Im Falle eines erfolgreichen Schnurrens wäre ein stetiger neuronale Input als Schnurrursache ausgeschlossen, denn der isolierte Kehlkopf war ja schließlich nicht mehr mit einem signalübertragenden Gehirn verbunden.

Gewebspolster als Rätsellösung

Und tatsächlich: Herbst und seinen Kollegen gelang es, auch ohne durchgängigen neuronalen Input tiefe Schnurrfrequenzen zu erzeugen. Doch wie? „Anatomische Untersuchungen haben ergeben, dass ein einzigartiges ‚Gewebspolster‘ in den Stimmlippen der Katzen erklären könnte, wie ein so kleines Tier regelmäßig Töne mit diesen unglaublich niedrigen Frequenzen erzeugen kann“, berichtet Herbst.

Die Forschenden vermuten, dass dieses Polster die Dichte der Stimmbänder künstlich erhöhen könnte, sodass diese langsamer gegeneinanderschlagen und dadurch auch Töne in Frequenzen von nur 20 bis 30 Hertz erzeugen können. Damit würde das Schnurren dem Mechanismus ähneln, der auch hinter der menschlichen Schnarrstimme – auf Englisch „vocal fry“ genannt – steckt, einer Art vibrierender, nasaler Aussprache von Wörtern. (Current Biology, 2023; doi: 10.1016/j.cub.2023.09.014

Auch die menschliche Schnarrstimme entsteht durch einen ähnlichen Mechanismus. © Seeker
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