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Klima

Schmelzende Polkappen machen Afrika „nass“

Direkte Beziehung zwischen polarem und tropischem Klima nachgewiesen

Dieser Ausschnitt aus der Studie zeigt beispielhaft: Zwischen 12.900 and 11.600 Jahren vor heute kam es zu einem Kälteeinbruch in Grönland und im Gegenzug nahm die Niederschlagsmenge in Westafrika rapide ab. © Weldeab

Klimaveränderungen an den Polen wirken sich über die Atmosphäre direkt auf Temperatur und Niederschlag in den Tropen aus: Wenn es im Norden wärmer wird, wird es in den Tropen innerhalb kürzester Zeit feuchter, und umgekehrt trocknet Afrika rapide aus, wenn die Temperatur am Nordpol stark abfällt. Das haben jetzt Kieler Forscher nachgewiesen, indem sie den Wasserkreislauf des westafrikanischen Monsuns der letzten 155.000 Jahre rekonstruierten.

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Die Geologen bedienten sich in ihrer Studie über die sie in der aktuellen Ausgabe von Science berichten erstmals einer Methode, die Aufschluss über die Klimaveränderungen in der Vergangenheit gibt. Als Grundlage diente ihnen ein 37 Meter langer Bohrkern, der 2003 aus dem Ozeanboden des Golfs von Guinea an den Niger- und Sanagamündungen von der Kieler Forschergruppe genommen wurde. Darin enthalten sind Kalkschalen von Foraminiferen, einer Planktongruppe, die an der Ozeanoberfläche treibt und sich im Laufe der Jahrhunderte am Meeresboden ansammelt und aufschichtet.

Diese Fossilien – genauer gesagt das Verhältnis von Barium zu Kalzium in ihrer Schale – verraten, wie hoch die Menge des Süßwassers war, die aus den Flüssen in den Golf von Guinea eingetragen wurde: Je höher der Barium-Anteil, desto mehr Wasser führten die Flüsse – ein direkter Indikator für Regen- oder Dürrezeiten also.

Extreme Niederschlagsumschwünge innerhalb von 40 bis 50 Jahren

Anschließend verglichen die Forscher die gewonnenen Daten mit denen, die von Eisbohrkernen aus Nordgrönland bereits dokumentiert waren und stellten fest: Extreme Niederschlagsumschwünge in Westafrika fanden innerhalb von 40 bis 50 Jahren statt and folgten jeweils den Klimaänderungen im polaren Eis. Eine höhere zeitliche Auflösung könne eventuell noch schnellere Klimaumschwünge nachweisen, vermutet der Geologe Syee Weldeab vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) an der Uni Kiel.

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„Bisher nahm man an, dass die Niederschläge in Westafrika hauptsächlich von der Sonneneinstrahlung über dem Kontinent bestimmt werden. Das ist zwar korrekt, wir aber liefern jetzt erstmals und eindeutig den Nachweis, dass die Monsunniederschläge ganz sensibel auch auf die kurzfristigen Entwicklungen der Eisschilde in den Polargebieten reagieren. Das scheint insbesondere in den Warmzeiten – vergleichbar der heutigen klimatischen Situation – der Fall sein.“

Probe von Foraminiferen. Mittels der Kalkgehäuse dieser winzigen, bis zu einem halben Millimeter großen Meeresorganismen konnten die Kieler Wissenschaftler Rückschlüsse auf das westafrikanische Klima ziehen. © CAU / Haacks

Was das für das künftige Klima bedeutet, fasst Professor Ralph Schneider vom Kieler Exzellenzclusters „Ozean der Zukunft“ zusammen: „Wenn sich das Klima so abrupt von sehr feucht zu sehr trocken oder umgekehrt wandelt, gibt es für die Ökosysteme kaum Zeit, sich anzupassen. So haben langfristige oder ortsgebundene Lebensformen, aber auch die Landwirtschaft, große Schwierigkeiten, mit derartigen Klimaumschwüngen Schritt zu halten.“

Ozean der Zukunft

Das Cluster „Ozean der Zukunft“ ist ein Zusammenschluss von 120 Kieler Wissenschaftlern aus 20 Instituten der Christian-Albrechts-Universität, dem Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR), dem Institut für Weltwirtschaft (IfW) und der Muthesius Kunsthochschule. Die Arbeit der Wissenschaftler zielt darauf ab, den Ozean weiter zu erforschen und ein Managementsystem für die Meere zu entwickeln, das letztlich zu einer neuen Symbiose zwischen Mensch und Meer führt.

(idw – Universität zu Kiel, 01.06.2007 – DLO)

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