Anzeige
Klima

Karbonatausfällung erklärt Ozonabbau

Computersimulationen geben Erklärung für Verschwinden des Ozons in der Troposphäre

Verteilung des bodennahen Bromoxids im polaren Frühjahr 2006 (links: April 2006, rechts: September 2006). Die Verteilung wurde aus Messungen des Satelliteninstruments SCIAMACHY berechnet und zeigt stark erhöhte Bromoxid-Konzentrationen über Meereis und in Küstennähe. © Andreas Riehler / IUP Bremen

Vor einigen Jahren haben Forscher mit großem Erstaunen entdeckt, dass es nicht nur das berüchtigte Ozonloch in der Stratosphäre gibt, sondern dass im polaren Frühjahr Ozon auch in der Troposphäre – der untersten Schicht der Atmosphäre – völlig verschwinden kann. Warum dies so ist, war bisher nicht endgültig geklärt. Jetzt haben Wissenschaftler mithilfe von Computersimulationen den genauen Mechanismus dieses Ozonabbaus entschlüsselt. Danach kann eine Karbonatausfällung beim Gefrieren des Meerwassers eine "Bromexplosion" in Gang setzen und damit den Abbau des troposphärischen Ozons in den Polargebieten auslösen.

Wenn die Troposphäre ihr Ozon verliert, steigt die Konzentration von reaktivem Bromoxid über dem Meereis und in Küstennähe deutlich an. Das Ozonloch wurde deshalb von Wissenschaftlern der so genannten Bromexplosion zugeschrieben, einer Kettenreaktion ausgelöst durch Bromid-Ionen aus dem Meersalz. Klar war jedoch noch nicht, wie dieses Bromid aus dem leicht alkalischen Meerwasser in gasförmige Substanzen umgewandelt werden kann, obwohl die chemischen Reaktionen dieser Bromexplosion nur in sauren Lösungen ablaufen.

Wissenschaftler vom Max-Planck Institut für Chemie (Mainz), dem Institut für Umweltphysik (Bremen) und dem Institut für Meereskunde (Hamburg) haben nun eine neue und überzeugende Hypothese durch Computersimulationen mit dem Atmosphärenchemiemodell "MECCA" bestätigt: Wenn sich im Frühling Risse im Eis bilden, wird flüssiges Meerwasser der noch sehr kalten Luft ausgesetzt. Schnell bildet sich an der Oberfläche eine neue, dünne Eisschicht. Darüber entsteht eine flüssige Salzlake, in der die gut löslichen Salze enthalten sind. In der Kälte schlechter lösliche Salze wie Natriumsulfat und Kalziumkarbonat bleiben im Eis zurück.

Ergebnisse verbessern Verständnis des Klimasystems

Meereis in der Framstraße nördlich von Spitzbergen. Meereis wirkt als Isolator zwischen dem relativ warmen Ozean und der kalten Atmosphäre. Der Stoff- und Wärmeaustausch an Stellen von eisfreien Rinnen ist auf dem Foto zu sehen: Seerauch dampft aus den Rinnen im Meereis. Foto aus etwa 500 m Höhe, 1998. © Lars Kaleschke

Salzhaltige Teilchen – Aerosole – werden durch Aufwinde an den Rinnen im Meereis emporgehoben. Der entscheidende Punkt hierbei ist, dass die so produzierten Aerosole kaum noch Karbonat enthalten: Im Ozean puffert das Karbonat den pH-Wert im alkalischen Bereich, das karbonatarme Aerosol kann jedoch leicht angesäuert und somit die Bromexplosion in Gang gesetzt werden. Ebenfalls von Bedeutung ist, dass eine Verschiebung der chemischen Gleichgewichte bei kalten Temperaturen die Kettenreaktion begünstigt. Dies beeinflusst die Oxidationskapazität der bodennahen Luftschicht und zerstört große Mengen Ozon und führt außerdem noch zur Ablagerung von Quecksilber in den Polargebieten.

Anders als das Ozonloch in der Stratosphäre hat diese Ozonzerstörung keine direkten Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Die neuen Erkenntnisse über die ablaufenden Reaktionen können nach Ansicht der Forscher aber zu einem besseren Verständnis des Klimasystems beitragen. Sie eröffnen auch viele neue Fragen über die zukünftige Zusammensetzung der Atmosphäre beim Abschmelzen der arktischen Meereisdecke sowie der fortschreitenden Versauerung der Ozeane.

Anzeige

(idw – Max-Planck-Institut für Chemie, 30.10.2006 – DLO)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

News des Tages

Bändereisenerz

Ur-Magnetfeld ohne festen Erdkern?

Krebs kann auch ohne DNA-Mutation entstehen

Waffentruhe eines mittelalterlichen Flaggschiffs geöffnet

Neues fossiles Riesenkänguru entdeckt

Diaschauen zum Thema

keine Diaschauen verknüpft

Dossiers zum Thema

Aerosole - Würzstoffe in der Klimaküche

Klimawandel - Bringt der Mensch das irdische Klima aus dem Gleichgewicht?

Meereis - Wimmelndes Leben in salzigen Kanälen

Bücher zum Thema

Eine unbequeme Wahrheit - von Al Gore, Richard Barth, Thomas Pfeiffer

Der Klimawandel - von Stefan Rahmstorf und Hans J. Schellnhuber

Die chemischen Elemente - Ein Streifzug durch das Periodensystem von Lucien F. Trueb

Der Arktis- Klima-Report - von Michael Benthack und Maren Klostermann (Übersetzer)

Wetterwende - Vision: Globaler Klimaschutz von Hartmut Graßl

Atmosphäre im Wandel - Die empfindliche Lufthülle unseres Planeten von Thomas E. Graedel, Paul J. Crutzen

Wetter & Klima - Das Spiel der Elemente - Atmosphärische Prozesse verstehen und deuten von Dieter Walch und Harald Frater

Top-Clicks der Woche