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Live-Chat von Antarktisbohrung

Lehrer berichten Schülern via Internet über die Erbohrung eines Sedimentkerns in der Antarktis

Schelfeiskante in der Antarktis. © AWI

Über das Klima der letzten fünfzig Millionen Jahre könnte schon bald ein rund 1.200 Meter langer Sedimentbohrkern aus der Antarktis neue Auskunft geben. Die Bohrung betritt technisches Neuland, da diese erstmals unterhalb des Ross-Eisschelfes erfolgen soll. Neben den 50 Wissenschaftlern und Technikern beteiligen sich auch sechs Lehrer an dem internationalem Forschungsprogramm „ANDRILL – Antarctic Geologic Drilling“. Mithilfe von Internet-Chats berichten sie ihren Schulklassen live über den Fortgang der Arbeiten und wollen so bei ihren Schülern das wissenschaftliche Interesse am Klimawandel wecken.

Zum ersten Mal in der Geschichte der Polarforschung wird im Rahmen von ANDRILL ein Sedimentkern vom Schelfeis aus erbohrt. Als Schelfeis bezeichnet man das Eis, das zwar mit dem Landeis verbunden ist, aber trotzdem auf dem Wasser schwimmt. Für das ehrgeizige Vorhaben, das bis Ende des Jahres 2006 vollendet sein soll, muss das etwa 80 Meter dicke Eis an der Bohrstelle auf dem Ross-Eisschelf zunächst geschmolzen werden. Anschließend wird der Bohrer bis zum etwa 900 Meter tiefen Meeresboden herabgelassen, um dann mit der eigentlichen Erbohrung des Sedimentkerns beginnen zu können – eine enorme technische Herausforderung.

Mithilfe des Sedimentkerns wollen die Forscher aus Deutschland, den USA, Neuseeland und Italien vor allem die Ausdehnung des Schelfeises in den Kalt- und Warmzeiten der letzten fünfzig Millionen Jahren rekonstruieren. Denn es gab in der Vergangenheit Phasen, in denen es auch in der Antarktis weitaus wärmer war als heute. „Nur wenn wir wissen, wie stark das Eis in der Antarktis damals zurückgegangen ist, können wir abschätzen, welche Auswirkungen der Klimawandel auf den Meeresspiegel in Zukunft haben wird“, erklärt Dr. Frank Niessen, Wissenschaftler am Alfred-Wegener-Institut und deutscher Vertreter im ANDRILL-Projektteam.

Forschung live ins Klassenzimmer

Schematische Darstellung der Bohrstelle. © AWI

Doch neben dem rein wissenschaftlichen Aspekt verfolgt das Projekt auch noch ein weiteres Ziel: Die Bedeutung der Polarregionen im globalen Klimasystem der Öffentlichkeit und Schülern zu vermitteln. Im Rahmen des ARISE-Projekts (ANDRILL Research Immersion for Science Educators) nehmen sechs Fachdidaktiker verschiedener Nationaliäten an dem Forschungsaufenthalt in der Antarktis teil. Von deutscher Seite ist Prof. Dr. Alexander Siegmund von der Pädagogischen Hochschule Heidelberg mit dabei. Über eine eigens eingerichtete Homepage sollen die vielfältigen Aspekte der Polar- und Klimaforschung anschaulich vermittelt und aus der Antarktis aktuell über die Forschungsarbeiten berichtet werden.

In regelmäßigen Internet-Chats mit der Antarktis können sich Schulklassen live mit Alexander Siegmund über die Polarforschung und das Leben als Wissenschaftler an einer Forschungsstation austauschen. „Als Lehrer freue ich mich ganz besonders, meine Schülerinnen und Schüler hautnah an die Forschung heranführen zu können. Ich möchte die jungen Menschen für die Polargebiete begeistern und ihnen auf diese Weise die aktuellen Fragen des Klimawandels nahe bringen“, sagt Eberhard Kern, Geographie-Lehrer am Fürstenberg-Gymnasium in Donaueschingen.

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Meeressedimente als Klimaarchiv

Wie hat sich das Eisschild der Antarktis gebildet? Wie groß war die maximale Ausdehnung des Eises in der Vergangenheit? Wann und warum war sie wesentlich kleiner als heute? In den Sedimentschichten des Meeresbodens sind zahlreiche Informationen über die Klima- und Umweltbedingungen der letzten Jahrmillionen enthalten. Die Wissenschaftler können mit diesen Proben einen wesentlich größeren Zeitraum der antarktischen Klima- und Eisbedeckungsverhältnisse zurückverfolgen als es mit Eiskernen möglich ist. Wenn man daher Temperatur und Eisbedeckung in einen Zusammenhang bringen kann, wird dies auch eine Vorhersage über das Ausmaß des Eisverlustes und damit des Meeresspiegelanstiegs durch den derzeitigen Klimawandel ermöglichen.

Das Alfred-Wegener-Institut ist mit zwei Arbeitsgruppen vor Ort, um die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Bohrkerne zu messen. „Besonders interessant wird es, wenn Ablagerungen erbohrt werden, die auf eine erheblich kleinere Ausdehnung des Schelfeises schließen lassen. Das eröffnet Einblicke in Situationen, wie wir sie in Zukunft mit wärmeren Klimabedingungen zu erwarten haben“, sagt Dr. Gerhard Kuhn vom Alfred-Wegener-Institut. Er wird die chemische Zusammensetzung des Sedimentkerns schon vor Ort in der Antarktis analysieren.

Umfangreiche deutsche Beteiligung

Von deutscher Seite wird das Projekt vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung finanziell unterstützt und koordiniert. Außerdem sind die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover sowie die Universitäten Jena und Göttingen beteiligt. ANDRILL ist eines von über 200 Forschungsprojekten, die im Rahmen des Internationalen Polarjahres 2007/2008 stattfinden. Die Wissenschaftler wollen mit dieser Initiative ihre Kräfte bündeln und in groß angelegten Messkampagnen und Feldarbeiten die klimasensiblen Polargebiete untersuchen.

(Alfred-Wegener-Institut, 31.10.2006 – AHE)

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