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Klima

Klimawandel hat sich weiter verschärft

Erwärmung liegt jetzt bei 1,14 Grad, verbleibendes CO2-Budget hat sich halbiert

Erde
Die Erde hat sich weiter aufgeheizt und auch ihre Energiebilanz ist weiter ins Ungleichgewicht gerutscht. © 3Dsculptor/ Getty images

IPCC-Daten aktualisiert: Seit dem letzten Weltklimabericht von 2021 hat sich der Klimawandel weiter verschärft, wie eine aktuelle Bilanz zeigt. Demnach hat die globale Erwärmung jetzt 1,14 Grad gegenüber vorindustriellen Werten erreicht, pro Jahrzehnt kommen momentan 0,2 Grad hinzu. Auch das Energieungleichgewicht des Planeten und der anthropogene Strahlungsantrieb haben sich verstärkt. Das für das 1,5-Grad-Ziel noch verfügbare CO2-Budget hat sich dagegen fast halbiert, wie die Klimaforscher berichten.

Anfang August 2021 stellte der Weltklimarat IPCC seinen aktuellen Sachstandsbericht (AR6) vor. Dieser erfasste den Zustand von Atmosphäre und Klima bis zum Jahr 2019 und zeigte auch auf, wie viel Kohlendioxid (CO2) die Menschheit noch ausstoßen darf, um die globale Erwärmung auf 1,5 oder zwei Grad zu begrenzen. Seither hat die Corona-Pandemie den globalen Treibhausausstoß zwar vorübergehend verringert, doch seit 2021 steigen die Emissionen wieder. Die irdische Strahlungsbilanz ist weiterhin im Ungleichgewicht.

Änderungen der Klimaparameter
Diese Grafik zeigt zusammenfassend die Änderungen von wichtigen Klimafaktoren und Einflussgrößen seit dem letzten IPCC-Sachstandsbericht von 2021. © Forster et al./ Earth System Science Data, CC-by 4.0

Klimabilanzen nach IPCC-Standard ab jetzt jährlich

Angesichts der rapiden Veränderungen reicht es jedoch nicht mehr, den Zustand des Klimasystem nur alle fünf bis zehn Jahre zu erheben, wie für die Sachstandsberichte der Fall. „Für faktenbasierte Entscheidungen und Maßnahmen benötigt man aktuelle und zeitnahe Informationen zu Schlüsselindikatoren des Klimazustands und zum menschlichen Einfluss darauf“, erklären Piers Forster von der University of Leeds und seine Kollegen.

Das 50-köpfige internationale Team hat daher die standardisierten Methoden des IPCC genutzt, um eine aktuelle Klimabilanz zu erstellen und diese mit dem Stand von vor zwei Jahren zu vergleichen. Auf gleiche Weise sollen auf der Plattform nun jährlich aktuelle Bilanzen der klimatischen Kernfaktoren veröffentlicht werden. „Weil diese Daten auf IPCC-Methoden beruhen, können sie allen Vertragsstaaten der Klimakonvention als verlässliche Referenz dienen“, so das Forschungsteam.

Die aktuellen Bilanzen sind auf einer Website öffentlich zugänglich, dort findet sich auch ein Klimawandel-Tracker, der interaktiv die Veränderungen bei Schlüsselfaktoren zeigt.

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Erwärmung bei 1,14 Grad, irdische Energiebilanz rückt weiter ins Plus

Die aktuellen Analysen bestätigen: Seit 2021 hat sich der Klimawandel weiter beschleunigt und verstärkt. Gemittelt auf das letzte Jahrzehnt erreicht die globale Erwärmung inzwischen 1,14 Grad gegenüber vorindustriellen Werten – beim Weltklimabericht waren es noch 1,07 Grad. Das Tempo des Klimawandels hat sich gegenüber der letzten Bilanz ebenfalls erhöht: „Für die Periode von 2013 bis 2022 ist die anthropogene Erwärmung mit der beispiellosen Rate von mehr als 0,2 Grad pro Jahrzehnt angestiegen“, berichten die Forschenden.

Parallel dazu hat sich auch das Ungleichgewicht der irdischen Energiebilanz weiter verschärft. Sie ergibt sich aus der der Erde durch die Sonneinstrahlung zugeführten Energie und der Energie, die unser Planet wieder ins All abstrahlt. Den aktuellen Analysen zufolge hat sich der Energieüberschuss der Erde von 0,79 Watt pro Quadratmeter (W/m-2) für den Zeitraum 2006 bis 2018 jetzt auf 0,89 W/m-2 für 2010 bis 2022 erhöht.

Energiebilanz der Erde
Energieaufnahme verschiedener Erdsysteme (links) und Energiebilanz der Erde. © Forster et al./ Earth System Science Data, CC-by 4.0

CO2-Emissionen und verringerte Aerosole als Haupttreiber

Den größten Anteil an dieser Entwicklung hat der erhöhte Strahlungsantrieb durch anthropogene Einflüsse. Im Jahr 2019 lag er um 2,72 W/m-2 höher als noch zu vorindustriellen Zeiten um 1750. Im Jahr 2022 hat sich dieser Wert auf 2,91 W/m-2 erhöht, wie das Team ermittelte. Im Schnitt steigt der anthropogenen Strahlungsantrieb inzwischen um 0,6 Watt pro Quadratmeter.

Die größten Treiber dafür sind einerseits die gestiegenen Treibhausgas-Emissionen, die im Schnitt der letzten Dekade bei jährlich 54 Gigatonnen CO2-Äquivalenten lagen. Dies repräsentiert ein Allzeithoch und einen seit den 1970er Jahren ungebrochenen Anstieg in allen Hauptgruppen der Treibhausgase. „Trotz aller Diskussionen um Netto-Null-Ziele haben wir es als globale Gesellschaft nicht geschafft, bei den Emissionen die Trendwende zu schaffen“, sagt Koautor William Lamb vom Klimaforschungsinstitut MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change) in Berlin.

Zum anderen hat sich durch bessere Luftreinhaltung der Aerosolgehalt der Atmosphäre verringert. Diese Schwebstoffe wirken in der Atmosphäre größtenteils kühlend, daher trägt ihr Schwinden zur Erwärmung bei. Im Gegensatz dazu haben sich natürliche Faktoren wie die Sonnenaktivität und solare Einstrahlung seit präindustriellen Zeiten nicht verändert, wie die Analysen ergaben.

Verbleibendes CO2-Budget halbiert

Die aktuellen Analysen zeigen auch, dass das CO2-Budget der Menschheit weiter geschrumpft ist: Im Weltklimabericht von 2021 bezifferten die Forschenden das Rest-Budget für eine 50-prozentige Chance auf das 1,5 Grad-Ziel noch auf rund 500 Gigatonnen CO2, für eine 86-prozentige Chance nur noch auf 300 Gigatonnen CO2. Den neuen Zahlen zufolge ist dieses CO2-Budget bis 2022 auf nur noch 250 Gigatonne CO2 für die 50-Prozent-Chance und 100 Gigatonnen für die 86-Prozent-Chance geschrumpft.

Mit anderen Worten: Wenn der jährliche CO2-Ausstoß so bleibt wie bisher, wäre das globale CO2-Budget für das 1,5-Grad-Klimaziel schon im Jahr 2024, spätestens aber bis 2027 weitgehend ausgeschöpft. Dies deckt sich mit den Prognosen der World Meteorological Organization (WMO), die ein Überschreiten der 1,5-Grad-Grenze innerhalb der nächsten fünf Jahre vorhersagt. „Wenn wir nicht wollen, dass das 1,5-Grad-Ziel in unserem Rückspiegel verschwindet, muss die Welt viel härter daran arbeiten, die Emissionen zu senken“, betont Forster. (Earth System Science Data, 2023; doi: 10.5194/essd-15-2295-2023)

Quelle: Earth System Science Data, University of Leeds, Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC)

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