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Zoologie

Auch Schlangen haben eine Klitoris

Entdeckung könnte offene Fragen bei der Schlangenpaarung klären

Rautenpython
Neun Schlangenarten, darunter dieser Rautenpython, besitzen entgegen bisheriger Annahme eine Hemiklitoris. © Haplochromis/CC-by-sa 3.0

Schlangensex: Forscherinnen haben bei neun verschiedenen Schlangen-Arten erstmals eine Klitoris beschrieben. Damit widerlegen sie die langjährige Annahme, dass die Klitoris bei weiblichen Schlangen entweder gar nicht vorhanden oder funktionslos ist. Das Forschungsteam vermutet, dass die Schlangen-Klitoris während der Paarung stimuliert wird, was wiederum eine Befruchtung wahrscheinlicher machen könnte.

Die Klitoris ist das weibliche Pendant zum Penis. Bei Erregung kann sie anschwellen und durch entsprechende Stimulation zum Orgasmus führen. Forschende vermuten, dass die beim Höhepunkt ausgelösten vaginalen Muskelkontraktionen den Spermien den Weg in die Gebärmutter erleichtern. Dabei ausgeschüttete Glückshormone könnten außerdem die Bindung zum Partner stärken. Beides würde eine Befruchtung erfolgreicher machen und das nicht nur beim Menschen, sondern bei vielen weiteren Wirbeltieren mit ähnlichen anatomischen Strukturen.

Schlangen unter dem Messer

Anders als bisher gedacht zählen ab nun auch weibliche Schlangen zu den Tieren mit Klitoris , wie Forscherinnen um Megan Folwell von der australischen University of Adelaide herausgefunden haben. Auf der Suche nach einer klitoralen Struktur bei Schlangenweibchen begutachteten sie die Schwanzregion von neun verschiedenen Arten, darunter Pythons, Nattern und Vipern.

Zusätzlich zum rein anatomischen Aufbaus der Genitalregion untersuchten die Wissenschaftlerinnen auch den Aufbau der Gewebe und ihre Innervation, um Rückschlüsse auf die Funktion des Organs ziehen zu können. Dafür entfernten sie bei den bereits toten Schlangenweibchen die Klitoris – bei Schlangen Hemiklitoris genannt – mitsamt zweier angrenzender Duftdrüsen. Anschließend teilten sie die Gewebeproben in Längsschnitte und untersuchten sie unter einem Scanner genauer. Bei drei Tieren führten Folwell und ihr Team außerdem Scans am Computertomografen mit Jod als Kontrastmittel durch.

Hemiklitoris
Lage und Aussehen der Hemiklitoris bei einer Todesotter. HC steht für Hemiklitoris, CL für Kloake und SG für die angrenzenden Duftdrüsen. © Megan Folwell

Aussehen variiert je nach Art

Das Ergebnis: Bei den Weibchen aller untersuchten Schlangenarten fanden Folwell und ihre Kolleginnen eine Hemiklitoris. Diese bestand jeweils aus zwei durch Bindegewebe getrennte Strukturen, die zusammen eine dreieckige Form ergeben. Die Größe variierte je nach Art, wie das Forschungsteam berichtet: „Einige Hemiklitores waren groß und auffällig und nahmen den größten Teil der vorderen Schwanzregion ein, während andere klein waren und mittig am Bauch lagen.“ Nattern hatten die kleinsten Hemiklitores und Vipern die auffälligsten.

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Diese Vielfalt im Aussehen ist laut Folwells Team auch bei Eidechsenarten zu beobachten und deutet darauf hin, dass unterschiedliches Paarungsverhalten zu einem abweichenden Aussehen der Hemiklitoris geführt haben. Weiter gedacht könnte sich mit diesem Wissen eventuell genauer rekonstruieren lassen, wo der evolutionäre Ursprung der Schlangen liegt.

Funktion für die Fortpflanzung wahrscheinlich

Die Forscherinnen entdeckten außerdem, dass die Hemiklitoris der Todesotter (Acanthophis antarcticus) über besonders ausgedehnte Schwellkörper verfügt und zahlreiche rote Blutkörperchen sowie Nervenfasern enthält. Das deutet laut den Studienautorinnen darauf hin, dass die Hemiklitoris einerseits mithilfe von Blut anschwellen und der Schlange andererseits durch Stimulation sensorische Reize übermitteln kann, etwa indem das Männchen seinen Körper um den des Weibchens windet.

„Wir vermuten, dass die Hemiklitores während der Balz und der Kopulation Empfindungen an die weibliche Schlange weitergeben, was zu einer längeren und häufigeren Paarung und damit zu einem höheren Befruchtungserfolg führen könnte“, erklären Folwell und ihre Kolleginnen. Um das abschließend zu bestätigen, seien allerdings weitere Untersuchungen nötig. (Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, 2022; doi: 10.1098/rspb.2022.1702

Quelle: Proceedings of the Royal Society B

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