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Anthropogeographie

Ein Reich am Schnittpunkt der Kulturen

Rätsel um das syrische Großkönigreich Mitanni

Schon in der Bronzezeit lag Syrien mittendrin: Die Region am Nordwestrand des fruchtbaren Halbmonds befand sich damals an der Schnittstelle gleich mehrerer, nicht immer friedlich miteinander auskommender Reiche. Im Osten, in Mesopotamien herrschten die Babylonier, im Süden die ägyptischen Pharaonen. Im Norden, im heutigen Anatolien, lag das Reich der Hethiter.

Das Reich der Mitanni reichte in seiner größten Ausdehnung bis nach Anatolien und Mesopotamien. © Zunkir / CC-by-sa 3.0

Großkönigreich am Knotenpunkt

Das machte die Lage nicht gerade stabil, hatte aber auch Vorteile: Denn durch diese Region führten wichtige Handelswege der damaligen Welt – von Ägypten nach Mesopotamien und Kleinasien und zurück. Und der regen Handelsverkehr brachte dem zwischen diesen Reichen liegenden Gebiet Wohlstand und Einfluss. Mitte des 2. Jahrtausends vor Christus lag an diesem Knotenpunkt das Großkönigreich Mitanni – eines der versunkenen Reiche der Frühgeschichte.

Bis heute gibt es keine direkten Zeugnisse dieser Kultur, auch ihre Städte sind verschwunden. Alles, was wir über sie wissen, stammt daher aus Berichten, Inschriften und anderen Quellen ihrer Nachbarn – der Assyrer, Hethiter und Ägypter. Obwohl die Könige von Mitanni 200 Jahre lang über Nordsyrien und zeitweise auch Teile Anatoliens und Mesopotamien herrschten, ist ihre Geschichte und Herkunft bis heute rätselhaft.

Ein Zylinder-Siegel der Mitanni - von der Kultur dieses Volks ist nur wenig bekannt. Das Siegel zeigt eine geflügelte Götterfigure und sie anbetende Menschen. © Walters Art Museum

Rätsel um Namen und Herkunft

So ist nicht einmal klar, wie sich die Mitanni selbst bezeichneten: Denn die Ägypter nannten dieses Volk ursprünglich Naharina, vom assyrischen Wort Narahaim für Fluss. Erst später erscheint die Bezeichnung „mitanni“ in den Aufzeichnungen eines ägyptischen Reisenden. Für die Hethiter handelte es sich um das Reich der Hurriter, einem Volksstamm, die schon ab 2.000 vor Christus am Nordrand Mesopotamiens lebten. Die Assyrer wiederum nannten das Mitanni-Reich schlicht Hanilgabat – ihre Bezeichnung für Nordsyrien.

Welchem Volk die Mitanni angehörten, ist ebenfalls unklar. So scheinen ihre Götter und die Namen ihrer Könige auf einen indo-iranischen Ursprung hinzudeuten, andere überlieferte Namen sind eher hurritisch. Klar ist nur, dass das Reich aus einzelnen Städten bestand, die von Verwandten des jeweiligen Königs regiert wurden. Der fruchtbare Boden lieferte den Bauern Mitannis bis zu zwei Ernten Getreide im Jahr, erlaubte aber auch die Haltung von Rindern, Schafen und Ziegen. Berühmt war das Königreich aber vor allem für seine Pferdezucht und seine Streitwagen – diese allerdings brauchte Mitanni auch dringend.

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Denn schon damals war Syrien ein begehrtes Gebiet – und der Kampf um die Macht in dieser Region alltäglich.

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Nadja Podbregar
Stand: 12.09.2014

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Syrien: Kulturerbe in Trümmern
Syriens Frühgeschichte - und was davon heute noch übrig ist

Ein Reich am Schnittpunkt der Kulturen
Rätsel um das syrische Großkönigreich Mitanni

Kampf um Syrien
Pharaonen, Schlachten und nur wenig Frieden

Die Ruinen von Qatna
Moderner Krieg bedroht alten Königspalast

Flucht in Grabruinen
Die "Toten Städte" von Nordsyrien im Bürgerkrieg

Welterbe in Trümmern
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