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Medizin

Makuladegeneration: Vorbeugen ist möglich

Änderung des Lebensstils kann Erblindung aufschieben oder sogar verhindern

AMD
Durch eine altersbedingte Makuladegeneration geschädigte Netzhaut. Einem weiteren Fortschreiten dieser Netzhauterkarnkung kann man aber durch eine gesunde Lebensweise vorbeugen, wie nun eine Studie zeigt. © Ralf Roletschek / CC-by-sa 3.0

Schutz vor Erblindung: Gegen die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) gibt es bisher kein Heilmittel. Doch schon ein gesunder Lebensstil kann die fortschreitende Netzhautzerstörung bremsen und Patienten sogar vor der Erblindung bewahren, wie nun ein europäisches Projekt ergeben hat. Positiv wirken demnach eine mediterrane Ernährung, der Verzicht aufs Rauchen und regelmäßige Bewegung.

Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist eine der häufigsten Ursachen für eine Erblindung bei älteren Menschen. Allein in Deutschland sind fünf bis sechs Millionen Menschen von dieser Netzhauterkrankung betroffen. AMD kommt in zwei Formen vor: Bei der trockenen Variante sterben Pigmentzellen in der Netzhaut nach und nach ab. Bei der feuchten Form wachsen Blutgefäße in die Netzhaut ein und zerstören so das zentrale Sehen.

Kann man sich vor AMD schützen?

Das Problem: Bisher lässt sich AMD nicht heilen. Bei der feuchten Form kann man zwar das Einwachsen der Blutgefäße in die Netzhaut durch spezielle Mittel bremsen, gegen die trockene Form der AMD jedoch gibt es bisher kein Mittel. Entsprechend wichtig wäre es, die Makuladegeneration schon von vornherein zu vermeiden – wenn es denn möglich ist. Das aber setzt voraus, dass man die Ursachen kennt.

Doch was sind die Auslöser für diese Degeneration der Netzhaut? Neue Studien deuten darauf hin, dass die fehlgeleitete Aktivierung eines Enzyms eine fatale Reaktionskaskade in der Retina auslöst. Begünstigt wird dies zum einen von genetischen Faktoren – wenn enge Verwandte an AMD erkrankt sind, steigt auch das eigene Erkrankungsrisiko. Zum anderen aber sind auch Umwelteinflüsse beteiligt, darunter zu viel Sonneneinstrahlung, Rauchen und auch eine falsche Ernährung.

Ein gesunder Lebensstil kann schützen

Das weckt die Frage: Könnte man eine AMD verhindern, indem man an diesen Faktoren ansetzt? Genau dies haben nun Forscher im europäischen Forschungsprojekt EYE-RISK untersucht. Für ihre Studie werteten sie die Daten von 60.000 Betroffenen in acht EU-Ländern aus und suchten nach Ansätzen bei der Lebensweise oder Ernährung, die möglicherweise vor AMD schützen.

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Tatsächlich wurden die Wissenschaftler fündig: „Wer aufs Rauchen verzichtet, sich mediterran ernährt und täglich bewegt, kann die Chance, sein Sehvermögen trotz eines hohen genetischen Risikoprofils bis ins späte Alter zu erhalten, wesentlich verbessern“, berichtet Projektkoordinator Marius Ueffing vom Forschungsinstitut für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Tübingen.

Gemüse, Omega-3-Fettsäuren und viel Bewegung

Konkret sollte auf dem Speiseplan wenig industriell prozessierte Nahrung, dafür viel frisches, vitaminreiches Gemüse stehen. Auch Fisch, Olivenöl und Omega-3-Fettsäuren, wahlweise in Form von Fischöl-Kapseln, können vor dem Fortschreiten der Netzhauterkrankung schützen, wenn sie über längere Zeit regelmäßiger Bestandteil der Ernährung sind.

Körperliche Aktivität hat ebenfalls eine schützende Wirkung, wie die Daten zeigen. Die Forscher haben dafür sogar konkrete Anweisungen: „Für einen älteren Menschen sind 5.000 bis 6.000 Schritte täglich empfehlenswert, also ein Spaziergang von etwa einer Stunde Dauer“, sagt Ueffing. Alternativ kann auch eine dem Alter und den individuellen Voraussetzungen entsprechende andere sportliche Aktivität helfen.

Erblindung könnte verhindert werden

Die Auswertungen ergaben, dass sich die AMD bei Menschen mit dieser Lebensweise wesentlich langsamer entwickelt. „Im besten Fall kommt es dann gar nicht zur Spätform der AMD, die Betroffenen können weiterhin Auto fahren oder lesen und damit ein selbständiges und unabhängiges Leben führen“, erklärt Ueffing.

Für die Menschen, die Fälle von AMD in der Familie haben, empfehlen die Mediziner zudem frühzeitige Vorsorgeuntersuchungen: „In diesem Fall sollte man ab dem 50. Lebensjahr einmal jährlich zum Augenarzt gehen und sich auf Ablagerungen im Augenhintergrund untersuchen lassen, auf sogenannte Drusen“, rät Ueffing. Erkennt der Augenarzt solche Fett- und Proteinablagerungen, ist der Zeitpunkt gekommen, den Lebensstil konsequent umzustellen.

„Hat einmal ein Zellsterben im Auge eingesetzt, kann man den Prozess nur noch verzögern“, warnt der Mediziner. Wer verzerrte Linien auf Kacheln oder auf einem leeren Blatt Rechenpapier sieht, sollte den Augenarzt am besten umgehend aufsuchen.

Das EYE-RISK-Projekt und die Ursachen von AMD.© EYE-RISK European Project

Neue Diagnose-Kriterien helfen bei der Früherkennung

Ueffing und seine Kollegen haben im Rahmen ihres Projekts EYE-RISK auch neue analytische und diagnostische Kriterien entwickelt, die Erkrankungsrisiko und Erkrankungsverlauf eines Einzelnen relativ zuverlässig voraussagen können. „Dazu werden zunächst mehr als 40 Einzelinformationen aus Alter, Lebensstil, klinischen Daten und einer Augenuntersuchung aufgenommen, in einem zweiten Schritt das genetische Risikoprofil getestet“, berichtet Ueffing. Computeralgorithmen analysieren und bewerten schließlich alle gewonnenen Daten.

„Wir sind überzeugt, dass es gelingen kann, die Zahl der durch AMD erblindeten Menschen bis zum Jahr 2030 auf die Hälfte zu reduzieren“, sagt Ueffing. Er gehe zudem davon aus, dass in fünfzehn Jahren eine Behandlung für die trockene AMD bereitstehe. „Ein Zeitgewinn durch Lebensstilmaßnahmen ist daher ein unschätzbarer Vorteil“, so der Forscher. Dazu müsse das jetzt gesammelte Wissen in Arztpraxen und Kliniken ankommen.

PRO RETINA Deutschland e.V.

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