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Archäologie

Frühe Farmer litten unter Parasiten

8.000 Jahre alte Kotreste aus Catalhöyük offenbaren Befall mit Peitschenwürmern

Peitschenwurm-Ei
Mikroskopische Aufnahme eines Peitschenwurm-Eis: Dieser Parasit befiel offenbar schon die ersten sesshaften Menschen. © Evilena Anastasiou

Krankmachende Schmarotzer: Schon die ersten sesshaften Menschen litten unter fiesen parasitischen Würmern. Dies belegen nun Analysen von Kotfossilien aus der Steinzeitsiedlung Catalhöyük. Archäologen haben in den versteinerten Exkrementen Eier des auch heute noch verbreiteten Peitschenwurms entdeckt. Es ist ihnen zufolge der erste Nachweis von Darmparasiten-Infektionen in einer jungsteinzeitlichen Stätte im Nahen Osten.

Als die Menschen vor rund 10.000 Jahren begannen, sesshaft zu werden und sich der bäuerlichen Lebensweise zuzuwenden, brachte ihnen dies nicht nur Vorteile. Forscher gehen zum Beispiel davon aus, dass das Leben mit vielen Menschen und Tieren auf engem Raum die Ausbreitung von Krankheitserregern förderte – zumal hygienische Errungenschaften wie die Erfindung der Toilette damals noch Zukunftsmusik waren. Doch welche Erreger verbreiteten sich unter den ersten sesshaften Menschen?

Jungsteinzeitliche Siedlung Catalhöyük
Ausgrabungen in der jungsteinzeitlichen Siedlung Catalhöyük © Scott Haddow

Frühe Großsiedlung

Antworten auf diese Frage haben Marissa Ledger von der University of Cambridge und ihre Kollegen nun in Catalhöyük gesucht. Die jungsteinzeitliche Stätte gilt als eine der frühesten Großsiedlungen der Menschheit und liefert Archäologen immer wieder spannende Einblicke in das Leben früher Farmer. Denn die Bewohner von Catalhöyük waren bereits Landwirte: Sie bauten unter anderem Getreide an, hielten Schafe und Ziegen und lebten damit ganz anders als ihre Jäger-und-Sammler-Vorfahren.

„Catalhöyük ist eine der größten und am dichtesten besiedelten Dörfer aus dieser Zeit. Daher eignet sich diese um rund 7100 vor Christus gegründete Siedlung gut, um zu erforschen, mit welchen Krankheiten die frühen Farmer zu kämpfen hatten“, erklären Ledger und ihr Team.

Fossile Fäkalien unter der Lupe

Für ihre Studie begaben sich die Wissenschaftler auf die Suche nach Kotresten der Bewohner von Catahöyük. Diese verrichteten ihre großen Geschäfte wahrscheinlich direkt an zentralen Abfallplätzen oder trugen den Kot in Eimern dorthin. „Dadurch war das Risiko für eine Ansteckung mit Parasiten und anderen Krankheitserregern über die Fäkalien sehr hoch“, sagt Ledger.

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Auf der Suche nach solchen Erregern analysierte das Forscherteam vier fossile, menschliche Exkremente von einer steinzeitlichen Mülldeponie an der archäologischen Fundstätte und nahm außerdem Bodenproben aus Gräbern unter die Lupe. Das Ergebnis: Tatsächlich fanden sich in zwei Kotproben aus der Zeit zwischen 7100 und 6150 vor Christus deutliche Hinweise auf einen Parasitenbefall.

8.000 Jahre alte Kotfossilien
Aus diesen fossilen Kotresten isolierten die Archäologen die Parasiteneier. © Lisa-Marie Shillito

Eier eines Parasiten

Die Wissenschaftler isolierten Eier des Peitschenwurms (Trichuris trichuria) aus dem versteinerten Kot, dieser Parasit befällt auch heute noch Menschen. „Es war ein besonderer Moment, über 8000 Jahre alte Parasiteneier zu entdeckten“, berichtet Ledgers Kollegin Evilena Anastasiou. „Diese Ergebnisse belegen, dass ein Teil der Bevölkerung Catalhöyüks damals mit diesem Fadenwurm infiziert war“, so das Team.

Infektionen mit dem Peitschenwurm können zu Durchfall, Blutungen und im Extremfall sogar zu einem gefährlichen Darmverschluss führen. Aus früheren Studien war bekannt, dass unter anderem auch die alten Griechen schon von diesem parasitischen Wurm befallen wurden. „Unser Fund ist jedoch der erste Nachweis von Darmparasiten-Infektionen in einer jungsteinzeitlichen Siedlung im Nahen Osten“, erklären die Forscher.

Neue Lebensweise als Ursache?

Ob der krankmachende Wurm die Menschen wirklich erst seit dem Übergang zur bäuerlichen Lebensweise befiel, wollen Ledger und ihre Kollegen in Zukunft mithilfe weiterer Untersuchungen herausfinden. „Wir müssen nun alte Exkremente von Jägern und Sammlern aus der Region finden, um zu verstehen, wie der Wandel der Lebensweise die Krankheiten der Menschen beeinflusst hat“, so ihr Fazit. (Antiquity, 2019; doi: 10.15184/aqy.2019.61)

Quelle: University of Cambridge

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