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Umwelt

In den USA und Brasilien schwinden die Schutzgebiete

Laxe Umweltpolitik bringt in vielen Ländern Naturschutz-Rückschritte

Iguacu Nationalpark
Naturschutzgebiete wie der Iguacu Nationalpark in Brasilien geraten zunehmend unter Druck. © Haroldo Castro/ Conservation International

Besorgniserregender Trend: Der eher umweltfeindliche Kurs von US-Präsident Donald Trump und seinem brasilianischen Amtskollegen Jair Bolsonaro zeigt Folgen. Denn in beiden Ländern ist der Verlust von Naturschutzflächen besonders hoch, wie nun eine Analyse enthüllt. Aber auch in anderen Ländern geraten Schutzgebiete seit den 2000er Jahren immer stärker unter Druck, berichten Forscher im Fachmagazin „Science“.

Rund 15 Prozent der Land- und 7,3 Prozent der Meeresfläche sind heute weltweit als Naturschutzgebiete ausgewiesen. In Zukunft sollen sogar noch weitere Flächen hinzukommen. So sehen die im Jahr 2010 verabschiedeten Aichi-Ziele zum Erhalt der Biodiversität vor, dass bis 2020 mindestens 17 Prozent der Landgebiete unter Schutz stehen und zehn Prozent der Meeresflächen.

Doch von diesen Zielen ist die Menschheit aktuell weit entfernt. Anstatt mehr findet in vielen Ländern zunehmend weniger Naturschutz statt. Naturreservate werden aufgelöst, verkleinert oder ihr Schutzstatus gelockert. Eine alarmierende Entwicklung: „Weil sich der menschliche Druck auf die Biosphäre verschärft, kommt es darauf an, Schutzgebiete zu stärken – nicht zu schwächen“, erklären Rachel Kroner von der George Mason University in Fairfax und ihre Kollegen.

Globaler Überblick

Wie sehr die weltweiten Naturschutzgebiete bedroht sind, haben die Wissenschaftler nun genauer untersucht. Dabei konzentrierten sie sich mit den USA und den neun Ländern im Amazonasgebiet auf zwei Regionen, in denen sich die Umweltpolitik in den vergangenen Jahren massiv gewandelt hat. Die systematische Recherche zu den Entwicklungen in diesen Staaten kombinierte das Forscherteam mit der Analyse bereits verfügbarer Daten aus 66 weiteren Ländern.

Das Ergebnis ist ein globaler Überblick zum Zustand der Naturschutzgebiete – und der lässt nichts Gutes verheißen. Wie die Auswertungen ergaben, sind seit 1892 etwa zwei Millionen Quadratkilometer einstiger Naturreservate verlorengegangen oder in ihrem Schutz zumindest erheblich eingeschränkt worden. 78 Prozent dieser Verluste sind seit 2000 passiert, demnach geraten die Schutzgebiete gerade in jüngster Zeit vermehrt unter Druck.

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Eisbären
Eisbären im Arctic National Wildlife Refuge in Alaska. © Russell Mittermeier/ Conservation International

Trump schwächt Naturschutz

Wie im Vorfeld bereits vermutet, ist die Situation in den USA besonders besorgniserregend. Die Vereinigten Staaten, in denen einst die Nationalparkbewegung begann, haben in den vergangenen Jahren wenig auf dieses Erbe gegeben und stattdessen immer wieder der Industrie Zugeständnisse gemacht. 99 Prozent aller seit 2000 legal durchgesetzten Eingriffe waren für industrielle Zwecke, wie die Wissenschaftler herausfanden – sei es die Suche nach Bodenschätzen, der Bau von Wasserkraftwerken oder die Rodung von Wäldern.

Kroner und ihre Kollegen nennen als Beispiele für diese negative Entwicklung vor allem Änderungen unter der Präsidentschaft von Donald Trump. So genehmigte der US-Kongress im Jahr 2017 Öl- und Gasbohrungen im Arctic National Wildlife Refuge in Alaska. Im gleichen Jahr ordnete Trump die beiden umfangreichsten Verkleinerungen von Naturreservaten in der US-Geschichte an: Das Bears Ears National Monument in Utah soll um 85 Prozent schrumpfen, das im gleichen Bundesstaat liegende Grand Staircase-Escalante National Monument um 51 Prozent. Beide Fälle werden zurzeit gerichtlich geprüft.

Amazonas in Gefahr

Im Amazonasgebiet ist die Lage ähnlich problematisch: Dort stehen den Ergebnissen zufolge Naturschutzgebiete in sieben der neun Länder unter Druck – darunter insbesondere in Brasilien, aber auch in Kolumbien und Peru. Mitgrund dafür ist in Brasilien der wirtschaftsfreundliche Kurs von Präsident Bolsonaro, der das Budget der Umweltbehörden gekürzt und Rodungsbeschränkungen gelockert hat. Insgesamt wurde 155.000 Quadratkilometern im Amazonasbecken bereits der Schutz entzogen, auf einer Fläche von weiteren 209.000 Quadratkilometern der Schutz aufgeweicht.

Neben den USA und dem Amazonasgebiet heben die Wissenschaftler Australien, Indien sowie einige Länder Afrikas als Hotspots des „Naturschutz-Downgradings“ hervor. So wurden etwa in der Demokratischen Republik Kongo 48 Prozent der einstigen Schutzgebiete verändert. Positiv fallen laut den Analysen dagegen unter anderem die deutschsprachigen Staaten auf, wo bisher noch kein Schutzgebiet nennenswert geschrumpft oder gar aufgelöst wurde.

„Bedenklicher Trend“

In einem Kommentar im Fachmagazin „Science“ betonen Lisa Naughton-Treves von der University of Wisconsin in Madison und Margaret Buck Holland von der University of Maryland in Baltimore, dass zwar nicht alle Veränderungen an Schutzgebieten verteufelt werden sollten – zum Beispiel, wenn dadurch die Rechte indigener Bevölkerungsgruppen gestärkt werden.

„Insgesamt zeigen die Ergebnisse jedoch einen bedenklichen Trend auf. Es gibt nur wenige wilde Räume, die übrig sind, um die jüngsten Verluste mit neuen Naturschutzparks auszugleichen – und die Biodiversität ist letztendlich unersetzbar“, so ihr Fazit. Kroner und ihre Kollegen hoffen, dass diese Erkenntnis in Zukunft wieder stärker in den Fokus der Öffentlichkeit rückt. Sie befürchten jedoch etwas Anderes: „Die Entscheidung der USA und Brasilien, den Naturschutz zu schwächen, könnte andere Länder ermutigen, dasselbe zu tun.“ (Science, 2019; doi: 10.1126/science.aau5525)

Quelle: AAAS

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