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Astronomie

Historische Sternexplosion kehrt 2024 zurück

Vorboten und historische Zeugnisse kündigen Nova im Sternbild Nördliche Krone an

Corona Borealis
Im Sternbild Nördliche Krone (Corona Borealis) liegt ein Weißer Zwerg, der 2024 in einer mit bloßem Auge sichtbaren Nova explodieren könnte. © Iryna Shek/ Getty images

Stellares Leuchten: In der ersten Jahreshälfte 2024 könnten wir eine mit bloßem Auge sichtbare Sternexplosion erleben – eine Nova im Sternbild Nördliche Krone. Dort durchlebt ein Weißer Zwerg alle rund 80 Jahre eine heftige Explosion, die rund eine Woche lang mit bloßem Auge sichtbar wird. Die beiden ältesten Zeugnisse dieser wiederkehrenden Nova hat nun ein Astronom in historischen Aufzeichnungen entdeckt, sie stammen von einem englischen Astronomen im Jahr 1787 und einem deutschen Mönch im Jahr 1217.

Eine Nova ereignet sich, wenn sich ein Weißer Zwerg in einem Doppelsternsystem überfrisst: Er saugt seinem Begleitstern so lange Material ab, bis seine Masse eine kritische Grenze überschreitet. Dann kommt es in der Gashülle des Weißen Zwergs zu einer thermonuklearen Explosion. Er leuchtet als – oft mit bloßem Auge sichtbare – Nova auf. Im Gegensatz zu einer Supernova übersteht der Weiße Zwerg diese Explosionen, sodass sich die Novae in regelmäßigen Abständen auf immer gleiche Weise wiederholen können.

WEißer Zwerg und Roter Riese
Eine Nova ereignet sich, wenn ein Weißer Zwerg beim Absaugen von Material seines Begleitsterns eine Massengrenze überschreitet. © NASA/CXC, M.Weiss

T Coronae Borealis: Alle 80 Jahre eine Explosion

Einer dieser Weißen Zwerge mit wiederkehrender Nova ist T Coronae Borealis, kurz T CrB. Dieses rund 2.000 Lichtjahre entfernte Doppelsystem aus einem Weißen Zwerg und einem Roten Riesen liegt im Sternbild Nördliche Krone. Es ist bereits dafür bekannt, alle rund 80 Jahre eine helle, mit bloßem Auge sichtbare Strahlenexplosion auszulösen. Die beiden letzten Novae in den Jahren 1866 und 1946 wurden von Astronomen intensiv beobachtet und dokumentiert. Letztere war eine der hellsten in den letzten Jahrzehnten beobachtete Sternexplosionen dieser Art.

Das interessante jedoch: T CrB nähert sich gerade seiner nächsten Explosion – rund zwei Jahre früher als rein rechnerisch erwartet. Bereits 2015 hatten Astronomen Veränderungen im Strahlungsmuster dieses Sternsystems identifiziert, die eine nahende Explosion ankündigen könnten: Der Stern wurde auffallend heller und aktiver – ähnliches hatte man auch 1938, acht Jahre vor der Nova von 1946 beobachtet.

Prä-eruptives Abdimmen kündigt Nova schon für 2024 an

Jetzt gibt es weitere Vorzeichen einer baldigen Nova: Im März 2023 beobachtete der US-Astronom Bradley Schaefer von der Louisiana State University den Beginn eines prä-eruptiven Abdimmens bei T CrB – einer erneuten Abnahme der Helligkeit in mehreren Strahlenbereichen. „Dieser einzigartige und mysteriöse prä-Eruptions-Dip ist ein klar erkennbarer Vorbote“, erklärt Schaefer im „Astronomer’s Telegram“. Dieses Abdimmen begann bei der Nova des Jahres 1946 rund 1,1 Jahre vor der Explosion und hielt bis zur Nova an, wie er berichtet.

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Lichtkurve von T CrB im Jahr 1946
Lichtkurve der Nova von T Coronae Borealis im Jahr 1946. © PopePompus /CC-by 4.0

Andere Beobachtungen im UV- und Röntgenbereich haben diesen „Explosions-Vorboten“ beim Weißen Zwerg seither bestätigt. Ausgehend davon haben Astronomen nun ihre Prognose für die nächste Nova vorgezogen: „Das spricht für ein Eruptionsdatum im Jahr 2024“, sagt Schaefer. Den jüngsten Schätzungen zufolge könnte der Weiße Zwerg im Doppelsystem T Coronae Borealis demnach noch in der ersten Jahreshälfte 2024 explodieren.

Suche in historische Aufzeichnungen

Um mehr über das Doppelsystem T Coronae Borealis und seine Novae zu erfahren, hat Schaefer aber auch zurück in der Vergangenheit geschaut: Ausgehend von dem rund 80 Jahre dauernden Zyklus der Explosionen suchte er in historischen Archiven nach historischen Zeugnissen früherer Novae von T CrB. Da diese Explosionen den Stern gut eine Woche lang so hell aufleuchten lassen, dass er mit bloßem Auge sichtbar wird, müssten auch Astronomen und Himmelsbeobachter früherer Zeiten dieses Phänomen beobachtet haben.

Schaefer ging dabei zwei kurzen Erwähnungen in verschiedenen Chroniken nach: Im Dezember 1787 beobachtete der englische Astronom Francis Wollaston das plötzliche Aufleuchten eines Sterns im Sternbild Nördliche Krone und notierte es in seiner Astronomischen Chronik. Die Position, Helligkeit und das Timing dieses Aufleuchtens passt nahezu perfekt zu einer Nova von T CrB, wie Schaefer berichtet.

1217: Ein deutscher Mönch sieht ein „wunderbares Zeichen“

Die bisher älteste Erwähnung dieser wiederkehrenden Sternexplosion entdeckte Schaefer jedoch in den Aufzeichnungen eines deutschen Mönches aus dem Mittelalter. Burchard, Abt des Klosters Ursberg nahe Augsburg, schrieb in seiner Chronik des Jahres 1217: „Im Herbst desselben Jahres, am frühen Abend, war ein wunderbares Zeichen bei einem Stern im Westen zu sehen. Dieser Stern liegt in der Konstellation, die die Astrologen Ariadnes Krone nennen“, schrieb der Mönch.

„Wie wir selbst beobachteten, erstrahlte dieser normalerweise schwachleuchtende Stern einige Zeit lang mit großem Licht, um dann zu seiner ursprünglichen Schwäche zurückzukehren“, so Abt Burchard weiter. Könnte es sich dabei um eine der Explosionen von T CrB handeln? Wie Schaefer berichtet, passt die Zeit zum Wiederkehr-Zyklus der Novae. Ein so helles, vorübergehendes Aufleuchten könne zudem nur von einer Nova, einer Supernova, einem Planeten oder einem Kometen stammen.

Keine Supernova, kein Planet und auch kein Komet

Eine Supernova kommt jedoch nicht in Frage, wie der Astronom erklärt. Denn dann müsste man heute einen Supernova-Überrest in Form leuchtender Gase in der Nördlichen Krone finden – was nicht der Fall sei. Ein Planet scheidet wegen der Himmelsposition deutlich außerhalb der Planetenbahnen aus. Bleibt noch ein Komet. „Tatsächlich berichtet Burchard: ‚Es gab einen hellen Strahl, der hoch in den Himmel reichte, wie eine helle Säule‘, was durchaus die Beschreibung eines Kometenschweifs sein könnte“, so Schaefer.

Gegen einen Kometen spricht dem Astronomen zufolge jedoch, dass der mittelalterliche Mönch von einem „Stern“ – stella – und einem „wunderbaren Zeichen“ sprach. „In Europa und weltweit galten Kometen damals als schlimmstes aller bösen Omen, die immer von vielen Toden und den Fall von Reichen kündeten“, erklärt Schaefer. „Ein mittelalterlicher Abt würde daher niemals einen Kometen als ‚wunderbares Zeichen‘ bezeichnen.“ Der Astronomen vermutet stattdessen, dass der helle Strahl eher durch die Position des Sternbilds nahe am Horizont zustande kam und möglicherweise auf das Zodiakallicht zurückging.

Nach Ansicht von Schaefer muss der mittelalterliche Abt Burchard demnach Zeuge einer Explosion von T Coronae Borealis gewesen sein. Damit gibt es nun nach 1877 und 1946 zwei weitere, deutlich weiter in der Vergangenheit liegende Zeugnisse dieser wiederkehrenden Novae in der Nördlichen Krone. Behalten er und seine Kollegen Recht, könnten wir schon im nächsten Jahr eine weitere Explosion dieses Weißen Zwergs beobachten. (Journal for the History of Astronomy, in press; doi: 10.48550/arXiv.2308.13668)

Quelle: arXiv, Astronomer’s Telegram

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