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Klima

Klimakrise: „Code Red“ für die Erde

16 von 35 planetaren "Vitalzeichen" haben extreme Werte erreicht

Erde
Erneut haben Wissenschaftler den Notstand des irdischen Klimasystems bestätigt. © Romolo Tavani/ Getty images

Wissenschaftler schlagen Alarm: Der Zustand der Erde hat inzwischen den „Code Red“ erreicht – einen Zustand der globalen Krise, wie ihr Report darlegt. Demnach haben schon 16 der 35 von untersuchten „Vitalzeichen“ unseres Planeten nie zuvor gemessene Extremwerte erreicht. Dazu gehören neben rekordträchtigen CO2- und Methan-Werten, dem Verlust von Wäldern oder der Erwärmung der Ozeane auch die immer drastischer werdenden Wetterextreme.

Es ist nicht das erste Mal, dass Wissenschaftler weltweit eine dringliche Warnung aussprechen: Schon 1992 – vor 30 Jahren – erschien ein internationaler Report, in dem vor dem sich anbahnenden Klimawandel und der anhaltenden Zerstörung der Natur gewarnt wurde. 2019 unterzeichneten mehr als 11.000 Wissenschaftler aus aller Welt eine Deklaration, in der der globale Klima-Notstand ausgerufen wurde. Schon damals listeten sie zahlreiche Indikatoren für die Krise auf.

Meereis
Das schmelzende Meereis ist nur eines der vielen Symptome des akuten Klima-Notstands. © Kim Bernard/ Oregon State University

Erde steckt tief in der Klimakrise

Jetzt wiederholen und verschärfen die Wissenschaftler ihre Warnung: „Wir sind nun in einem ‚Code Red‘ des Planeten Erde“, schreiben William Ripple von der Oregon State University und seine Kollegen. „Die Menschheit ist nun eindeutig mit einer Klimakrise konfrontiert. Schon jetzt ist das dadurch verursachte Leid immens und mit jeder weiteren klimabedingten Katastrophe wird es schlimmer.“

Das Forschungsteam listet 35 Indikatoren auf, die den Zustand des Klimas und der das Klimasystem beeinflussenden Faktoren widerspiegeln. Unter diesen sind zum einen klimaschädigende Einflüsse wie das Bevölkerungswachstum, der zunehmende Viehbestand und die Fleischproduktion, die Nutzung fossiler Brennstoffe, die Treibhausgasemissionen und die Entwaldung. All diese Faktoren haben sich in den letzten 50 Jahren weiter verstärkt, wie die Wissenschaftler aufzeigen.

16 von 35 Indikatoren erreichen Rekordwerte

Dies bleibt nicht ohne messbare Folgen: 16 der 35 planetaren „Vitalzeichen“ haben bereits Rekordextreme erreicht. „Seit unserem ersten Report im Jahr 1992 sind allein die globalen Treibhausgas-Emissionen um 40 Prozent weiter angestiegen“, berichten Ripple und seine Kollegen. „Im März 2022 haben die CO-Konzentrationen in der Atmosphäre bereits 418 parts per million erreicht – so viel wie nie zuvor bei einem Monatswert gemessen.“

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2022 sei auf bestem Weg, das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen zu werden, so Ripple und seine Kollegen. Bis 2030 könnte die Menschheit das Klima um drei Millionen Jahre zurückdrehen – in eine urzeitliche Heißzeit.

„Aber der Klimawandel ist kein isoliertes Problem. Er ist Teil einer größeren, systemischen Krise der ökologischen Übernutzung“, erklären die Forschenden. „Der Mensch und seine Ansprüche überschreiten die regenerativen Kapazitäten der Biosphäre.“ Viele planetare Indikatoren haben ihren Angaben zufolge bereits den sicheren Bereich verlassen und nähern sich der Grenze oder haben sie schon überschritten.

Klimabedingte Katastrophen als Symptom

Die Symptome dieses planetaren Notstands seien gerade in diesem Jahr kaum mehr zu übersehen. „Wir erleben inzwischen regelmäßig Ereignisse und Katastrophen, die früher nur selten vorkamen“, so das Team. Als Beispiele listen sie die katastrophalen Überschwemmungen in Pakistan, bei denen im Sommer 2022 ein Drittel des Landes unter Wasser stand. Auch die extremen Waldbrände in Europa und den USA, Hitzewellen und Trockenheit in vielen Teilen der Nordhalbkugel oder gehäufte Hurrikans in den USA sehen sie als klare Folgen des Klima-Notstands.

„An diesen Häufungen von klimabedingten Katastrophen sehen wir, dass wir mitten in einer großen Klimakrise stecken“, sagt Ripples Kollege Christopher Wolf. „Wenn wir so weiter machen, wird es nur noch schlimmer werden.“ Die Wissenschaftler fordern eindringlich, die Lage ernst zu nehmen und zu handeln. „Um noch mehr menschliches Leid zu verhindern, müssen wir die Natur schützen, die fossilen Emissionen stoppen und sozial gerechte Klimaanpassungen unterstützen“, sagt Koautor Saleemul Huq von der Unabhängigen Universität Bangladesch.

„The Scientist’s Warning“

„Wir fordern Wissenschaftler, Mitbürger und die Regierenden der Welt dringend dazu auf, unverzüglich die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um die schlimmsten Folgen des Klimawandels zu vermeiden“, so der Appell der Forscher. „Die Wissenschaft und tragfähige wissenschaftliche Argumente können eine treibende Kraft für die nötigen Veränderungen sein.“

The Scientist’s Warning.© Oregon State University

Um Politik, Entscheider und andere Wissenschaftler aufzurütteln, hat das Forschungsteam einen Dokumentarfilm veröffentlicht. „The Scientist’s Warnung“ hatte erst vor wenigen Tagen Premiere beim Filmfestival im kalifornischen Newport Beach. In ihm berichten die Forscher von ihrem persönlichen Weg zum Klimawarner, aber auch von der aktuellen Krise. (BioScience, 2022; doi: 10.1093/biosci/biac083)

Quelle: Oregon State University

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