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Klima

COP28: Wie stehen die Chancen bei der Weltklimakonferenz?

Kernthemen und Schwierigkeiten des Klimagipfels in Dubai

Logo der COP28
Die Weltklimakonferenz COP28 findet vom 30. November bis zum 12. Dezember 2023 in Dubai statt. © Heiness / Getty Images

Ungute Vorzeichen: Am heutigen 30. November 2023 beginnt in Dubai die Weltklimakonferenz COP28. Zwei Wochen lang werden Delegierte aus 197 Ländern über weitere Maßnahmen im Klimaschutz, finanzielle Hilfen für besonders von der Klimakrise betroffenen Länder und das bisher Erreichte verhandeln. Doch die Bedingungen für eine Einigung sind alles andere als günstig: Der Ukrainekrieg, der Nahostkonflikt und die Energieknappheit haben die politischen Fronten verhärtet. Und auch das Gastgeberland ist bisher eher für Öl und Gas als für Klimaschutz bekannt.

Auf der inzwischen 28. Weltklimakonferenz in Dubai treffen sich noch bis zum 12. Dezember die 198 Vertragsparteien der UN-Klimakonvention – 197 Länder sowie die EU –, um über Klimaschutz zu sprechen. Nachdem die Weltgemeinschaft im Pariser Klimaabkommen 2015 beschlossen hatte, die Erderwärmung auf 1,5 Grad, maximal aber 2 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, soll nun auf dem Gipfeltreffen Bilanz gezogen werden.

Was sind die Themen der Klimakonferenz?

Eines der großen Themen auf dem Weltklimagipfel ist daher der sogenannte „Global Stocktake“: In welchen Bereichen wurde das Pariser Abkommen bisher erfüllt und wo nicht? Diese mehrjährige Bestandsaufnahme soll nun in Dubai abgeschlossen werden. Darüber hinaus sollen auf der COP28 bisherige Versäumnisse beim Klimaschutz nachgeholt und entsprechende Beschlüsse getroffen werden.

Zwar haben einzelne Länder bei ihren seit 2015 eingereichten Nationalen Selbstverpflichtungen (NDCs) bereits nachgebessert. Doch diese reichen bei Weitem nicht aus, um die Pariser Ziele zu erreichen, wie eine Studie des UN-Klimasekretariats belegt. Mit der aktuellen Klimapolitik steuert die Welt laut UN zudem auf eine Erderhitzung um drei statt 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu.

Daher sollen auf der Klimakonferenz nun noch konkretere Etappenziele für alle festgelegt werden. Explizit beschlossen werden könnte beispielsweise erstmals, dass die Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um 43 Prozent sinken sollen. Diesen Richtwert hat der Weltklimarat IPCC in seinem letzten Weltklimabericht als Voraussetzung für das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels ermittelt. Auch ein Beschluss zum Ausstieg aus fossilen Energieträgern ist theoretisch möglich – bisher wurde das in keiner Abschlusserklärung eines Weltklimagipfels explizit ausformuliert.

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Streitthema Finanzierung

Wie schon beim vorherigen Klimagipfel 2022 in Ägypten und früheren Treffen wird auch in Dubai wieder das Geld ein großes Thema sein. Streitfrage ist, wie die globale Energiewende und der Umgang mit Klimafolgen finanziert werden. Im Mittelpunkt steht dabei der „Green Climate Fund“. Diesen 2010 von der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) ins Leben gerufenen Geldtopf wollten die reicheren Staaten aus dem globalen Norden eigentlich seit 2020 jährlich mit 100 Milliarden US-Dollar füllen, um damit Entwicklungsländer beim Klimaschutz und der Klimaanpassung zu unterstützen.

Diese Zusage haben die Vertragsstaaten aber bislang nicht erfüllt: Im vergangenen Jahr enthielt der Klimafonds knapp 90 Milliarden US-Dollar. Ein Streitpunkt auf dem aktuellen Weltklimagipfel ist daher, ob die Versäumnisse nachgeholt werden. Einigen Prognosen zufolge könnten die Industriestaaten ihr Versprechen gegenüber den Ländern des globalen Südens von 2023 an einhalten. Das würde die Verhandlungen auf der COP28 erleichtern und „Druck aus dem Kessel“ nehmen, sodass endlich über langfristige Klimaziele sowie strukturelle Reformen des Finanzsystems gerungen werden könnte, meint der Klimaökonom Reimund Schwarze vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ).

Mangelnde Investitionen aus der Wirtschaft

Dass bei der Finanzierung Reformbedarf besteht, zeigt eine aktuelle Studie. Theoretisch soll auch die Privatwirtschaft in den „Green Climate Fund“ investieren. Doch das Konzept geht bislang nicht auf, berichtet Studienautor Thomas Kalinowski vom Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit – Helmholtz-Zentrum Potsdam. „Die meisten Unternehmen schätzen ein solches Engagement derzeit nicht als profitabel ein“, sagt er. Die Geschäftsmodelle zur Klimaanpassung seien nicht attraktiv und Investitionen in die Energiewende und den Klimaschutz noch zu riskant.

Daher habe die Privatwirtschaft nur einen Anteil von knapp 17 von den derzeit rund 40 Milliarden US-Dollar, die in laufenden Projekten des Klimafonds stecken – und auch diese Gelder stammten zum Großteil eigentlich aus öffentlichen Einrichtungen und nicht von der Industrie selbst, wie die Studie zeigt. Diese Zahlen dämpfen Hoffnungen, das Tempo beim Klimaschutz könne aus wirtschaftlichen Interessen gesteigert werden.

Immer knapperes Zeitfenster für Maßnahmen

Ob die im Vorfeld formulierten Ziele der Klimakonferenz erreicht werden, hängt von vielen Faktoren ab. Erschwert werden die Verhandlungen auf der COP28 auch vom bereits stark aufgeheizten Zustand der Erde, sagt Schwarze. Denn das Klima hat schon jetzt extreme Ausmaße erreicht, belegen der letzte Bericht des Weltklimarats IPCC und aktuelle Studien.

„Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre steigt unaufhaltsam weiter auf Rekordwerte an. Schon jetzt ist absehbar, dass 2023 das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen werden wird – und das erste Jahr, in dem die Weltgemeinschaft ihr 1,5-Grad-Ziel verletzt“, berichtet Schwarze. Gleichzeitig schwindet der Handlungsspielraum: Laut einer aktuellen Studie könnte das CO2-Budget der Menschheit für das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels schon in sechs Jahren aufgebraucht sein, das Zeitfenster für den Klimaschutz schließt sich demnach rapide.

Kriege und politische Interessen erschweren die Prioritätensetzung

Für die Gespräche auf der COP28 bedeutet das knappe Zeitfenster hohen Druck und Nachholbedarf. Doch Klimaschutz hat derzeit keinen besonders hohen Stellenwert in der Politik. Stattdessen könnten andere Themen die Verhandlungen dominieren. „Die Kriege im Nahen Osten und in der Ukraine sowie die damit verbundenen Migrationswellen zwingen vielen Regierungen andere Prioritäten auf“, sagt Schwarze. Vor allem die Länder des Nordens kümmerten sich derzeit mehr um ihre Energieversorgung und den Schutz ihrer Grenzen als um den Klimaschutz.

Bei der Frage nach dem notwendigen Engagement im Klimaschutz und bei der Energiewende, aber auch beim Einfluss der aktuellen politischen Konflikte und Kriege auf den künftigen Klimaschutz könnte China das „Zünglein an der Waage“ auf der COP28 werden, prognostiziert Schwarze. Eine große Rolle spielen dabei die Beziehungen zwischen China und den USA, die sich zuletzt verbessert haben.

Interessenkonflikt des Gastgebers

Aber auch der Gastgeber, Sultan Al Jaber, hat massiven Einfluss auf den Ausgang der COP28, sagt Schwarze. Der Präsident des Gipfels in den Vereinigten Arabischen Emiraten ist zugleich Geschäftsführer des nationalen Ölkonzerns Adnoc und hat geleakten Dokumenten zufolge die Vorverhandlungen der Konferenz dazu genutzt, neue Geschäfte mit fossilen Energieträgern vorzubereiten. Einen vollständigen Ausstieg aus Erdöl und Erdgas lehnt Al Jaber ab. Denn die Vereinigten Arabischen Emirate fördern und verkaufen fossile Energieträger wie Öl und Gas im großen Stil.

Angesichts dessen und einer ohnehin starken Lobby der Gas- und Ölindustrie sind das keine guten Vorzeichen für die auf der Klimakonferenz angestrebte Abkehr von fossilen Energien und der Energiewende hin zu Erneuerbaren. Zumal auch die im Vorfeld eingereichten Entwürfe keine Ideen oder Versprechen für neue Klimaschutz-Maßnahmen oder auch nur Reformen der bestehenden, unzureichenden Maßnahmen enthalten, wie Schwarze berichtet. Damit die Klimakonferenz ein Erfolg wird, müsste demnach noch einiges passieren.

Das erwartet auch Manfred Fischedick vom Wuppertal Institut für Klima und Umwelt. „Die Konferenz muss ehrlich anerkennen, dass die derzeitigen Anstrengungen bei weitem nicht ausreichen und klare Maßnahmen ergreifen, um diese Lücken zu schließen“, sagt er. Für eine schnellere Energiewende müssten sich alle Staaten verpflichten, so schnell wie möglich auf fossile Energien zu verzichten – am besten sofort, spätestens jedoch bis 2050, so Fischedick unter Verweis auf Berechnungen der Internationalen Energieagentur. (Climate Policy, 2023, doi: 10.1080/14693062.2023.2276857)

Quellen: Helmholtz-Zentrum Potsdam; Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ); Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH

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