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Archäologie

Terrakotta-Armee: Doch kein Rostschutz

Bronzewaffen der Tonkrieger wurden wohl doch nicht mit Antikorrosionsmittel behandelt

Terrakotta-Armee
Tönerne Kriegerriege: Die Terrakotta-Armee des chinesischen Kaisers Qin Shihuangdi ist weltberühmt. © Xia Juxian

Theorie widerlegt: Die gut erhaltenen Waffen der berühmten Terrakotta-Krieger wurden wohl doch nicht gezielt vor dem Verfall geschützt. Denn tatsächlich weisen nur wenige dieser Bronzewerke Spuren von Chrom auf – einem Stoff, der zuvor als Rückstand eines Korrosionsschutzmittels gedeutet wurde. Statt um ein Antirostmittel handelt es sich wohl schlicht um eine Kontamination.

Die Terrakotta-Armee des chinesischen Kaisers Qin Shihuangdi ist einzigartig und weltberühmt. 7.000 bis 8.000 Soldatenfiguren aus Ton ließ der Kaiser vor mehr als 2.000 Jahren für sein Grabmal fertigen. Die Generäle, Bogenschützen, Infanteristen, Offiziere und Wagenlenker beeindrucken durch ihre erstaunlich echte Mimik und waren einst vermutlich sogar bunt bemalt. Daneben gibt es Streitwagen mit naturgetreu nachgebildeten Rössern, Werkzeuge und Waffen.

Die Kriegerriege gehört heute zum UNESCO-Weltkulturerbe und beeindruckt auch Archäologen immer wieder aufs Neue. Vor allem der gute Erhaltungszustand der Schwerter, Pfeile und Speerspitzen aus Bronze hat in der Vergangenheit unter den Fachleuten für Erstaunen und Rätselraten gesorgt: Die Zeit scheint an diesen Artefakten seltsamerweise fast spurlos vorübergegangen zu sein.

Terrakotta-Armee
Die Krieger waren einst mit Waffen aus Bronze ausgestattet. © Xia Juxian

Chrom als Korrosionsschutz?

Als Forscher an einigen Bronzewaffen Spuren von Chrom entdeckten, schien eine überraschende Erklärung gefunden: Die altchinesischen Kunsthandwerker könnten ihre Kreationen mithilfe spezieller Beschichtungen gezielt gegen den Verfall geschützt haben. Tatsächlich ist das sogenannte Chromatieren heute ein gängiges Verfahren, um Metalle vor der Korrosion zu bewahren. Doch wie realistisch ist es, dass Menschen diese Methode bereits vor über 2.000 Jahren anwendeten?

Um das Rätsel um den vermeintlichen Korrosionsschutz zu klären, haben sich Marcos Martinón-Torres von der University of Cambridge und seine Kollegen nun nicht nur einzelne Waffen von der Fundstelle angeschaut, sondern gleich 464 davon. Dabei konnten sie nur an 37 dieser Bronzegebilde Chrom nachweisen – ein Befund, der gegen die Annahme einer gängigen Beschichtungspraxis spricht.

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Schwert eines Terrakotta-Kriegers
Griff und Klinge eines Schwerts: Chromspuren finden sich meist dort, wo das Metall einst mit lackiertem Holz in Kontakt war. © Zhao Zhen

Verunreinigung statt Beschichtung

Genauere Analysen zeigten zudem, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Anwesenheit von Chrom und dem Erhaltungszustand zu geben scheint. Stattdessen entdeckten die Wissenschaftler eine andere Verbindung: Das chromhaltige „Rostschutzmittel“ fand sich immer dort auffällig oft, wo die Bronze früher mit hölzernen Elementen wie Griffen oder Scheiden in Kontakt gewesen ist.

Demnach könnte es sich bei den Chromspuren schlicht um eine Kontamination handeln – und zwar von dem Lack, mit dem Qins Handwerker die Holzteile der Waffen behandelten. Wie Martinón-Torres und sein Team anhand von Proben nachwiesen, enthält dieser Lack tatsächlich hohe Chrom-Konzentrationen. Aus dem Boden selbst kann die Verunreinigung dagegen nicht stammen, denn er ist den Ergebnissen zufolge nicht chromhaltig.

„Theorie sollte verworfen werden“

„Die Antirost-Behandlungstheorie sollte unserer Ansicht nach verworfen werden“, resümieren Forscher. Doch warum sind die vielen Bronzeteile der Terrakotta-Armee dann so gut erhalten? Das Team vermutet zum einen, dass Faktoren wie der Zinngehalt mancher Bronze-Artefakte eine Rolle dabei spielen.

Außerdem hat womöglich auch die Grabstätte selbst einen schützenden Effekt: Der mäßig hohe pH-Gehalt, die geringe Durchlüftung sowie der niedrige Anteil an organischen Bestandteilen im Boden könnten Korrosionsprozesse hemmen und so zur erstaunlich guten Erhaltung vieler vergrabener Artefakte beigetragen haben, so das Fazit der Wissenschaftler. (Scientific Reports, 2019; doi: 10.1038/s41598-019-40613-7)

Quelle: Nature Press

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