Kohlmeisen sind geschickte Kletterer und Flugakrobaten. Tiere mit einer bestimmten Genvariante sind darüber hinaus noch besonders neugierig – allerdings nur in manchen Populationen. Dies haben jetzt Max-Planck-Wissenschaftler in einer neuen Studie an frei lebenden Kohlmeisen herausgefunden über die sie in der Fachzeitschrift „Molecular Ecology“ berichten.
Auch Tiere haben unterschiedliche Persönlichkeiten. Diese individuellen Unterschiede basieren wenigstens zum Teil auf der Variation der zugrunde liegenden Gene. Im Jahr 2007 haben Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Seewiesen bei Kohlmeisen ein Gen gefunden, das mit individuellen Unterschieden im Erkundungsverhalten der Tiere zusammenhängt. Vögel mit einer bestimmten Variante des so genannten Dopamin Rezeptor D4 Gens (DRD4-Gen) zeigten ein größeres Neugier- und Erkundungsverhalten als Individuen mit anderen Genvarianten. Entdeckt und getestet wurde diese Assoziation an Vögeln, die im Labor aufgezogen wurden.
Vier Kohlmeisen-Populationen untersucht
Nun hat eine große internationale Gruppe von Wissenschaftlern um Bart Kempenaers vom Max-Planck-Institut für Ornithologie den Test mit erwachsenen Wildvögeln wiederholt. Forschungsgruppen vom Centre for Terrestrial Ecology in den Niederlanden, den Universitäten von Antwerpen und Groningen sowie vom Edward Grey Institute of Field Ornithology in Oxford haben das Explorationsverhalten von insgesamt vier Kohlmeisen- Populationen in Belgien, den Niederlanden und England auf ähnliche Art und Weise gemessen.
Die Wissenschaftler werteten ihre Daten gemeinsam aus, um die Allgemeingültigkeit der Verbindung zwischen der Genvariation und des Erkundungsverhalten zu testen. „Soweit wir wissen, ist das für frei lebende Vögel die umfangreichste Studie von Genvarianten, die persönlichkeitsbezogenen Verhaltensunterschieden unterliegen, und die erste Studie, die verschiedene Wildpopulationen miteinander vergleicht“, sagt Peter Korsten, Erstautor der neuen Studie und früherer Mitarbeiter der Abteilung Kempenaers.
Von Meisen und Menschen
Zu ihrer Überraschung haben die Wissenschaftler die Verbindung zwischen Gen und Verhalten in einer Population gefunden, nicht aber in den drei anderen. „Es war wichtig, die Verbindung zwischen den DRD4-Varianten und dem Erkundungsverhalten in der ursprünglich untersuchten Population zu bestätigen“, sagt Kempenaers, aber er fügt hinzu: „Wir verstehen noch nicht die Unterschiede zwischen den Populationen.“
Das Ergebnis spiegelt jedoch nach Angaben der Forscher die Resultate ähnlicher Forschung über Zusammenhänge zwischen Genen und Persönlichkeit beim Menschen wider: Über 30 Studien bestätigen bisher, dass das DRD4-Gen mit dem Erkundungsverhalten beim Menschen assoziiert ist, aber auch, dass große Unterschiede zwischen Populationen beobachtet wurden. Zahlreiche Studien finden gar keinen Effekt.
Weitere Untersuchungen nötig
„Vielleicht bringt die künftige Untersuchung von Kohlmeisenpopulationen auch Erklärungen für die unterschiedlichen Ergebnisse beim Menschen“, sagt Korsten. Der Unterschied zwischen den Populationen ist vielleicht nicht so überraschend, wenn man berücksichtigt, dass eine einzelne Genvariante nur eine relativ kleine Wirkung auf das Verhalten hat. Sie könnte auch durch den starken Einfluss der Umwelt oder durch den Effekt von anderen – noch unbekannten – Genen erklärt werden.
(idw – Max-Planck-Institut für Ornithologie, 10.02.2010 – DLO)