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Evolution

Elterliche Fürsorge

Babysitter und ein Kinderzimmer für Haie

Tierische Eltern kümmern sich auf sehr unterschiedliche Weise um ihren Nachwuchs. Manche überlassen ihn nach der Eiablage sich selbst, so wie Meeresschildkröten oder Frösche. Andere kümmern sich über Jahre hinweg um ihre Jungen, füttern sie, beschützen sie vor Fressfeinden und bringen ihnen alle nötigen Überlebensfähigkeiten bei. Doch wie war das in der Urzeit? Welche Tiere waren Rabenmütter, welche Helikopter-Muttis? Auch hier gibt es verschiedene Fossilien, die uns Einblicke in die elterliche Fürsorge der Vergangenheit erlauben.

Brütend begraben

Heutige Vögel sind die letzte noch lebende Gruppe der Dinosaurier. Dass ihr Verhalten in manchen Aspekten dem der Urzeit-Riesen ähneln könnte, ist also eine Überlegung wert. Und tatsächlich gibt es eine Verhaltensweise, die Amsel und Co. mit ein paar Dino-Arten teilen: das Brüten. Bisher ist bei mindestens zwei Dinosauriern nachgewiesen, dass sie ihre Gelege bebrüteten. Sowohl der Oviraptor als auch dessen Verwandter Citipati wurden von Paläontologen bisher auf frischer Tat dabei ertappt. Mittlerweile gibt es rund zehn verschiedene Fossilien, die jeweils eine der beiden Arten zusammen mit ihrem Nest zeigen.

Ein Oviraptor bebrütet und verteidigt sein Nest in der urzeitlichen Wüste Gobi. © Planet Dinosaur/ BBC Earth

Die Fossilien sind zwischen 70 und 75 Millionen Jahren alt und stammen aus der Wüste Gobi sowie aus Südchina. Typischerweise sitzen die Skelette der emuähnlichen Tiere mittig auf dem Nest, die beiden Hinterbeine eng zusammengeklappt, die Füße fast parallel zueinander, die wahrscheinlich einst gefiederten Arme um das Nest geschlungen. Unter ihren Körpern liegen teilweise mehr als zwei Dutzend Eier, von denen einige Reste von Embryonen enthalten. Wahrscheinlich starben die brütenden Dinosaurier einst, als sie von einem Sandsturm begraben wurden.

Psittacosaurus-Fossilien
Sein großer Kindergarten hielt diesen jugendlichen Babysitter (großer Schädel links) wahrscheinlich einst ganz schön auf Trab. © University of Pennsylvania

Der Babysitter

Ob und wie die Oviraptoriden sich nach dem Schlüpfen ihrer Jungen um diese kümmerten, ist allerdings noch unklar. Bei anderen Dinosauriern hingegen haben wir handfeste Beweise für Fürsorge und Aufzucht. Ein außergewöhnliches Beispiel liefern etwa 125 Millionen Jahre alte Fossilien aus Liaoning, China. Dort haben Forschende die Überreste von über 20 jungen Psittacosauriern und einem jugendlichen Exemplar gefunden. Psittacosaurier sind frühe Vorfahren des massigen Triceratops. Sie gingen auf zwei Beinen und hatten etwa die Größe eines Labradors.

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Die Paläontologen gehen davon aus, dass das jugendliche Tier eine Art Babysitter für die Gruppe war, vielleicht ein Geschwisterchen der Kleinen, das sich vorübergehend um die Jungtiere kümmerte. Diese stammten vermutlich aus mehreren Gelegen. „Psittacosaurus stand am unteren Ende der Nahrungskette, und sowohl die Betreuung nach dem Schlüpfen als auch die elterliche Fürsorge und Gruppenzusammenarbeit sind wirksame Methoden, um die Überlebensrate der Jungtiere zu erhöhen“, berichten Brandon Hedrick von der University of Pennsylvania und seine Kollegen. Vor dem vulkanischen Schuttstrom, der die Tiere in Liaoning unter sich begrub, konnte aber auch der jugendliche Babysitter sie nicht schützen.

Megalodon-Zähne
Die Megalodon-Zähne der Gatun-Formation gehören überwiegend zu Jungtieren und Neugeborenen. Einige wenige Riesenzähne weisen aber auch auf Erwachsene hin, die das Flachwasser unter anderem zum Gebären aufsuchten. © 2010 Pimiento et al. / CC-by 4.0

Kinderstube mit scharfen Zähnen

Längst nicht alle Kreaturen der Urzeit kümmerten sich derart engmaschig um ihren Nachwuchs. In manchen Fällen mussten sich die Jungtiere sogar aktiv vor den Erwachsenen verstecken, um nicht von ihnen gefressen zu werden. So sah zum Beispiel die Jugend des gigantischen Urzeit-Hais Otodus megalodon aus, bekannt als Megalodon. Erwachsene Exemplare konnten bis zu 20 Meter lang werden und galten damit als transozeanische Super-Prädatoren. Doch jeder fängt mal klein an und so verbrachten Megalodon-Haie ihre ersten Jahre vermutlich in seichten Gewässern, wo sie sicher vor den gefräßigen Erwachsenen waren – ähnliche wie viele moderne Haie.

Mittlerweile haben Forschende die Überreste solcher Megalodon-Kinderstuben in aller Welt entdeckt: Panama, Spanien, Maryland und Florida. So stießen die Paläontologen in der Gatun-Formation in Panama etwa auf zahlreiche kleine Megalodon-Zähne, die wahrscheinlich von Jungtieren und Neugeborenen stammen. Mit einer Länge von zwei bis zehn Metern waren diese zwar nicht gerade klein, aber trotzdem noch klein genug, um auf der Speisekarte der erwachsenen Tiere zu stehen. Erst wenn die Megalodon-Haie den Gefahren des Ozeans größenmäßig trotzen konnten, verließen sie ihre Flachwasser-Kinderstube und machten ihrem Ruf als Superprädator alle Ehre.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Fossilien als Geschichtenerzähler
Was Urzeit-Relikte über das Verhalten ausgestorbener Tiere verraten

Verhaltensbeobachtung in der Urzeit
Wenn Tiere von ihrem eigenen Tod erzählen

Dramatische Kämpfe
Bisse, Hiebe und Tragödien

Wandern und Wohnen
Polonaise-Tänzer und teuflische Korkenzieher

Elterliche Fürsorge
Babysitter und ein Kinderzimmer für Haie

Turbulente Paarung
Tanzende Dinos und schwangere Fischsaurier

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