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Anthropogeographie

Die vierte Wurzel

Woher kamen die Jamnaja?

Woher kamen die Jamnaja, das Volk von Steppennomaden, denen die Europäer einen großen Teil ihres genetischen und kulturellen Erbes verdanken? Klar scheint, dass diese Steppennomaden keine Asiaten waren, sondern eher kaukasischer Herkunft. Obwohl sie bis nach Zentralasien verbreitet waren, unterschieden sie sich rein äußerlich kaum von den Europäern. Aber wo lagen ihre Ursprünge?

Jamnaja-Schädel
Mit Ocker bestäubter Schädel eines Jamnaja und eine Rekonstruktion seines Aussehens – er wirkte europäisch. © Natalia Shishlina, Alexey Nechvaloda / Universität Kopenhagen

„Die Frage, woher die Jamnaja kommen, war bisher ein Rätsel“, erklärt Andrea Manica von der University of Cambridge. Ein Teil ihrer genetischen Wurzeln lässt sich auf die „Westlichen Jäger und Sammler“ zurückführen – die Gruppe mittelsteinzeitlicher Populationen, die einst von Spanien bis zum Ural verbreitet war. Doch der Rest des Jamnaja-Erbguts passte in keine der bekannten Volksgruppen. „Die Jamnaja besaßen eine große genetische Komponente, die wir nicht zuordnen konnten“, sagt Manica.

Vorfahren aus dem Kaukasus

Im Jahr 2015 jedoch kamen den Forschern zwei Fossilfunde aus Georgien zu Hilfe – ein 13.000 Jahre alter Schädel und ein 10.000 Jahre alter Menschenzahn. Als Manica und sein Team die DNA dieser Funde analysierten, entdeckten sie Überraschendes: Diese Steinzeitmenschen schienen keiner der bisher bekannten Jäger-und-Sammler-Gruppen anzugehören – besaßen aber auffallende Übereinstimmungen mit dem Erbgut der Jamnaja.

Offenbar hatten sich Angehörige dieser Volksgruppe aus dem Kaukasus einst mit den Vorfahren der Jamnaja vermischt und so ihre Gene in deren Erbgut hinterlassen. „Damit bildet diese Steinzeit-Population aus dem Kaukasus den vierten Hauptstrang der europäischen Ahnenreihe“, sagt Manica. „Durch die Jamnaja hat diese urzeitliche Gruppe zu den meisten modernen Populationen Europas beigetragen, vor allem im nördlichen Teil des Kontinents.“

Satsurblia-Höhle
Blick aus der Satsurblia-Höhle in Georgien, hier wurde ein Schädelknochen des mysteriösen Kaukasusvolks entdeckt. © Eppie Jones/ University of Cambridge

Sie kamen bis nach Indien

Und noch ein Rätsel könnte die während der gesamten letzten Eiszeit im Kaukasus isolierte Population lösen: Woher der europäische Genanteil in der nordindischen Bevölkerung stammt. Denn wie die genetischen Vergleichsdaten enthüllten, gehen deren europäische DNA-Anteile ebenfalls auf dieses Kaukasus-Volk zurück. Die Menschen dieser Population müssen demnach irgendwann nach der Eiszeit sowohl in die eurasische Steppe als auch nach Osten Richtung Asien gezogen sein.

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Das wiederum wirft ein ganz neues Licht auf ein weiteres wichtiges Erbe der Vergangenheit – unsere Sprachen.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Erbe der Steppenreiter
Wie ein Bronzezeit-Volk unsere Geschichte veränderte

Der große Wandel
Kulturschub in der Bronzezeit

Die dritte Welle
Gene verraten Herkunft unserer Vorfahren

Seuchen, Kampf und frische Milch
Was machte die Steppennomaden so erfolgreich?

Die vierte Wurzel
Woher kamen die Jamnaja?

Das Rätsel unserer Sprache
Woher kommt die Indoeuropäische Sprachfamilie?

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