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Physik

Wassertropfen: Ultraschneller Energietransfer setzt schädliche Elektronen frei

Neuer Mechanismus für biologische Strahlenschäden nachgewiesen

Energiereiche Strahlung schlägt aus dem unteren Wassermolekül ein Elektron heraus. Beim Auffüllen der Lücke wird Energie frei, die im Nachbarmolekül ein langsames Elektron herauslöst. Dieses kann Brüche in der DNA verursachen. © Universität Frankfurt/Main

Trifft energiereiche Strahlung auf einen Wassertropfen, entstehen in diesem Elektronen, die unser Erbgut schädigen können. Verursacht wird dies durch einen erst jetzt nachgewiesenen ultrasschnellen Energietransfer. Wie die Forscher in „Nature Physics“ berichten, könnte die Einbeziehung dieses Effekts künftig bei der Beurteilung von Strahlenschäden, aber auch der Dosierung von Strahlentherapien für Tumoren zu präziseren Einschätzungen führen.

Ein erwachsener Mensch besteht zu 60 Prozent aus Wasser. Wird dieses Molekül aus einem Sauerstoff und zwei Wasserstoff-Atomen von energiereicher Strahlung getroffen, bricht es normalerweise auseinander. Es bildet dann mit einem benachbarten Wassermolekül ein positiv geladenes Hydronium-Ion, während ein negativ geladenes Hydroxid-Ion zurückbleibt. Doch jetzt haben Physiker einen Prozess entdeckt, der extrem schnell abläuft und zur Bildung von niederenergetischen Elektronen im Körper führt. Diese brechen das Erbmolekül DNA auf und können so schwere Genschäden auslösen.

Der vom Physiker Till Jahnke von der Universität Frankfurt am Main entdeckte Prozess tritt ein, wenn hochenergetische Strahlung im Körper auf Wasser trifft. Untersucht wurde er an kleinsten Wassertropfen aus zwei Wassermolekülen. Mithilfe der hochenergetischen Synchroton-Strahlung des Berliner BESSY-Beschleunigers lösten die Physiker aus einer inneren Schale des einen Wassermoleküls ein Elektron heraus. Schnell sortierten sich die Elektronen um und füllten das Loch mit einem Elektron aus der äußeren Schale auf. Die dabei frei werdende Energie ging an das Nachbarmolekül und löste dort ein zweites Elektron heraus. Dieses Elektron hat typischerweise wenig Energie und kann Brüche in der DNA hervorrufen.

Der als Interatomic Coulombic Decay (ICD) bezeichnete Prozess läuft innerhalb von 50 Femtosekunden ab. In der Physik ist ein schneller Prozess gleichbedeutend mit einem sehr wahrscheinlichen, so dass ICD in Wasser vermutlich ein sehr allgemeines Phänomen darstellt. Eine Berlin-Garchinger Kollaboration hat die Existenz des Effekts in einer eigenen Messung bestätigt.

„In einem Wassertropfen kann ein niederenergetisches Elektron, das DNA-Brüche verursacht, prinzipiell durch Strahlung jeder beliebigen Energie erzeugt werden“, erklärt Jahnke die bio-medizinische Bedeutung seines Forschungsergebnisses. ICD könnte einen relevanten Beitrag zu Strahlenschäden in biologischer Materie leisten. Das wäre auch für die Strahlentherapie von Bedeutung, denn die Behandlung von Tumoren lässt sich umso gezielter und schonender gestalten, je genauer die verwendeten Modelle die Realität abbilden.

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(Goethe-Universität Frankfurt am Main, 20.01.2010 – NPO)

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