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Umwelt

Auch Benziner emittieren Ruß und Gift

Autos mit Direkteinspritzung sogar dreckiger als manche Dieselfahrzeuge

Auch bei modernen Benzinern kommt aus dem Auspuff einiges an Ruß udn Giftstoffen © Rasulovs/ iStock.com

Von wegen modern und sauber: Moderne Benzin-Autos stoßen überraschend viel Ruß und Giftstoffe aus, wie Schweizer Forscher festgestellt haben. Die im Abgastest emittierte Rußmenge lag bei allen Testfahrzeugen über der eines Dieselautos mit Partikelfilter. Zudem produzierten die Benzin-Direkteinspritzer krebserregende Giftstoffe – bis zu 1.700-fach über den EU-Grenzwerten.

Bisher stellte der Abgas-Skandal vor allem Dieselfahrzeuge an den Pranger: Wegen gezielter Manipulation der Motorsteuerung stoßen die Dieselfahrzeuge weitaus mehr Stickoxide und Feinstaub aus als in Abgastests ermittelt. Die Folge sind Gesundheitsschäden und weltweit mindestens 100.000 zusätzliche Todesfälle allein durch die Stickoxide.

Was kommt beim Benziner hinten raus?

Allerdings: Auch Benzinfahrzeuge produzieren Abgase. Bereits im Jahr 2015 haben Forscher festgestellt, dass die ausgestoßene Abgasmischung in der Stadtluft sekundäre Feinstäube entstehen lässt. Die schädlichen Partikel bilden sich erst durch die Wechselwirkung der Emissionen mit dem Sonnenlicht.

Doch ausgerechnet moderne Benziner produzieren auch direkt überraschend viel Ruß und Giftstoffe, wie ein Test von Forschern der Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) gemeinsam mit Kollegen nachgewiesen hat. Sie untersuchten sieben Autos mit der noch relativ neuen Technik der Benzin-Direkteinspritzung und im Vergleich dazu ein Diesel-Fahrzeug nach der Euro-5b-Abgasnorm und mit Partikelfilter.

Mehr Ruß als beim Diesel

Das alarmierende Ergebnis: Alle getesteten Benziner stießen zehn bis 100 Mal mehr Rußpartikel aus als der zum Vergleich gemessene Diesel-Peugeot. Wie die Forscher feststellten, produzieren die Benzinmotoren zunächst Rußpartikel von nur zehn bis 20 Nanometern Größe, die sich dann im Auspuff zu größeren Klumpen von 80 bis 100 Nanometern Größe zusammenballen.

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Die häufigsten Schadstoffe im Abgas von Benzinautos. © Empa

Damit jedoch ist der Feinstaub aus den Benzin-Direkteinspritzern ähnlich klein wie die Rußpartikel, die den Diesel in Verruf brachten. „Einmal eingeatmet, bleiben solch kleine Partikel für immer im Körper“, erläutert Empa-Forscher Norbert Heeb. Solche Nanopartikel können erwiesenermaßen die Membran menschlicher Lungenbläschen passieren und so in den Blutkreislauf gelangen.

Zu viele krebserregende Giftstoffe

Noch problematischer war ein weiterer Fund: „Auf der Oberfläche der Partikel lagern sich flüssige oder feste chemische Gifte aus dem Verbrennungsprozess ab, unter anderem polyzyklische Aromaten“, erklärt Heeb. “ Diese Substanzen können mit den Partikeln in den Blutkreislauf geschleust werden wie in einem Trojanischen Pferd.“

In den Abgasen der Benziner wiesen die Forscher unter anderem Benzo(a)pyren nach. Diese krebserregende Substanz wird von der Weltgesundheitsorganisation WHO in jeder Dosis als gesundheitsschädlich eingestuft. In der EU gilt ein Luftgrenzwert von einem Nanogramm pro Kubikmeter Luft. Die Abgase der gemessenen Benzinfahrzeuge liegen jedoch bis zu 1.700-fach darüber, wie die Wissenschaftler berichten.

Nach Ansicht der Wissenschaftler demonstriert dies, dass Benzinfahrzeuge mit Direkteinspritzung nicht per se besser sind als mit Partikelfiltern ausgerüstete Dieselautos – und dass es noch einiges an Nachrüstungsbedarf gibt. Die Experten halten es für dringend geraten, in Zukunft auch Benziner standardmäßig mit Partikelfiltern auszurüsten.

„Im Moment wird nicht die beste verfügbare Technologie eingebaut“, bemängelt Heeb. „Je früher also Partikelfilter für Benziner zur Pflicht werden, desto besser für unser aller Gesundheit.“

(Empa – Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt, 24.05.2017 – NPO)

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