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Ozeanversauerung lässt Korallenriffe verarmen

Kohlendioxid-Quellen im Meer zeigen zukünftige Folgen der Versauerung des Meerwassers

Vor der Küste Papua Neuguineas entlässt vulkanische Aktivität Kohlendioxid ins Meer. Ein Teil des Gases löst sich im Wasser und säuert es an. Nur wenige Korallen, die erhöhten Kohlendioxid-Konzentrationen ausgesetzt sind, überleben unter diesen Umweltbedingungen. © Katharina Fabricius

Eine Kohlendioxid-Quelle am Meeresgrund hat Wissenschaftlern die einmalige Gelegenheit geboten, die Wirkung der Ozeanversauerung direkt an einem Korallenriff zu untersuchen. Ihr jetzt in „Nature Climate Change“ veröffentlichtes Ergebnis: Auch ohne begleitenden Temperaturanstieg stoppt der sinkende pH-Wert das Riffwachstum und lässt die Korallenwelt verarmen. Die normalerweise hohe Komplexität gesunder Riffe geht verloren.

Kohlendioxid in der Atmosphäre trägt maßgeblich zur Klimaerwärmung bei. Klimaforscher vom Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) schätzen, dass sich bei ungebremster Entwicklung die Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre bis zum Jahr 2100 verdoppeln wird. Das Gas verändert aber auch die Lebensbedingungen in den Ozeanen. Denn die Meere werden etwa ein Drittel des zusätzlichen Kohlendioxids aufnehmen. Ihr pH-Wert wird dadurch von 8,1 auf 7,8 fallen. Natürliche Kohlendioxid-Quellen in Papua Neuguinea geben Wissenschaftlern nun die einmalige Gelegenheit, die Veränderungen tropischer Korallenriffe zu untersuchen, wenn der vom Menschen verursachte Kohlendioxid-Ausstoß weiter ansteigt.

Kalte Quellen als Modell für Meer von Morgen

Ein internationales Forscherteam, darunter Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für marine Mikrobiologie in Bremen, hat drei natürliche Kohlendioxid-Quellen in der Milne Bay Provinz auf Papua Neuguinea untersucht. Diese Quellen sind deshalb so wertvoll für die Forschung, weil sie kühle Quellen sind und Kohlendioxid in einem tropischen Korallenriff produzieren. Ursache für die an den Quellen aufsteigenden Blasen von Kohlendioxid ist vulkanische Aktivität.

Die Forscher registrierten einen pH-Gradienten um die Quellen herum: Je mehr sie sich der Quelle näherten, desto niedriger wurde der pH-Wert. Mit sinkendem pH verringerten sich auch die Anzahl der Korallenarten, die Artenvielfalt fiel um 40 Prozent. So dominieren nahe der Quellen große massive Steinkorallen der Gattung Porites das Riff. Die Dichte verzweigter und flechtenförmiger Korallen sowie von Weichkorallen und Schwämmen verringerte sich um zwei Drittel.

Riffwachstum im sauren Milieu gestoppt

Die wichtigste Information für die Forscher bestand jedoch darin, dass das Riff unterhalb von pH 7,7 nicht weiter wuchs. „Nicht nur die Korallen litten unter dem gestiegenen Kohlendioxid-Gehalt, auch andere Kalkbildner wie Foraminiferen und bestimmte Algen gingen deutlich zurück. Das ist eine besonders schlechte Nachricht, denn diese Organismen tragen wesentlich zum Kalziumkarbonat-Haushalt des Riffes bei. Sie sind die Schlüsselorganismen für ein gesundes Riffsystem“, sagt Martin Glas vom Bremer Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie. Unter den wenigen Gewinnern ist das Seegras, das sich drei bis vier Mal stärker ausbreiten konnte.

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Die Ergebnisse zeigen erstmals, wie sich ein tropisches Korallenriff-Ökosystem an gestiegene Kohlendioxid-Konzentrationen angepasst hat. Früher konnten Wissenschaftler nur mit Laborversuchen arbeiten. Diese Experimente zeigten zwar den schädlichen Effekt der Ozeanversauerung auf viele Arten, aber die natürlichen Quellen geben ein viel deutlicheres Bild darüber, was passiert, wenn ein gestiegener Kohlendioxidgehalt für viele Jahrzehnte auf eine Korallenriff einwirkt. Die Bandbreite an Kohlendioxid-Gehalten in der Milne Bay Quelle ist vergleichbar mit den prognostizierten Werten für Ende des Jahrhunderts.

Komplexität der Riffe nimmt ab

Korallenriffen, die dem hohen Kohlendioxid-Gehalt ausgesetzt sind, wie er für das Ende des Jahrhunderts prognostiziert wird, verarmen und die Komplexität von gesunden Riffen geht verloren. „Es wird einige Gewinner, aber viele Verlierer geben, wenn tropische Korallenriffe dem gestiegenen Säuregehalt des Ozeans ausgesetzt werden“, sagt die Expeditionsleiterin Katharina Fabricius vom Australian Institute of Marine Science.

Der Niedergang der komplexeren Korallen zugunsten einfacherer Korallen bedeutet weniger Lebensraum für die vielen zehntausend Arten, die die Vielfalt von heutigen Korallenriffen ausmachen. „In den Bereichen mit hohem Kohlendioxid-Gehalt gibt es 50 bis 80 Prozent weniger junge Korallen. Das Riff wird damit anfälliger für Naturereignisse wie tropische Wirbelstürme“, erklärt Fabricius. Es wäre katastrophal, wenn der pH-Wert unter 7,8 sinkt. „Unsere Forschungsergebnisse beweisen, dass wir schnellsten die Emissionen von Kohlendioxid verringern müssen, sonst drohen dramatische Verluste bei den Korallenriffen“, so die Forscherin. (Nature Climate Change, 2011; doi:10.1038/nclimate1122)

(Max-Planck-Gesellschaft, 03.06.2011 – NPO)

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