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Technik

Methanol aus Stahlwerks-Abgasen

Pilotanlage zur Methanol-Produktion nimmt Betrieb am Stahlwerk in Duisburg auf

Pilotanlage zur MEthanolsynthese
Aufbau der Pilotanlage zur Methanol-Gewinnung aus Hüttengas im Stahlwerk von thyssenkrupp Steel Europe in Duisburg. © Fraunhofer UMSICHT

Kraftstoff aus CO2: In Zukunft könnte zumindest ein Teil der Stahlwerks-Abgase in nutzbares Methanol umgewandelt werden. Eine erste Pilotanlage für diese Methanolsynthese aus Hüttengasen wird gerade im Duisburger Stahlwerk von Thyssenkrupp installiert. Sie soll ab Juli 2023 aus dem Abgas-Gemisch des Stahlwerks rund 75 Liter Methanol pro Tag herstellen. Läuft der Pilottest gut, könnte diese klimafreundliche CO2-Verwertung schon bald im industriellen Maßstab laufen – im Stahlwerk, aber auch in der Zementindustrie.

Die Stahlindustrie ist einer der größten CO2-Emittenten weltweit – rund sieben Prozent des globalen Treibhausgas-Ausstoßes gehen auf ihr Konto. Verantwortlich dafür sind vor allem der Einsatz von Koks, Kohle und Erdgas als Reduktionsmittel und zum Aufheizen der Öfen. Als Folge entstehen Hüttengase, die unter anderem Wasserstoff, Stickstoff, Kohlenstoffmonoxid und Kohlendioxid enthalten. Zwar wird ein Teil dieser Gase verbrannt und zum Heizen verwendet, übrig bleibt aber dennoch jede Menge CO2.

Erst CO2-Abtrennung, dann Methanolsynthese

Eine Möglichkeit, den CO2-Ausstoß von Stahlwerken zu senken, wird zurzeit in Duisburg getestet. Schon seit längerem arbeiten dort Wissenschaftler im Rahmen des Verbundprojekts Carbon2Chem an neuen Methoden, um CO2 aus dem Hüttengas abzutrennen und es dann weiterzuverwerten. Im Duisburger Stahlwerk von Thyssenkrupp Steel Europe läuft bereits eine Pilotanlage von Thyssenkrupp Uhde, die die Hochofengase reinigt und CO2 abtrennt.

Jetzt folgt der nächste Schritt: Zurzeit wird im Duisburger Stahlwerk eine Pilotanlage für die Produktion von Methanol aus CO2 und Wasserstoff installiert. Diese Gewinnung des Chemierohstoffs aus dem Treibhausgas hat gleich zwei Vorteile: Das CO2 gelangt nicht in die Atmosphäre, gleichzeitig ermöglicht diese Synthese eine nachhaltigere Methanolproduktion. Kernelement der Anlage ist dabei ein Katalysator, der die Reaktion der Gase zum Methanol fördert. Entwickelt wurde die Technologie von Forschenden des Fraunhofer-Instituts UMSICHT.

Erste Pilotanlage im Stahlwerk

Das Team betreiben schon seit 2020 eine kleinere Pilotanlage, die rund zwei Liter reines Methanol pro Stunde liefern kann. Diese Anlage am Institut in Oberhausen wurde jedoch bisher mit künstlich hergestelltem Hüttengas aus Flaschengasen betrieben. Um nun das Verfahren auch unter praxisnahen Bedingungen und mit den „schmutzigeren“ Hüttengasen zu testen, wurde eine weitere Pilotanlage im Stahlwerk von Thyssenkrupp aufgebaut. Dort wird sie mit Gasen der laufenden Stahlproduktion betrieben.

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„Wir freuen uns auf eine erfolgreiche Inbetriebnahme der Pilotanlage und blicken gespannt auf den ersten Testlauf“, sagt Ralph Kleinschmidt von Thyssenkrupp Uhde. „Unsere Technologien ermöglichen es, Hüttengase zu reinigen, sodass diese im Anschluss für die Methanolsynthese brauchbar sind. Den Betrieb der Pilotanlage werden wir nutzen, um unsere grüne Methanol-Technologie weiter zu optimieren.“

Pilotphase ab Juli, Industrie-Anlage ab 2024

Mitte Juli, sobald die letzten Installationsarbeiten abgeschlossen sind, wird ein erster Testlauf zur Inbetriebnahme starten. Das nächste Etappenziel ist dann die tägliche Produktion von 75 Litern Rohmethanol im Dauerbetrieb. Im Mai 2024 soll die Testphase abgeschlossen sein, nach der dann der Übergang in die industrielle Methanolproduktion aus Hüttengasen beginnt. Dafür ist als nächster Schritt eine Demo-Anlage geplant, die mehrere tausend Tonnen Methanol pro Jahr produzieren kann.

Von einer solchen Zweitverwertung des CO2 könnten künftig nicht nur Stahlwerke profitieren: Aufgrund des modularen Aufbaus der Methanol-Anlage ist es möglich, den Prozess auch auf andere CO2-intensive Industrien zu übertragen – zum Beispiel Müllverbrennungsanlagen oder Zementwerke. Bei der Zementherstellung etwa wird aufgrund der chemischen Reaktion beim Brennen von Kalk immer CO2 freigesetzt.

„Die Technologie zur CO2-basierten Methanolherstellung ist daher auch dann eine nachhaltige und langfristige Investition, wenn die Stahlindustrie vollständig auf Wasserstoff umgestellt hat“, erklärt Tim Schulzke von Fraunhofer UMSICHT.

Quelle: Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT

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