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Nanotechnologie

Forscher schrumpfen Objekte

Innovative Methode ermöglicht hochpräzise Herstellung komplexer 3D-Nano-Objekte

3D-Nanostruktur
Komplexe 3D-Strukturen im Nanomaßstab – erzeugt durch Schrumpfen. © MIT/ Daniel Oran

Filmreife Technik: Forscher haben erstmals Nano-Objekte durch Schrumpfen erzeugt. Dafür setzten sie zunächst 3D-Objekte in einem speziellen Hydrogel zusammen, dann brachte eine Säure das Gel samt Inhalt zum Schrumpfen. Aus der 3D-Konstruktion wurde so ein zehn- bis tausendfach kleineres Objekt – ohne Verzerrungen und Defekte. Der große Vorteil: Diese „Implosions-Fabrikation“ getaufte Methode ist mit gängiger Technik machbar und ermöglicht ganz neue Nanokonstrukte, wie die Forscher im Fachmagazin „Science“ berichten.

Mittels 3D-Druck lassen sich heute unzählige Bauteile, maßgeschneiderte Werkzeuge oder sogar biologische Gewebe herstellen. Je nach Verfahren wird dafür ein pulverförmigen Grundmaterial durch Laser selektiv geschmolzen und verfestigt oder aber das Objekt wird Schicht für Schicht aus flüssigem Rohmaterial aufgebaut. Wenn es jedoch um 3D-Objekte im Nanomaßstab geht, stoßen diese Verfahren an ihre Grenzen – sie sind nicht fein genug. Die meisten klassischen Nano-Fabrikationsverfahren, wie die Nanolithografie, sind dagegen meist nur für zweidimensionale Formen geeignet.

Das Geheimnis liegt im Hydrogel

Jetzt haben Forscher um Daniel Oran vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) eine Methode entwickelt, die erstmals detailgenaue 3D-Objekte im Nanomaßstab erzeugt – durch Schrumpfen. Dafür setzen sie zunächst die Komponenten des Objekts in einer größeren Vorvariante an ihre Positionen. Dann schrumpfen sie das Ganze und erzeugen so wie durch Zauberhand das gewünschte Objekt im Nanoformat.

Möglich wird diese sogenannte „Implosions-Fabrikation“ durch ein spezielles Hydrogel aus Polyacrylat/Polyacrylamid. „Diese Gele sind für ihre Fähigkeit bekannt, sich um rund das Zehnfache zu vergrößern oder zu verkleinern“, erklären die Forscher. Setzt man dieses Gel beispielsweise einer Säure aus, verändert dies den Wassergehalt und die chemischen Bindungen so, dass sich das gesamte Gel gleichmäßig zusammenzieht.

Erst legt man die 3D-Struktur an…

Genau dies haben die Wissenschaftler nun für ihre Nanokonstruktion ausgenutzt. Im ersten Schritt tränkten sie das Hydrogel mit einer Lösung, die lichtsensible Fluorescein-Moleküle enthält. Dann nutzten sie ultrafein fokussierte Laserpulse, um gezielt die Moleküle im Gel zu verankern, an denen später Bauteile des Nanokonstrukts sitzen sollten. Der große Vorteil: Die 3D-Struktur des gewünschten Objekts kann so in der Vergrößerung und damit hochpräzise angelegt werden.

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Im nächsten Schritt wird die Fluorescein-Lösung ausgewaschen, so dass nur noch die mittels Laser verankerten Moleküle übrigbleiben. Diese nutzt man nun als Andockstelle, um beispielsweise Metallatome, Kunststoffe oder andere Baumaterialien des gewünschten Konstrukts in die angelegte Form zu bringen. „Es ist ein wenig wie bei der analogen Fotografie: Man erzeugt ein Bild durch Belichtung und entwickelt es dann, indem man an die belichteten Stellen andere Materialien anhängt“, erklärt Oran.

Labortechnik
Die für das "Schrumpfen" nötige Technik ist in vielen Laboren schon vorhanden. © Oran et al.

…dann wird geschrumpft

Nun folgt der entscheidende Schritt: Das Gel wird geschrumpft. Die Forscher tränken das Hydrogel dafür mehrere Stunden lang mit einer Säure oder einer Lösung mit zweiwertigen Kationen wie Magnesiumchlorid. Diese Behandlung hebt die Abstoßung negativer Ladungen im Hydrogel auf, die bisher die Gelkomponente auf Abstand hielt. Als Folge zieht sich das Gel zusammen und verkleinert dabei auch das in ihm angelegte 3D-Konstrukt.

In ersten Tests erstellten die Wissenschaftler auf diese Weise Nanoleitungen aus Silber, aber auch komplexe dreidimensionale Konstrukte aus ineinandergeschachtelten, nicht aneinander befestigten Ringen. „Um unsere Methode zu validieren, haben wir so Strukturen in Größenordnungen von wenigen hundert Nanometern bis zu mehreren Mikrometern Größe hergestellt“, berichten die Forscher. Die 3D-Objekte wurden dabei jeweils um das Zehn- bis 20-Fache geschrumpft.

Ganz neue Möglichkeiten für die Nanofabrikation

Die neue Methode erweitert damit die bisherigen Möglichkeiten der Nano-Fabrikation erheblich, wie die Forscher betonen: „Mit der Implosions-Fabrikation können wir alle Arten von Strukturen, Gradienten, unverbundene Formen oder Objekte aus mehreren Materialien produzieren“, sagt Oran. Der große Vorteil sei, dass diese 3D-Stukturen vor dem Schrumpfen mit einer Präzision zusammengesetzt und gestaltet werden können, die in der Nanogröße dann kaum mehr möglich ist.

Ein weiterer Vorteil: Die für diese Methode nötige Technik ist wenig exotisch und schon heute in vielen Laboren vorhanden. „Die damit verbundene Demokratisierung der Nanofabrikation kann uns Wege eröffnen, die wir uns jetzt noch gar nicht vorstellen können“, sagt Boyden. Erste konkrete Anwendungen sehen er und seine Kollegen unter anderem bei spezialisierten Linsen im Nanomaßstab. Aber auch Nanoelektronik und sogar Nanoroboter könnten damit hergestellt werden. (Science, 2018; doi: 10.1126/science.aau5119)

Quelle: Massachusetts Institute of Technology, Science

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