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Sonnensystem

Schwere Strahlendusche traf Erde

Sonnensturm um 660 vor Christus war zehnfach stärker als alle heute gemessenen

Solarer Plasmaausbruch
Solare Plasmaausbrüche können Millarden energiereiche Partikel ins All schleudern. Ein besonders schwerer Sonnensturm dieser Art traf offenbar auch 660 vor Christus die Erde. © NASA/GSFC, SDO

Kosmischer Volltreffer: Im Jahr 660 vor Christus wurde die Erde von einem extrem starken Sonnensturm getroffen, wie Bohrkern-Analysen enthüllen. Der Einstrom energiereicher Partikel war bei diesem Sonnensturm zehnfach stärker als bei allen bisher gemessenen Ereignissen der Neuzeit. Dies spreche dafür, dass die Gefahr durch solche solaren Stürme bisher unterschätzt worden sei, warnen die Wissenschaftler.

Starke Sonnenstürme sind eine potenzielle Gefahr für Satelliten, Kommunikationssystem und die Stromnetze der Erde. Denn der Einstrom energiereicher geladener Teilchen durchdringt dabei selbst das schützende Erdmagnetfeld und erreicht sogar die Erdoberfläche. 1972 sorgte ein solcher Sonnensturm für weltweite Störungen der Elektronik und Telekommunikation. 1967 lösten Störungen durch einen solaren Strahlenausbruch sogar fast einen Atomkrieg aus.

Wie groß ist das Risiko?

Doch bisher ist die Menschheit von noch schlimmeren Sonnenstürmen verschont geblieben. Ob das allerdings bloß Zufall ist und wie häufig extreme Sonnenstürme die Erde treffen, ist bisher unklar. Der Grund: Die Aufzeichnung solcher Ereignisse mit Messinstrumenten reicht nur rund 60 Jahre zurück. Diese registrieren dabei einen abrupten Anstieg im Einstrom energiereicher Protonen. Die bisher stärksten Werte wurden bei einem Sonnensturm am 23. Februar 1956 gemessen.

Aber schon länger gibt es Hinweise darauf, dass unser Planet in der Vergangenheit noch viel heftigere Strahlenduschen abgekommen hat. Eine davon ereignete sich im Jahr 775, das belegen erhöhte Konzentrationen des Kohlenstoff-Isotops C-14 in Jahresringen von Bäumen aus dieser Zeit. Ein weiterer extrem starker Sonnensturm traf die Erde im Jahr 993/994, wie Paschal O’Hare von der Universität Lund und seine Kollegen berichten.

Abrupter Isotopen-Anstieg vor 2.679 Jahren

Jetzt haben O’Hare und sein Team einen dritten Treffer durch einen solchen Mega-Sonnensturm identifiziert. Demnach war unser Planet auch im Jahr 660 vor Christus einer besonders starken solaren Strahlendusche ausgesetzt. Indizien dafür lieferten ihnen abrupte Anstiege des Kohlenstoff-14-Gehalts in Baumringen, aber auch erhöhte Werte der Isotope Beryllium-10 und Chlor-36 in einem Eisbohrkern des North Greenland Ice Core Project (NGRIP).

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Sonnensturm
Ein abrupter Anstieg der Beryllium-10- und Chlor-26-Werte deutet auf eine starke Strahlendusche durch einen Sonnensturm hin. © O'Hare et al. /PNAS

„Der Beryllium-10-Peak ähnelt in seiner Form stark denen der beiden extremen Sonnenstürme in den Jahren 775 und 994“, berichten die Forscher. Zudem seien damals alle drei Isotope zur gleichen Zeit sprunghaft angestiegen. Diese Ergebnisse sprechen ihrer Ansicht nach dafür, dass damals ein starker Teilchenstrom die Erde traf. Die wahrscheinlichste Ursache dafür sei ein Sonnensturm, sagen die Wissenschaftler. Denn ein Gammastrahlenausbruch hätte andere Isotopenverhältnisse produziert.

Eine Größenordnung stärker

Damit scheint klar, dass im Jahr 660 vor Christus ein extrem starker Sonnensturm die Erde traf. O’Hare und sein Team schätzen, dass dabei rund 20 Milliarden energiereiche Protonen pro Quadratzentimeter auf die Erde einströmten. „Damit war dieses Ereignis eine Größenordnung stärker als der größte instrumental gemessene Sonnensturm vom 23. Februar 1956“, sagen die Forscher. Damit sind nun schon drei historische Sonnenstürme bekannt, die die heute gemessenen weit an Intensität übertreffen.

„Wenn dieser Sonnensturm heute aufgetreten wäre, hätte dies schwere Auswirkungen auf unsere Hightech-Gesellschaft gehabt“, sagt O’Hares Kollege Raimund Muscheler. „Deswegen müssen wir uns künftig besser gegen solare Stürme schützen – das Risiko wurde bisher unterschätzt.“ (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2019; doi: 10.1073/pnas.1815725116)

Quelle: Lund University

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