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Raumfahrt

Hat der Mond „klimatisierte“ Höhlen?

Lunare Lavahöhlen könnten Astronauten geschützte Refugien mit Raumtemperatur bieten

Lavahöhle
Lavaröhren mit eingebrochenen Decken, wie hier auf Island, gibt es wahrscheinlich auch auf dem Mond. Sie könnten sich als Standort für eine Mondstation eignen. © Carsten Heyde/ Getty images

Lavahöhlen auf dem Mond könnten Astronauten ein perfekt klimatisiertes Refugium bieten. Denn in diesen Kavernen bleiben die Temperaturen wahrscheinlich konstant bei rund 17 Grad, wie Messdaten einer NASA-Raumsonde und Modelle nahelegen. Solche Höhlen könnten daher Schutz nicht nur vor Strahlung und Meteoriten gewähren, sondern auch vor den extremen Tag-Nacht-Schwankungen der lunaren Oberflächentemperaturen schützen. Sie wären daher geeignete Standorte für eine Mondstation.

Gleich mehrere Länder wollen in naher Zukunft Astronauten zurück zum Mond schicken und dort bemannte Stationen errichten. Auch ein kommerzieller Abbau lunarer Rohstoffe ist schon in Planung. Doch für all dies benötigen die künftigen Mond-Astronauten nicht nur Ressourcen in Form von Wasser, Energie und chemischen Rohstoffen. Essenziell ist auch eine Behausung, die sie gegen Strahlung, Meteoriteneinschläge und die extremen Temperaturen auf dem Erdtrabanten schützt. Denn tagsüber kann es auf der Mondoberfläche 120 Grad heiß werden, nachts kühlt es bis auf minus 170 Grad ab.

Tranquilitatis Pit
Dieses 100 Meter große Loch in der Oberfläche des Mare Tranquilitatis könnte in eine lunare Lavahöhle führen. © NASA/GSFC/Arizona State University

Lavahöhlen und Skylights im Blick

Ein möglicher Standort für künftige Mondstationen wären Lavahöhlen – Gänge im lunaren Untergrund, die einst durch schnell fließende Lava geschaffen wurden. Aufnahmen von Mondsonden legen nahe, dass es solche Lavahöhlen in mehreren lunaren Maren geben könnte, unter anderem im Oceanus Procellarum und im Mare Tranquilitatis. Auch in einigen Kratern im Polargebiet des Erdtrabanten haben Wissenschaftler Indizien für zugängliche Höhlen entdeckt.

Indizien für die lunaren Lavahöhlen sind wurmartig gewundene Senken von teils hunderten Kilometer Länge und einige „Skylights“ – kreisrunde Löcher, wie sie typischerweise durch den Deckeneinsturz solcher Lavahöhlen entstehen. „Es gibt mindestens 16 bestätigte Einsturzlöcher auf dem Mond, die wahrscheinlich in den Decken von Lavagängen sitzen“, erklären Tyler Horvath von der University of California in Los Angeles und seine Kollegen. Diese Kollaps-Löcher haben einen Durchmesser von 15 bis 150 Meter und könnten Zugänge zu teilweise riesigen Kavernen sein.

Wie ist die Temperatur im Tranquilitatis-„Pit“?

Am Beispiel eines dieser lunaren „Skylights“ haben Horwarth und sein Team nun untersucht, welche Temperaturbedingungen in diesen Kollapslöchern und den angrenzenden Höhlen herrschen könnten. Im Fokus stand dabei ein rund 100 Meter großes und 100 Meter tiefes Loch im Mare Tranquilitatis, das nahe am Mondäquator liegt. Der Rand dieser kreisrunden Öffnung bildet einen gut erkennbaren Überhang – ein Hinweis darauf, dass dieses Loch durch den Einsturz einer Höhlendecke entstanden sein könnte.

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Für ihre Studie werteten die Forscher zuerst die Daten einer Thermokamera aus, die sich an Bord der NASA-Mondsonde Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO) befindet. Sie kann die Temperatur der Mondoberfläche anhand des zurückgeworfenen Strahlenspektrums messen. Auf Basis dieser Messdaten und anhand physikalischer Modelle zur Wärmeleitung ermittelten sie dann, wie warm oder kalt es unter dem Überhang und in einer dahinter liegenden Höhle sein könnte.

Grubengrund ist der heißeste Ort auf dem Mond

Die Analysen enthüllten: Der Grund dieses tiefen Einsturzlochs weicht in den thermischen Daten deutlich von der umliegenden Mondoberfläche ab. Tagsüber heizt sich der von der Sonne bestrahlte Grubengrund extrem auf und kann bis zu 141 Grad heiß werden. „Diese Hitze geht nicht nur auf die direkte Sonneneinstrahlung zurück, sondern auf durch die thermische Strahlung von den Grubenwänden und der Unterseite des Überhangs“, erklären die Wissenschaftler.

Das macht den Grund dieses lunaren Skylights sogar heißer als den Rest der sonnenbeschienenen Mondoberfläche. „Die Tranquilitatis-Grube könnte der heißeste Ort auf dem Mond sein“, sagt Horwarth. „Auch nachts ist sie die mit Abstand wärmste Stelle.“ Denn das aufgeheizte Gestein kühlt nur langsam wieder aus. Auf den ersten Blick wäre diese Grube für Astronauten daher wenig komfortabel.

…aber die Höhle hat Raumtemperatur

Doch das ändert sich, wenn man unter den Überhang der Grube und in die angrenzende Höhle schaut. Auf Basis ihrer Modelle ermittelten die Forscher, dass in den nicht direkt der Sonne ausgesetzten Bereichen wahrscheinlich überraschend angenehme und kaum schwankende Temperaturen herrschen. „Die Höhlentemperatur müsste fast konstant bei rund 17 Grad liegen“, berichten Horwarth und sein Team. Je größer die an den Einsturz grenzende Höhle, desto stabiler bleiben diese Temperaturen im Tag-Nacht-Wechsel.

„Für die künftige Kolonisierung und Erkundung des Modes wären diese Höhlen demnach ein geeignetes Habitat: Sie sind größtenteils vor schädlicher Strahlung, Einschlägen und extremen Temperaturen geschützt“, konstatieren die Wissenschaftler. „Solche Löcher und Höhlen könnte daher eine größere Sicherheit bieten als andere potenzielle Standorte für Mondstationen.“ Die nähere Erkundung der lunaren Skylights könnte demnach lohnen – und wäre möglicherweise ein gutes Ziel für kommende Mondmissionen. (Geophysical Research Letters, 2022; doi: 10.1029/2022GL099710)

Quelle: University of California Los Angeles

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