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Astronomie

Dunkle Energie: Verändert sie sich doch?

Supernova-Vermessung ergibt leichte Diskrepanz zum kosmologischen Standmodell

Rotverschiebung
Durch die Vermessung der Entfernung und Rotverschiebung von Supernovae können Astronomen ermitteln, wie schnell sich das Universum ausdehnt – und damit Rückschlüsse auf die Dunkle Energie ziehen. © DES Collaboration

Spannende Abweichung: Die Dunkle Energie ist womöglich weniger konstant als das kosmologische Standardmodell vorhersagt. Dies legen Resultate des Dark Energy Survey (DES) nahe, der bisher umfassendsten Vermessung der kosmischen Expansion mithilfe von Supernovae. Demnach liegt der Wert für die Dichte der Dunklen Energie zwar nahe am Wert des Standardmodells, ist aber nicht perfekt konstant. Das könnte darauf hindeuten, dass sich die Wirkung und Dichte der Dunklen Energie im Laufe der Zeit verändern, wie die Astrophysiker berichten.

Das Universum dehnt sich seit dem Urknall immer weiter aus, dabei nimmt das Tempo dieser Expansion zu. Als Triebkraft dafür gilt die Dunkle Energie, die der anziehenden Wirkung der Gravitation entgegenwirken soll. Dem kosmologischen Standardmodell (ΛCDM) zufolge müsste diese Dunkle Energie eine in Zeit und Raum gleichbleibende Dichte haben. Ihr Einfluss wird daher mit der kosmologischen Konstante gleichgesetzt. Das Problem nur: Die Dunkle Energie lässt sich nicht direkt messen, nicht einmal ihre Existenz ist klar belegt.

beschleunigte Expansion des Kosmos
Supernova-Vermessungen zeigen, dass sich das Universum heute schneller ausdehnt als früher. Doch wie hoch die Rate der kosmischen Expansion genau ist, ist unklar. © DES Collaboration

Supernovae als „Messlatte“ der Expansion

Unklar ist auch, ob die Dunkle Energie wirklich seit dem Urknall konstant geblieben ist. Denn Astronomen haben bei der Messung der kosmischen Expansion immer wieder deutliche Diskrepanzen festgestellt: Die mithilfe von veränderlichen Sternen, Quasaren, Supernovae und anderen „heutigen“ Objekten ermittelte Expansionsrate ist höher als sie es den Modellen und Messungen der kosmischen Hintergrundstrahlung nach sein dürfte.

Mehr Licht ins Dunkel könnten nun die Ergebnisse des Dark Energy Survey (DES) werfen, einem der umfangreichsten Projekte zur Messung der Dunklen Materie, Dunklen Energie und der kosmischen Ausdehnung. Sechs Jahre haben Astronomen dafür mit einer Spezialkamera an einem Teleskop in Chile ein Achtel des gesamten Himmels durchmustert und die Entfernungen und Rotverschiebungen von knapp 1.500 Supernovae des Typs 1a kartiert. Diese Explosionen Weißer Zwerge gelten wegen ihrer standardisierten Leuchtkraft als besonders geeignete „Messlatte“ für die kosmische Expansion.

Abweichung vom Standardmodell

Jetzt haben die Astronomen des DES ihre abschließenden Resultate vorgelegt. Demnach stimmen die Bewegungen der Supernovae zwar im Großen und Ganzen mit dem Standardmodell überein: Das Team kam für die Dichte der Dunklen Energie im Zeitverlauf auf w = -0,80 ± -0,18. Damit liegt dieser Wert jedoch leicht unterhalb des vom kosmologischen Standardmodell vorgegebenen Werts von w = 1, der die konstante Dichte der Dunklen Energie im Verlauf der kosmischen Entwicklung beschreibt.

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Das bedeutet: „Das einfachste Modell der Dunklen Energie, ΛCDM, passt nicht perfekt. Denn w ist unseren Ergebnissen zufolge nicht exakt gleich 1“, sagt Koautorin Tamara Davis von der University of Queensland in Australien. Allerdings sei die Abweichung auch nicht groß genug, um das gängige Modell klar zu widerlegen. Denn die Werte liegen noch innerhalb der Spannbreite von zwei Standardabweichungen vom theoretisch postulierten Wert von 1 entfernt. „Das ist nahe genug, um mit dem Standardmodell konsistent zu sein“, erklärt Davis.

Ist die Dunkle Energie doch nicht konstant?

Doch die leichte Abweichung könnte auch darauf hindeuten, dass sich die Dunkle Energie anders verhält als gedacht: „Das Resultat ist spannend, weil dies ein Hinweis darauf sein könnte, dass sich die Dunkle Energie doch im Laufe der Zeit verändert“, erklärt Davis. Tatsächlich ist dies nicht das erste Indiz dafür: Schon 2019 hatten Astronomen bei der Vermessung von Quasaren ähnliche Diskrepanzen festgestellt – und kamen zu dem Schluss, dass unser Bild des Kosmos und der Dunklen Energie unvollständig sein könnte.

„Möglicherweise benötigen wir eine komplexere Erklärung für die Vorgänge“, sagt auch Davis. Noch reichen die Daten allerdings nicht aus, um zu zeigen, wie diese Erklärung aussehen könnte und ob sich die Dichte oder Einflussstärke der Dunklen Energie tatsächlich verändert hat. (243rd meeting of the American Astronomical Society, Astrophysical Journal (submitted), 2024; doi: 10.48550/arXiv.2401.02929)

Quelle: DOE/Fermi National Accelerator Laboratory, National Optical-Infrared Astronomy Research Laboratory (NOIRLab)

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