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Geowissen

Karibik: Rätsel um unterseeische Lavaflächen

Expedition erforscht die Geschichte der karibischen Platte und ihrer Flutbasalte

Klassisches Modell zur Entstehung von Flutbasaltprovinzen: An einem sogenannten Mantelplume steigt heißes Material aus dem Grenzbereich zwischen Erdkern und Erdmantel bis an die Unterseite der Erdkruste. An einigen Stellen tritt es aus und bildet gigantische Lavaplateaus (Flutbasaltprovinzen). Mit der Bewegung der tektonischen Platten entfernen sie sich in Millionen von Jahren von ihren Ursprungsorten. Die karibische Flutbasaltprovinz könnte beim Galapagos-Plume oder zwischen den Amerikas entstanden sein. © R. Werner, IFM-GEOMAR

Die karibische Erdplatte bietet immer wieder Überraschungen, zuletzt bim Erdbeben von Haiti. Ein Team von Geologen und Vulkanologen beginnt nun eine Expedition in der Karibik, um Fragen zur Entstehungsgeschichte und Entwicklung der Platte zu beantworten. Im Mittelpunkt dabei: gewaltige unterseeische Lavaflächen, die einst durch heftigen Vulkanismus gebildet wurden.

Nicht nur Erdbeben wie das jüngste in Haiti, sondern auch vielfältige Formen von Vulkanismus haben die Entwicklung der Karibik stark beeinflusst. So bedeckt ein riesiges Feld erkalteter Lava, rund 2.000 Kilometer lang, bis zu 800 Kilometer breit und bis zu zehn Kilometer dick, große Teile der eigentlichen karibischen Erdplatte. Ähnliche geologische Strukturen existieren rund um den Globus, vor allem auf ozeanischer Erdkruste. Geologen nennen sie „Flutbasaltprovinzen“.

„Der Vulkanismus, der sie gebildet hat, muss massive Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Meerwassers und auf das Leben im Ozean gehabt haben“, erklärt Professor Kaj Hoernle, Vulkanologe am Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR). Vom 11. März bis zum 21. April 2010 werden Forscher des IFM-GEOMAR sowie Kollegen der Universität Greifswald und der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) vom Forschungsschiff METEOR aus in der Karibik arbeiten, um die Entstehung der karibischen Flutbasaltprovinz besser zu verstehen.

Flutbasalt-Phase länger als angenommen?

„Möglicherweise müssen wir unsere bisherigen Vorstellungen darüber korrigieren“, so Hoernle, der während des ersten Fahrtabschnitts wissenschaftlicher Fahrtleiter der Expedition sein wird. Bisher gingen Wissenschaftler davon aus, dass sich Flutbasaltprovinzen in geologisch kurzen Zeiträumen, also wenigen Millionen Jahren, bildeten. Erste Indizien im karibischen Raum deuten aber darauf hin, dass der Prozess dort vor 140 Millionen Jahren begann und erst vor 70 Millionen Jahren abgeschlossen war. „Das wäre ein verhältnismäßig langer Zeitraum, der mit den bisherigen Modellen nicht vereinbar wäre“, betont Hoernle.

Mit gezielter Beprobung der Basalte am Meeresboden wollen die Wissenschaftler diesen Hinweisen weiter nachgehen. Dafür setzen sie den kabelgesteuerten Tiefseeroboter ROV KIEL 6000 des IFM-GEOMAR ein. „Wegen der häufigen Bewegung der Erdkruste in der Region sind die Basaltschichten an mehreren Stellen extrem aufgefaltet. Dort können wir mit dem ROV gut die Abfolge der einzelnen Basaltschichten nachvollziehen“, erklärt Reinhard Werner (IFM-GEOMAR), Fahrtleiter des zweiten Expeditionsabschnitts.

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Fahndung nach Quelle des Vulkanismus

Und eine weitere Frage beschäftigt die Geologen: Wo fand der Vulkanismus überhaupt statt, der die Flutbasaltprovinz gebildet hat? Dabei konkurrieren zwei Theorien. Eine besagt, dass die Basalte am vulkanischen Hotspot der Galapagos-Inseln entstanden sind und mit der Plattenbewegung in die heutige Karibik verschoben wurden. Andere Forscher gehen davon aus, dass der Ursprungsvulkanismus zwischen den beiden Teilen Amerikas stattgefunden hat.

Der Schlüssel zu diesem Geheimnis könnte die magnetische Ausrichtung der Erdkruste unter der Flutbasaltprovinz sein. Sie lässt Rückschlüsse auf Alter und Herkunft des Materials zu. Mit einem neu entwickelten, sehr präzisen Magnetometer der BGR hoffen die Wissenschaftler diese Ausrichtung erstmals durch die kilometerdicken Basaltschichten hindurch messen zu können. „Das würde unser Verständnis von der geologischen Geschichte der gesamten Region entscheidend voranbringen“, betont Werner.

(Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR), 05.03.2010 – NPO)

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