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Umwelt

Industrielle Revolution zeigt sich im Himalaya-Eis

Kohleverbrennung in Europa hinterließ schon 1780 erste Schwermetalle im Dasuopu-Gletscher

Himalaya
Asche und Staub aus der europäischen Kohleverbrennung wurden schon vor 240 Jahren bis in dne Himalaya geweht. © Bim/ iStock.com

Frühe Verschmutzung: Der Beginn der industriellen Revolution zeigt sich selbst im Eis des fernen Himalaya. Denn schon ab 1780 gelangten Schwermetalle und Ruß aus der europäischen Kohlenverbrennung über tausende Kilometer hinweg bis auf die höchsten Berggipfel Asiens, wie ein Eisbohrkern vom Dasuopu-Gletscher belegt. Verantwortlich für diesen Ferntransport der Emissionen waren damals starke winterliche Westwinde und ein ausgiebiger Schneefall, wie die Forscher berichten.

Der Mensch hinterlässt schon seit Jahrhunderten Spuren in nahezu allen Regionen der Erde – sogar auf den höchsten Berggipfeln. In Eisbohrkernen aus den Alpen beispielsweise sind bereits Blei und andere Schwermetallpartikel aus dem Bergbau der Römer nachweisbar. Und Gletscher der Anden zeugen davon, dass die Kulturen Südamerikas schon vor 2.700 Jahren mit der Kupferverarbeitung begannen. Auch die Ausbeutung der Ressourcen durch die spanischen Eroberer schlug sich im Eis der Andengletscher nieder.

Dasuopu-Gletscher
Lage des Dasuopu-Gletscher sim zentralen Himalaya © NASA

Eisbohrkern vom Dach der Welt

Jetzt zeigt sich, dass sich die frühen Spuren menschlicher Aktivität nicht nur regional niederschlugen, sondern auch in tausende Kilometern Entfernung. Belege dafür liefert ein Eisbohrkern vom 7.200 Meter hoch gelegenen Dasuopu-Gletscher im zentralen Himalaya. Er ist der Eisbohrkern vom bislang höchsten Standort weltweit, wie Paolo Gabrielli von der Ohio State University und seine Kollegen erklären.

„Deshalb ist dieser Standort gut geeignet, um nicht nur atmosphärische Verunreinigungen regionaler Herkunft zu konservieren, sondern auch weit verfrachte Chemikalien aus der gesamten Nordhalbkugel“, sagen die Forscher. Für ihre Studie haben sie den Gehalt von 23 verschiedenen Schwermetallen in den aus der Zeit von 1499 bis 1992 stammenden Schichten des Eisbohrkerns untersucht.

Erhöhte Kontamination schon ab 1780

Das Ergebnis: Schon ab 1780 zeigt sich ein auffallender Anstieg von Schwermetallen im Gletschereis des Dasuopu. „Die Konzentrationen der Metalle waren höher als es den natürlichen Werten entsprach“, sagt Gabrielli. Unter diesen Ablagerungen sind vor allem Cadmium, Chrom, Molybdän, Antimon, Nickel und Zink stark vertreten – Spurenmetalle, die typischerweise bei der Verbrennung von Kohle entstehen, wie die Forscher berichten. In Asien jedoch wurde dieser fossile Brennstoff damals noch nicht in größeren Mengen genutzt.

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Doch woher kommen die Schwermetalle dann? Gabrielli und sein Team führen diese Kontamination zum großen Teil auf den Eintrag von Emissionen aus Europa zurück. Denn Ende des 18. Jahrhunderts begann in England die industrielle Revolution und mit ihr die Nutzung der Kohle als Brennstoff für Dampfmaschinen. Ab 1780 dominierte die Kohlenutzung vor allem in England, bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hatten sich die damit verknüpften Technologie auch in weiten Teilen des restlichen Europa ausgebreitet.

Mit dem Wind aus Europa hergeweht

Nach Ansicht der Forscher muss der Anstieg der Schwermetallbelastung im Himalaya-Eis mit dem Beginn der Industrialisierung im fernen Europa zusammenhängen. Nach Asien gelangten die Emissionen aus der Kohleverbrennung dann mit dem Wind: Wie die Auswertung von Wetterdaten ergab, herrschte Ende des 18. Jahrhunderts ein Klima, das starke winterliche Westwinde auf der Nordhalbkugel begünstigte.

Mit diesen Westwinden könnten die Emissionen damals aus Europa nach Asien geweht worden sein. Im Himalaya sorgte dann eine von etwa 1810 bis 1880 anhaltende Phase besonders starker Schneefälle dafür, dass diese Schadstoffe aus der Luft ausgewaschen und im Gletschereis eingelagert wurden.

Auch Brandrodungen hinterließen Spuren

Doch die Kohle-Abgase der beginnenden Industrialisierung waren wahrscheinlich nicht die einzige Quelle der damaligen Luftverschmutzung. Aus den im Eisbohrkern gefundenen Spurenmetallen und vor allem den erhöhten Zinkwerten schließen die Forscher, dass auch vermehrte Wald- und Buschbrände im 19. Jahrhundert zur Luftverschmutzung beigetragen haben könnten. Zumindest ein Teil dieser Brände könnte dabei anthropogenen Ursprungs gewesen sein.

„Damals wuchs parallel zur industriellen Revolution auch die Bevölkerung stark an“, erklärt Gabrielli. „Dadurch gab es einen größeren Bedarf für Anbauflächen – und typischerweise bekam man die, indem man Wälder niederbrannte.“

Zusammenfassend bestätigt die Studie damit, dass der Mensch schon vor gut 200 Jahren deutliche Spuren in der Atmosphäre der Erde hinterließ – und dass sich diese Luftverschmutzung schon damals bis in entlegene Regionen ausbreitete. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2020; doi: 10.1073/pnas.1910485117)

Quelle: Ohio State University

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