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Paläontologie

Erster Beleg für brütende Dinosaurier

70 Millionen Jahre alte Fossilien eines Oviraptor-Verwandten auf seinen Eiern entdeckt

Dinosaurier und Nest
Rekonstruktion der brütenden Oviraptorosaurier (links) und das fossile Nest mit Eiern und Adultem. © Zhao Chuang/ Shundong Bi

Fürsorglicher Räuber: Paläontologen haben in China den ersten eindeutigen Beleg für das Brüten bei Dinosauriern entdeckt – das Fossil eines auf seinen Eiern gestorbenen Oviraptor-Verwandten. Das 70 Millionen Jahre alte Fossil ist das erste, das einen adulten Dinosaurier im Nest mitsamt der klar erkennbaren Relikte von Embryos in ihren Eiern konserviert hat. Ihr Entwicklungszustand legt zudem nahe, dass die Jungen nacheinander schlüpften.

Wie die Kinderstube der Dinosaurier aussah, ist bislang erst in Teilen aufgeklärt. Zwar haben Paläontologen schon einige fossile Gelege und Embryos der Urzeit-Echsen entdeckt. Sie legen nahe, dass die meisten Dinosaurier Eier legten, ihre Jungen möglicherweise sogar in Gemeinschaftsnestern schlüpften und dass sie möglicherweise ihre Eier bebrüteten. Die Hinweise für Letzteres beruhen allerdings nur auf Isotopenanalysen, die auf eine erhöhte Entwicklungstemperatur der Eier nahelegten.

Nest eines Oviraptor-Verwandten

Jetzt haben Paläontologen um Shundong Bi von der Yunnan Universität erstmals einen Dinosaurier „auf frischer Tat“ beim Brüten ertappt: Sie entdeckten nahe der Stadt Ganzhou in Südchina ein fossiles Nest samt Eiern, auf dem auch die Überreste eines erwachsenen Dinosauriers lagen. Das fossile Nest ist rund 70 Millionen Jahre alt und stammt damit aus der späten Kreidezeit.

Anhand der Knochen ermittelten die Forscher, das die Fossilien zu einem Raubdinosaurier aus der Gruppe der Oviraptorosaurier gehören. Von dem erwachsenen Exemplar dieser eher schmächtigen, aber wendigen Fleischfresser fehlt zwar der Schädel, aber der größte Teil des Skeletts ist in gekrümmter Haltung auf den Eiern liegend erhalten. Im Nest befinden sich mindestens 24 Eier, von denen einige zerbrochen sind.

Erwachsener gemeinsam mit ungeschlüpften Jungtieren

Das Besondere jedoch: In mindestens sieben der 24 Eier sind noch nicht geschlüpfte Embryos konserviert. „Dinosaurier auf ihrem Nest sind als Fossilien ebenso selten wie fossilisierte Dinosaurier-Embryos“, erklärt Bi. “ Dies ist das erste Mal, dass beides in einem einzigen, spektakulären Fund zusammenkommt: ein Dinosaurier, der auf seinem Nest mit erhaltenen Embryos im Ei sitzt.“

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Bei bisherigen Funden von adulten Dinosauriern auf Nestern waren die Eier meist zerstört oder leer. Daher war nicht klar, ob es sich bei dem erwachsenen Tier um ein Elternteil handelt oder aber um einen „Fremden“, der beim Ausräubern dieses Nests starb. Die Tatsache, dass der Oviraptorosaurier bei diesem Fund auf Eiern mit noch ungeschlüpften, aber teilweise schon weit entwickelten Jungtieren sitzt, spricht nach Ansicht der Forscher gegen dieses Szenario. Auch ein Tod beim Eierlegen sei angesichts der fortgeschrittenen Entwicklung der Jungtiere unwahrscheinlich.

Beleg für echtes Brutverhalten

Stattdessen gehen die Paläontologen davon aus, dass dieser Dinosaurier beim Brüten überrascht wurde und starb. „In unserem Fund waren die Jungtiere fast reif zum Schlüpfen. Das sagt uns ohne Zweifel, dass dieser Oviraptoride sein Gelege schon längere Zeit umsorgt hat“, sagt Koautor Matthew Lamanna vom Carnegie Museum of Natural History. „Dieser Dinosaurier war ein fürsorgliches Elternteil, das letztlich sein Leben gab, während es sich um den Nachwuchs kümmerte.“

Dieser Fund könnte damit belegen, dass diese Dinosaurier ein echtes Brutverhalten zeigten – wie ihre heutigen Nachfahren, die Vögel. Während Krokodile ihre Eier in Nester legen und diese auch bewachen, brüteten die Oviraptorosaurier ihre Eier auch selbst aus. „Diese Art von Entdeckung ist unter allen seltenen Dinosaurierfunden die seltenste – im Prinzip sehen wir hier fossilisiertes Verhalten“, sagt Lamanna.

Für ein echtes Brutverhalten spricht auch die nähere Analyse der fossilen Eier in diesem Gelege. Denn das Verhältnis der Sauerstoff-Isotope in den fossilen Embryos deutet darauf hin, dass sich diese Jungtiere nicht bei Umgebungstemperatur, sondern bei erhöhten Temperaturen von 30 bis 38 Grad entwickelt haben, wie die Paläontologen erklären. Auch das spricht für ein Bebrüten der Eier.

Asynchrones Schlüpfen

Ungewöhnlich ist jedoch eine weitere Entdeckung: Die Embryos in den Dinosaurier-Eiern befinden sich in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Das deutet daraufhin, dass sie nicht zur gleichen Zeit geschlüpft wären. Bei modernen Vögeln ist dieses asynchrone Schlüpfen eine nur in wenigen Vogelgruppen vorkommende Ausnahme – möglicherweise in Anpassung an spezielle Lebensbedingungen. Als ursprünglich gilt dagegen das synchrone Schlüpfen der Küken.

„Die Entdeckung des asynchronen Schlüpfens bei Oviraptorosauriern ist angesichts des späten Auftretens dieses Merkmals bei Vögeln unerwartet“, konstatieren Bi und sein Team. „Offenbar hat sich dieses Merkmal unabhängig voneinander bei einigen fortgeschrittenen Vögeln sowie bei den Oviraptorosauriern und möglicherweise noch anderen Dinosauriergruppen entwickelt.“

„Es ist unglaublich, wie viel biologische Information in nur diesem einen Fossil steckt“, sagt Koautor Xing Xu von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften. „Wir werden in den nächsten Jahren noch einiges von diesem Exemplar lernen können.“ (Science Bulletin, 2020; doi: 10.1016/j.scib.2020.12.018)

Quelle: Science China Press

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