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Mikrobiologie

Antibiotika in Nutztieren schufen gefährlichen MRSA-Keim

Multiresistenter Erregerstamm wechselte vom Menschen auf Tiere und zurück

Staphylococcus aureus Bakterien unter 10.000facher Vergrößerung im Rasterelektronenmikroskop; ihnen ist äußerlich nicht anzusehen, ob sie zu den multiresistenten Stämmen gehören oder nicht. © CDC/ Matthew J. Arduino, DRPH

Mindestens ein Stamm des gefährlichen multiresistenten Keims Staphylococcus aureus (MRSA) ist durch Antibiotika in der Tierhaltung entstanden. Das hat ein internationales Forscherteam herausgefunden. Die sogenannte CC398-Variante des Bakteriums sprang vom Menschen auf Nutztiere über und wurde erst dort resistent gegen verschiedene Antibiotika. Nun infiziert dieser multirestente MRSA-Stamm wieder Menschen – mit teilweise tödlichen Folgen. Der Erreger sei inzwischen sowohl in den USA als auch in Europa verbreitet, wie die Forscher im Fachmagazin „mBio“ berichten.

„Die Rekonstruktion der Entwicklung des MRSA-Stamms CC398 war so ähnlich, als würde ich einem Superkeim bei der Geburt zusehen – faszinierend und beunruhigend zugleich“, sagt Erstautor Lance Price vom Translational Genomics Research Institute in Flagstaff. Es sei nun klar, dass dieser gefährliche Krankheitserreger des Menschen erst in den Nutztieren seine Resistenzen erworben habe. Der MRSA-Stamm CC398 ist gegen Tetrazykline und Methicillin resistent, zwei wichtige in der Humanmedizin eingesetzte Antibiotikagruppen.

Die meisten Infektionen mit der CC398-Variante des Bakteriums Staphylococcus aureus ereigneten sich bisher bei Menschen, die regelmäßig mit Nutzvieh in Berührung kamen. Der Stamm sei in den USA aber auch bereits auf 47 Prozent der untersuchten Fleischproben aus dem Handel entdeckt worden, sagen die Forscher.

Leichtsinniger Umgang mit Antibiotika

„Wir können dafür weder die Natur noch die Bakterien verantwortlich machen“, betont Mitautor Paul Keim von der Northern Arizona University. Es sei allein unser leichtsinniger Umgang mit Antibiotika, der nun auf uns zurückfalle – und der auch bei anderen Bakterien zu solchen Resistenzen führen könne.

Nach Ansicht der Forscher unterstreichen ihre Ergebnisse, wie riskant der verbreitete Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung ist. „Staphylococcus gedeiht am besten dort, wo Lebewesen eng gedrängt und unter schlechten hygienischen Bedingungen leben. Gibt man dann noch man Antibiotika dazu, ist das Problem vorprogrammiert“, sagt Price.

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Gene von 88 Bakterienproben aus aller Welt analysiert

Für ihre Studie hatten die Forscher das Erbgut von 88 Staphylococcus aureus-Proben aus 19 Ländern und vier Kontinenten analysiert. Die Bakterien waren aus Menschen und verschiedensten Nutztieren, darunter Schweinen, Puten und Hühnern isoliert worden. Die Analyse ermöglichte es den Wissenschaftlern, die Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den Stämmen zu rekonstruieren. Dabei konnten sie feststellen, wann und wo das ursprünglich gegenüber Antibiotika empfindliche Bakterium seine Resistenzen entwickelte.

Die kugelförmigen Bakterien der Art Staphylococcus aureus sind normalerweise relativ unschädlich, sie finden sich auf Haut und Schleimhäuten von rund einem Drittel aller Menschen. Bei Schwerkranken oder Immungeschwächten können diese Keime jedoch schwere Infektionen und Blutvergiftungen auslösen, wenn sie über Wunden in das Blut gelangen und sich im Körper ausbreiten. Sind die Keime dann resistent gegenüber gängigen Antibiotika, kann dies für die Betroffenen den Tod bedeuten. (mBio, 2012)

(mBio / dapd, 22.02.2012 – NPO)

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