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Technik

Ein Beschleuniger im Nanomaßstab

Laserpulse und winzige Siliziumsäulen bringen Elektronen auf Touren

Nanophotonischer Teilchenbeschleuniger
In diesem Balken verbirgt sich ein nanophotonischer Teilchenbeschleuniger für Elektronen. Sein Beschleunigerkanal ist nur 500 Mikrometer lang. © FAU/ Julian Litzel

Winzig, aber oho: In diesem kleinen Balken verbirgt sich ein Teilchenbeschleuniger im Miniaturformat. Er bringt Elektronen auf Touren, in dem er sie mithilfe von Laserpulsen zwischen Paaren von Nanosäulchen aus Silizium vorantreibt. Der Beschleunigerkanal dafür ist nur 225 Nanometer breit und 500 Mikrometer lang. Das ganze Ensemble dieses nanophotonischen Elektronenbeschleunigers passt auf einen Chip.

Klassische Teilchenbeschleuniger wie der Large Hadron Collider (LHC) am Forschungszentrum CERN benötigen kilometerlange Ringe, um Teilchen mithilfe von supraleitenden Magneten bis auf knapp Lichtgeschwindigkeit zu bringen. Doch es geht auch kleiner: Nutzt man Terahertz- oder Laserstrahlen als Antrieb, lassen sich Beschleuniger für Elektronen auf die Größe einer Schuhschachtel oder sogar einer Streichholzschachtel schrumpfen. Anfang 2020 gelang es einem Physikerteam sogar, erstmals einen Elektronenbeschleuniger in Chipgröße zu konstruieren.

Siliziumsäulchen und Laserpulse

Jetzt ist einem Team um Tomáš Chlouba von der Universität Erlangen-Nürnberg der nächste Schritt der Miniaturisierung gelungen: Sie haben einen nanophotonischen Beschleuniger für Elektronen entwickelt, der nur 0,5 Millimeter lang und 225 Nanometer breit ist. Möglich wird dies dank der Methode der alternierenden Phasenfokussierung (APF). Dabei wird der Elektronenstrahl durch die wechselnden Phasen der treibenden Laserpulse abwechselnd fokussiert und defokussiert. Das bewirkt die Beschleunigung der Elektronen und hält sie gleichzeitig auf Kurs, wie das Team erklärt.

Konkret besteht der nanophotonische Beschleuniger aus einer Doppelreihe von hunderten, jeweils rund zwei Mikrometer hohen Siliziumsäulchen. Diese werden von ultrakurzen Laserpulsen eines Infrarotlasers angestrahlt und erzeugen dadurch zwischen sich ein optisches Feld. Dann wird der Elektronenstrahl in diesen Säulenkanal eingespeist. Die Interaktion der Laserpulse und des optischen Feldes mit den durch den Kanal strömenden Elektronen führt dazu, dass diese jeweils zwischen den Säulen leicht nach außen abgelenkt und beschleunigt werden, dann aber wieder zwischen zwei Säulen eingefangen und fokussiert werden.

Elektronenenergie fast verdoppelt

Dieser ständige Wechsel aus Fokussierung und Defokussierung bewirkt eine Beschleunigung der Elektronen. In ersten Tests erhöhte sich die Energie und damit das Tempo der eingespeisten Elektronen im nur 500 Mikrometer langen Beschleunigerkanal von 28,4 Kiloelektronenvolt auf 40,7 Kiloelektronenvolt. „Das repräsentiert den substanziellen Energiegewinn von 43 Prozent“, berichte die Physiker. „Wichtig ist auch, dass sich die Zahl der Elektronen bei dieser Beschleunigung kaum verändert.“

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Noch ist die Beschleunigung und Elektronenmenge zwar für die meisten Anwendungen zu gering. Das Team arbeitet aber bereits daran, den Energie- und Elektronenstromgewinn so weit zu steigern, dass der Teilchenbeschleuniger auf einem Chip für Anwendungen in der Medizin ausreicht. „Die Traumanwendung wäre, einen Teilchenbeschleuniger auf einem Endoskop zu platzieren, um eine Strahlentherapie direkt an der betroffenen Stelle im Körper durchführen zu können“, sagt Chlouba.

Für eine solche Anwendung müsste die Energie des Nanobeschleunigers allerdings um etwa das Hundertfache erhöht werden. Doch Ideen für eine Umsetzung haben die Physiker bereits: „Um höhere Elektronenströme bei höheren Energien am Ausgang des Kanals zu erreichen, müssen wir die Strukturen erweitern oder mehrere Kanäle nebeneinander legen“, erklärt Chlouba. (Nature, 2023; doi: 10.1038/s41586-023-06602-7)

Quelle: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)

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