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Geowissen

Tiefseeroboter enträtselt Unterwasserberg

Unterwasserfahrzeug „ABYSS“ liefert neue Erkenntnisse über das Aufbrechen eines Kontinents

Das AUV ABYSS des IFM-GEOMAR wird vom Forschungsschiff SONNE aus ins Wasser gelassen. Mit seinen hochpräzisen Sensoren ermöglicht es neue Blicke auf den Meeresboden. © AUV-Team, IFM-GEOMAR

Die erfolgreiche Suche nach dem Wrack des 2009 abgestürzten Air France Airbus im Atlantik hat „ABYSS“ bekannt gemacht. Doch nun sorgte das Autonome Unterwasserfahrzeug auch in seinem Spezialgebiet für Furore. Mithilfe von ABYSS ist eine erste hochpräzise Karte vom Meeresboden am Moresby Seamount im Ostpazifik erstellt worden, die wichtige neue Erkenntnisse über das Aufbrechen eines Kontinents geliefert hat. Die Resultate ihrer neuen Studie stellen Kieler und Bonner Geologen jetzt in der Fachzeitschrift „Geology“ vor.

Auf den ersten Blick sieht die Karte unspektakulär aus. Sie zeigt einen 30 Grad steilen Berghang mit einigen glatten Flächen, dazwischen aber auch rauere Passagen und Abbruchkanten. Das Besondere ist jedoch, dass der Gipfel des Berges 110 Meter unter der Wasseroberfläche des Woodlark Beckens im Ostpazifik liegt. Der Fuß des Moresby Seamounts, so der Name des Berges, befindet sich sogar in über 2.800 Metern Tiefe. Bisher existierten von ihm nur Karten, die seine Hänge als völlig gleichförmige, unstrukturierte Flächen zeigten.

Vermessung bisher nur von Schiffen aus

„Früher konnte der Seamount nur von Schiffen aus vermessen werden, deren Echolotsysteme eine Auflösung von höchstens 25 mal 25 Metern erlauben“, erklärt der Geologe Romed Speckbacher vom Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR). Die neue Karte des Moresby Seamounts von Speckbacher und seinen Kollegen dagegen ist so hoch aufgelöst, dass sogar Strukturen von nur zwei mal zwei Metern Größe sichtbar werden. Die Vermessung hat ABYSS während einer Expedition mit dem deutschen Forschungsschiff „Sonne“ im Herbst 2009 durchgeführt. „Es ist, als ob wir uns an den Meeresboden herangezoomt hätten“, sagt Speckbacher.

Moresby Seamount Abschiebung © Romed Speckbacher

Spuren der tektonischen Kräfte entdeckt

Dank der deutlich höheren Auflösung im Vergleich zu früheren Karten, konnten die Geologen spannende Details erkennen, die ihnen bislang verborgen geblieben waren. Bekannt war, dass am Nordhang des Moresby Seamount eine geologische Störung liegt – die sogenannte „Moresby Seamount Abschiebung“. Die gute Auflösung der neuen Karte zeigt nun erstmals die Spuren der tektonischen Kräfte entlang der Abschiebung.

Die Wissenschaftler entdeckten außerdem eine zweite Störung, die schräg dazu verläuft: „Beide Störungen sind derzeit aktiv“, berichtet Speckbacher, „und eine Änderung der Plattentektonik im Woodlark Becken führt dazu, dass die neu entdeckte Störung in Zukunft eine wichtigere Rolle als die bereits bekannte Abschiebung einnehmen wird.“

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Kontinentaler Grabenbruch

Im Woodlark Becken bricht die Erdkruste langsam, aber unaufhörlich, Richtung Westen auf. Man spricht dabei von einem kontinentalen Grabenbruch. An der entstehenden Lücke bildet heißes Material aus dem Erdmantel basaltische Schmelze, die zu neuer ozeanischer Kruste erstarrt.

„Die neu entdeckte Störung am Moresby Seamount passt zu der Spreizungsachse dieses Grabenbruchs. Unsere Daten zeigen, dass in geologisch naher Zukunft der Grabenbruch des Woodlark Beckens auch den Nordhang des Moresby Seamount aufreißen und sich entlang der neuen Störung in Richtung Papua Neuguinea fortsetzen wird“, erklärt Professor Jan Behrmann, Co-Autor der aktuellen Studie.

Wasser als Schmierfilm

Doch das AUV ABYSS hat den Meeresboden nicht nur kartiert, sondern auch ungewöhnliche Temperaturschwankungen und Wassertrübungen am Meeresboden gemessen. „Wir gehen davon aus, dass unter Druck stehendes Wasser in der Erdkruste wie ein Schmierfilm zwischen den Gesteinsschichten wirkt und die Bewegungen der Störungen erst ermöglichen. An einigen Bereichen der Moresby Seamount Abschiebung treten diese Wässer aus dem Meeresboden aus – diese Stellen hat ABYSS entdeckt“, erklärt Speckbacher.

Der Tauchgang des AUV, bei dem all diese Daten erhoben wurden, war mit über 20 Stunden der längste, den das Gerät bis dahin vollbracht hatte. „Eine besondere Herausforderung war, ABYSS so zu programmieren, dass es den abfallenden Hang mit gleich bleibender Präzision vermessen konnte“, erinnert sich Klas Lackschewitz, der das AUV-Team am IFM-GEOMAR leitet. Das Ergebnis lohnte die Mühen: „Dank des AUV sind wir in der Lage, neue Welten zu entdecken und auf spektakuläre Art strukturgeologische Feldarbeit in der Tiefsee zu betreiben“, betont Speckbacher. (Geology, 2011; doi:10.1130/G31931.1)

(Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, 04.07.2011 – DLO)

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