Es ist eine Katastrophe mit Ansage: Schon 2011 haben Astronomen entdeckt, dass sich eine Gaswolke direkt auf das massereiche Schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße zubewegt. Damals sagten die Forscher voraus, dass die Wolke dabei zwar nicht komplett verschluckt, wohl aber zerrissen wird. Und genau das haben Forscher jetzt beobachtet.
Wie bei den meisten Galaxien sitzt auch im Herzen unserer Milchstraße ein supermassereiches Schwarzes Loch. Sagittarius-A*, so sein offizieller Name, hat eine Masse von etwa vier Millionen Sonnenmassen und eine entsprechend gewaltige Anziehungskraft. Was passiert, wenn Materie diesem Gravitationsmonster nahe kommt, können Astronomen an diesem lokalen Beispiel daher bestens beobachten. Kein Wunder also, dass Astronomen weltweit mit großer Aufmerksamkeit die gerade stattfindende Hochphase der einzigartigen kosmischen Begegnung verfolgen.
Vorderende hat das Loch bereits passiert
Die neuen Beobachtungen gelangen Reinhard Genzel und Stefan Gillessen vom Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik in Garching gemeinsam mit Kollegen mit Hilfe des Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile. Die Aufnahmen zeigen, dass die Wolke mittlerweile so stark auseinandergezogen wurde, dass ihr vorderer Teil den Punkt der größten Annäherung an das Schwarze Loch passiert hat.
„Wir sehen derzeit den vorderen Teil der Wolke schon wieder auf uns zukommen – und das mit einer Bahngeschwindigkeit von mehr als zehn Millionen Kilometern pro Stunde, also etwa einem Prozent der Lichtgeschwindigkeit“, sagt Genzel. Der hintere Teil der Wolke stürzt dagegen weiterhin auf das Schwarze Loch zu.
Lang ausgezogen wie eine Spaghetti
„Der minimale Abstand beträgt nur 25 Milliarden Kilometer – die Wolke schafft es damit gerade eben noch so, nicht direkt in das Schwarze Loch hineinzufallen“, erläutert Gillessen. „Man kann genau sehen, wie die Wolke regelrecht zu Spaghetti wird.“ Die Wolke werde so langgestreckt, dass ihre Begegnung mit dem Schwarzen Loch nicht einfach nur ein kurzes Ereignis ist, sondern ein langwieriger Prozess, der mindestens ein Jahr lang andauern werde.
Der Ursprung der Gaswolke ist nach wie vor ungeklärt. Es könnte sein, dass sie aus stellaren Winden der Sterne entstanden ist, die das Schwarze Loch umkreisen. Eine weitere mögliche Quelle wäre ein Jet aus dem galaktischen Zentrum oder ein Stern im Zentrum der Wolke selber. In diesem Fall würde das Gas entweder aus dem Wind des Sterns oder aus einer planetenbildenden Gas- und Staubscheibe um den Stern stammen. Die neuen Beobachtungen sollen nun auch dazu beitragen, diese Möglichkeiten einzugrenzen.
(MPI für Extraterrestrische Physik / ESO, 18.07.2013 – MVI/NPO)