Weiße Schleier mit weitreichender Wirkung: Kondensstreifen von Flugzeugen könnten einen bisher kaum beachteten Einfluss auf das Klima haben – und zwar einen positiven. Wie Forscher im Fachmagazin „Nature Communications“ berichten, erhöht sich in Anwesenheit der Streifen der Anteil der Sonnenstrahlung, den bestimmte Wolken reflektieren können, signifikant. Das verstärkt ihre kühlende Wirkung für die Erde.
Wolken spielen für das Klima eine bedeutende Rolle. Je nach Beschaffenheit und Höhe reflektieren sie einen nicht unerheblichen Teil der einfallenden Sonnenstrahlung– und wirken damit tagsüber als kühlender Schirm für die Erde. Andererseits beeinflussen Wolken, wie viel Wärmestrahlung die Erde zurück ins All senden kann. Sie haben demnach auch einen Treibhauseffekt.
Ob die luftigen Gebilde aus feinsten Wassertröpfchen oder Eiskristallen im Netto-Ergebnis das Klima eher erwärmen oder abkühlen, hängt vor allem von ihrer sogenannten optischen Dicke ab. Je dicker und heller eine Wolke ist, desto mehr Sonnenlicht reflektiert sie – und ausgerechnet Flugzeuge können diese kühlende Wirkung offenbar positiv beeinflussen, sagen Wissenschaftler um Matthias Tesche von der Universität Stockholm.
Viele Flugzeuge gleich hellere Wolken
Die Forscher haben untersucht, wie sich durch Flugverkehr entstandene Kondensstreifen auf Cirruswolken in der Atmosphäre auswirken. Mithilfe aufwendiger Laserverfahren und Satellitenbeobachtungen analysierten sie dafür die Eigenschaften dieser in großen Höhen vorkommenden Eiswolken. Dabei verglichen sie Wolken im Bereich der viel frequentierten Flugrouten zwischen der Westküste der USA und Hawaii mit Wolken außerhalb dieser Routen.
Die Ergebnisse zeigten: Dort, wo viele Flugzeuge unterwegs waren, hatten Cirruswolken eine signifikant größere optische Dicke. Sprich: Sie waren heller und hatten mehr Rückstrahlkraft als Wolken jenseits der großen Flugaufkommen. Im Schnitt erhöhte sich ihre Fähigkeit, Sonnenlicht zu reflektieren, dabei um beachtliche 22 Prozent.
Wie kommt das Phänomen zustande?
Wie genau dieser Effekt zustande kommt, darüber können Tesche und seine Kollegen bislang allerdings nur spekulieren. In einem wolkenlosen Himmel haben die Kondensstreifen selbst nämlich einen eher geringen Effekt auf das Klima. Womöglich könnten jedoch kleinste Rußpartikel, die die Flugzeuge gemeinsam mit dem Wolkendampf emittieren, eine Erklärung liefern. Sie könnten als Kondensationskeime fungieren, die das Wachstum der Wolken anregen.
Um die Mechanismen hinter diesem Phänomen zu verstehen, sind den Forschern zufolge jedoch weitere Studien nötig. Eines scheint ihrer Ansicht nach aber sicher: „Abgesehen von den schädlichen CO2-Emissionen hat der Flugverkehr wahrscheinlich einen weiteren wichtigen Einfluss auf das Klima“, schreiben sie. Diesen durch die Kondensstreifen geleisteten Beitrag gelte es in Zukunft genauer zu betrachten. (Nature Communications, 2016; doi: 10.1038/ncomms12016)
(Stockholm University, 22.06.2016 – DAL)