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Neurologie

Kreuzworträtsel verlangsamen Gedächtnisverlust

Rätsel halten mental sogar fitter als spezielle Hirnjogging-Videospiele

Kreuzworträtsel
Kreuzworträtsel können den Verlauf einer Demenz-Erkrankung verlangsamen. © Columbia University

Hirnjogging auf die klassische Art: Gegen den geistigen Abbau im Alter helfen nicht nur spezielle Gedächtnis-Trainings und Hirnjogging-Apps – auch das gute alte Kreuzworträtsel kann einer Demenz vorbeugen, wie Forschende herausgefunden haben. Das Hirn der rätselnden Studienteilnehmer schrumpfte sogar weniger als bei jenen, die stattdessen spezielle Computerspiele zur Demenz-Prävention nutzten.

Die Gedächtnisleistung unseres Gehirns nimmt von Natur aus mit dem Alter ab. Ältere Menschen können sich nicht mehr so gut an Einzelheiten erinnern und auch schlechter Neues behalten. In manchen Fällen hat eine solche Altersvergesslichkeit das Potenzial, sich zu einer Demenz-Erkrankung wie Alzheimer zu entwickeln. Das Gehirn von Demenz-Patienten degeneriert sehr schnell. Sie haben irgendwann Probleme beim Sprechen, verlieren motorische Fähigkeiten und vergessen mitunter nahestehende Menschen.

Zwölf Wochen rätseln oder „zocken“

Doch jetzt zeigt sich, dass der Verlauf einer Demenz sowohl in frühen als auch in späteren Stadien durch ein simples Gehirnjogging zumindest verlangsamt werden kann: Kreuzworträtsel. Ein Team um Davangere Devanand von der Columbia University in New York hat untersucht, wie ältere Menschen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung den geistigen Abbau verlangsamen können. Die Forschenden unterteilten dafür ihre im Schnitt 71 Jahre alten Studienteilnehmer in zwei Gruppen.

Eine Gruppe löste zwölf Wochen lang intensiv Kreuzworträtsel im Internet, die andere Gruppe spielte speziell für das kognitive Training ausgelegte Videospiele. In diesen bearbeiteten sie Aufgaben, die zum Beispiel ihr Gedächtnis, ihre Zuordnungsfähigkeiten oder Verarbeitungsgeschwindigkeit forderten. Nach Ablauf der drei Monate gab es immer wieder Auffrischungssitzungen, womit die Studie insgesamt über 78 Wochen lief.

Währenddessen überprüfte das Forschungsteam mehrmals die kognitiven Fähigkeiten der „Gamer“ und Knobler. Dafür nutzte es die sogenannte ADAS-Cog, eine spezielle 70-Punkte-Skala, die angibt, wie stark eine Person kognitiv beeinträchtigt ist. Aber auch körperliche Untersuchungen fanden statt, darunter Magnetresonanztomografien (MRT), in denen das Volumen des Hippocampus bestimmt wurde. Diese Hirnregion ist vor allem für das Gedächtnis und das Lernen zuständig.

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Kreuzworträtsel effektiver als Computerspiele

Devanand und seine Kollegen fanden heraus: Das Rätseln hatte sich deutlich besser auf die kognitiven Fähigkeiten der Teilnehmer ausgewirkt als das Spielen von Videospielen. Die „Gamer“ verschlechterten sich in ihrem ADAS-Cog-Wert um durchschnittlich 0,4 Punkte, während die Knobler sich um fast einen Punkt verbesserten. Bei ihnen nahm auch das Volumen des Hippocampus weniger ab als in der Videospiel-Gruppe.

30 Prozent der Knobler konnten ihre kognitiven Fähigkeiten sogar so stark verbessern, dass ihnen wieder eine normale Kognition und keine kognitive Beeinträchtigung mehr attestiert wurde. Bei der Videospielgruppe ging es 23,5 Prozent der Testpersonen so. Doch es gab auch Ausnahmen: Bei etwa jedem zehnten Knobler und jedem sechsten Spieler entwickelten sich die kognitiven Einschränkungen im Studienverlauf zu einer Demenz.

Ob Kreuzworträtsel oder Videospiele besser bei der Demenz-Vorbeugung halfen, hing den Auswertungen zufolge auch damit zusammen, wie weit vorangeschritten die Beeinträchtigung der Studienteilnehmer bereits war. In einem früheren Stadium des geistigen Abbaus waren beide Methoden noch gleich wirksam. Erst beim weiteren Voranschreiten einer Demenz waren Kreuzworträtsel eine bessere Degenerations-Bremse als Videospiele, wie das Team feststellte.

Vertrautheit entscheidend

Welches Training am besten bei der Demenz-Verlangsamung hilft, könnte laut Forschenden auch damit zusammenhängen, was den Personen persönlich vertrauter ist: „Es ist möglich, dass Spiele bei kognitiv intakten Personen besser wirken, insbesondere bei jungen Erwachsenen, die mit Spielen vertraut sind, aber dass die weniger technischen Kreuzworträtsel bei kognitiv eingeschränkten älteren Personen überlegen sein könnten.“

Obwohl die Ergebnisse ermutigend seien, müsse das Ergebnis noch in einer weiteren Studie überprüft werden, betonen die Autoren. Diese müsse größer angelegt sein und vor allem eine Kontrollgruppe, die sich weder mit Kreuzworträtseln noch mit Videospielen beschäftigt, beinhalten. „Wenn diese Effekte in zukünftigen Studien wiederholt und erweitert werden, könnte das Kreuzworträtseltraining zu einem skalierbaren, häuslichen Instrument zur Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten werden“, so Devanand und Kollegen. (NEJM Evidence, 2022, doi: 10.1056/EVIDoa2200121)

Quelle: Columbia University Irving Medical Center

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