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Medizin

China: Wie gefährlich ist das neue Coronavirus?

Virus breitet sich aus, neue Hinweise auf Übertragbarkeit von Mensch zu Mensch

Coronavirus
Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Coronavirus. Ein neues Virus aus dieser Gruppe löst zurzeit in China eine Epidemie aus. © NIAID

Rapide Ausbreitung: Seit Ende Dezember grassiert in der chinesischen Stadt Wuhan ein neues Coronavirus, das Atemwegssymptome und Lungenentzündungen auslöst. Seither sind dort mehr als 200 Menschen erkrankt, vier Patienten sind gestorben. Auch in anderen Regionen Chinas, in Thailand, Japan und Korea gibt es erste Fälle. Weil am 25. Januar das chinesische Neujahr beginnt und Millionen Chinesen zu ihren Familien reisen, wächst die Sorge einer weiteren Ausbreitung.

Die neue Epidemie hat ganz ähnlich begonnen wie im Jahr 2002 die SARS-Pandemie: In der chinesischen Millionenstadt Wuhan erkrankten Ende Dezember 2019 auffällig viele Menschen an einer grippeähnlichen Erkrankung, teils kam es auch zu schweren Lungenentzündungen. Doch es war kein gängiger Erreger nachzuweisen.

Infektionsherd Wuhan

Am 7. Januar 2020 dann gaben chinesische Gesundheitsbehörden bekannt, dass ein neuartiges Coronavirus für die Erkrankungen verantwortlich ist – ein entfernter Verwandter von SARS und dem 2012 im Nahen Osten aufgetretenen MERS-Coronavirus. Coronaviren kommen bei verschiedensten Wirbeltieren vor. Sie gelten als genetisch hochvariabel und können die Artbarriere zwischen verschiedenen Tierarten und auch zum Menschen relativ leicht überspringen.

Im Falle des neuen, 2019-nCoV getauften Coronavirus vermuten Mediziner, dass dieser Artsprung zum Menschen auf dem Markt von Wuhan stattgefunden hat. Dort werden unter anderem Meeresfrüchte, Fisch und auch lebendes Geflügel verkauft. Unter den ersten Patienten waren vorwiegend Besucher dieses Marktes. Inzwischen ist der Markt von Wuhan geschlossen, doch noch immer breitet sich das Coronavirus in Wuhan und darüber hinaus aus.

Ausbreitung geht weiter, Dunkelziffer hoch

Allein am letzten Wochenende meldeten die chinesischen Behörden mehr als 130 neue Fälle. Inzwischen sind knapp 220 Menschen erkrankt, vier Patienten sind an dem Coronavirus gestorben. Erste Fälle gibt es auch schon außerhalb Wuhans – fünf in Peking, 14 in der Provinz Guangdong, einer in Schanghai. Auch aus Thailand, Japan und Südkorea wurden einzelne Patienten mit dem neuen Coronavirus gemeldet.

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Mediziner gehen davon aus, dass die Dunkelziffer der Betroffenen hoch sein könnte: „Die oft nur milden Symptome dieses Coronavirus und die Möglichkeit, dass Menschen infiziert und trotzdem symptomlos sein können, maskiert möglicherweise die wahre Anzahl der bereits Infizierten“, mutmaßt Jeremy Farrar vom britischen Wellcome Trust. Denn das Virus kann zwar schwere, teils tödliche Lungenentzündungen verursachen, führt aber in vielen Fällen nur zu Symptomen, die einer Erkältung oder Grippe ähneln.

Von Mensch zu Mensch übertragbar

Inzwischen mehren sich die Hinweise darauf, dass das neue Coronavirus auch direkt von Mensch zu Mensch übertragbar ist – ähnlich wie schon bei anderen ursprünglich von Tieren stammenden Coronaviren. So sind in Wuhan mehrere Krankenhausangestellte erkrankt, die in engem Kontakt mit Coronapatienten waren. Auch in Guangdong sollen sich zwei Patienten bei erkrankten Angehörigen angesteckt haben.

„Noch sind die Daten begrenzt, aber es erscheint wahrscheinlich, dass sich das Wuhan-Coronavirus durch den Kontakt mit infizierten Personen überträgt – durch Tröpfcheninfektion beim Husten oder Niesen oder andere Sekrete“, erklärt Nathalie MacDermott vom King’s College London. „Das ist ähnlich wie der Übertragungsweg beim Influenzavirus.“

Droht eine Pandemie?

Droht dadurch womöglich eine weltweite Ausbreitung des neuen Virus – eine Pandemie? Ursprünglich hatten sowohl die WHO als auch die europäische Seuchenbehörde ECDC das Risiko für eine Ausbreitung innerhalb der EU oder den USA als gering eingestuft. Angesichts der aktuellen Hinweise auf eine direkte Mensch-zu-Mensch-Übertragung muss dies aber möglicherweise revidiert werden. Die WHO hat dazu bereits für Mittwoch, 22. Januar, einen Notfallausschuss einberufen.

„Wir sind besorgter als wir es noch vor einigen Tagen waren“, kommentiert auch Mike Turner, wissenschaftlicher Leiter beim Wellcome Trust die jüngsten Entwicklungen. „Denn eine der Konsequenzen einer immer enger verbundenen Welt ist auch, dass Epidemien sich weit schneller international ausbreiten können als es noch vor 50 Jahren der Fall war.“

Ein hohes Risiko dafür besteht möglicherweise ab dem nächsten Wochenende. Denn am 25. Januar beginnt das chinesische Neujahrsfest, zu dem traditionell Millionen Chinesen zu ihren Familien reisen. „Wuhan ist ein wichtiger Knotenpunkt und mit dem starken Reiseverkehr zu den kommenden Neujahrsfeierlichkeiten muss die Sorge groß bleiben“, sagt Farrar. „Von dieser Epidemie ist noch einiges zu erwarten.“

Gefahr auch für Europa?

Bei uns in Europa besteht allerdings noch kein Grund zur Sorge: Sowohl das ECDC als auch das Robert Koch-Institut schätzen momentan das Risiko für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland als sehr gering ein. Bisher gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass das Virus schon nach Europa gelangt ist. Selbst bei der SARS-Pandemie vor acht Jahren gab es in Europa nur wenige Fälle und nur einen Todesfall. In Deutschland waren damals neun Patienten erkrankt, keiner von ihnen starb.

Quellen: WHO, Robert-Koch-Institut, Science Media Center

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