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Medizin

Dromedare vielleicht Überträger für MERS- Coronavirus

Erster Hinweis auf Ansteckungsweg der gefährlichen Virusinfektion gefunden

Dromedar: Ein Reservoir für lebensgefährliche Viren? © Ltshears / CC-by-sa 3.0

Im Mittleren Osten grassiert seit rund einen Jahr eine lebensgefährliche Viruskrankheit. Doch bisher ist unklar, wie sich die betroffenen Menschen angesteckt haben. Jetzt hat ein internationales Forscherteam einen Hinweis gefunden: Getestete Dromedare im Oman trugen Antikörper gegen den Erreger, das sogenannte MERS-Coronavirus, im Blut. Noch ist aber nicht ausgeschlossen, dass auch andere Nutztiere als Überträger in Frage kommen, so die Forscher in der Zeitschrift „The Lancet Infectious Diseases“.

Das MERS-Coronavirus wurde erstmals 2012 in Patienten mit einer schweren Atemwegsinfektion identifiziert. Das Kürzel steht für „Middle East Respiratory Syndrom“, da alle bisherigen Fälle einen Bezug zum Mittleren Osten hatten. Bislang wurden der Weltgesundheitsorganisation WHO 91 Erkrankungen gemeldet, 46 davon mit tödlichem Ausgang. Die Dunkelziffer ist aber vermutlich höher: Experten gehen davon aus, dass es eine Vielzahl unentdeckter Fälle gibt und mehr als 1.000 Menschen betroffen sein könnten.

Da über die Ansteckungswege noch Unklarheit herrschte, machte sich ein Forscherteam auf die Suche nach den Infektionsquellen. Doch wo sollten sie beginnen? Was gibt es im Mittleren Osten Besonderes? Die Idee: Dromedare sind dort weit verbreitet und sehr bedeutend, denn sie transportieren schwere Lasten und dienen als Milch- und Fleischlieferanten. In Wettbewerben eingesetzte Renn-Dromedare können Millionenerlöse erzielen. MERS-infizierte Tiere könnten durch ihren engen Kontakt zum Menschen zumindest für einen Teil der menschlichen Erkrankungen verantwortlich sein. Es kommen aber durchaus auch Ziegen und andere Nutztiere als Überträger in Betracht.

Die Virologen nahmen also 50 Proben von Dromedaren aus verschiedenen Herkunftsgebieten im Oman unter die molekularbiologische Lupe. Das Sultanat gilt als MERS-Risikogebiet, auch wenn hier bislang noch keine menschlichen Infektionen nachgewiesen wurden. Zusätzlich untersuchten die Forscher zum Vergleich auch 105 Dromedarproben von den Kanarischen Inseln, sowie 160 Blutproben von Rindern, Schafen und Ziegen aus den Niederlanden, Spanien und Chile – also den Heimatländern der Wissenschaftler.

Antikörper im Blut der Dromedare

Bei ihren Analysen fanden die Wissenschaftler im Blut sämtlicher getesteter Dromedare aus dem Oman Antikörper gegen das MERS-Virus. Das Immunsystem bildet Antikörper, wenn es mit Krankheitserregern in Kontakt kommt. Die getesteten Dromedare scheinen also eine MERS-Virusinfektion durchlaufen zu haben. Die hohen Antikörperkonzentrationen sprechen zudem für eine relativ frische Ansteckung. Die Forscher konnten das Virus selbst allerdings nicht nachweisen. „Für unsere Tests standen größtenteils nur Blutproben zur Verfügung“, bedauert Marcel Müller vom Institut für Virologie der Universität Bonn. „Coronaviren befinden sich jedoch vor allem in Atemwegssekreten und im Kot.“

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In 15 der 105 Höckertiere von den Kanarischen Inseln wiesen die Wissenschaftler ebenfalls MERS-Antikörper nach, allerdings in sehr geringen Konzentrationen. Nicht fündig dagegen wurden die Virologen in den 160 Blutproben der Rinder, Schafe und Ziegen. „In nächster Zeit sollten dringend umfangreiche Untersuchungen an Nutztieren aus der Region stattfinden. Um weitere mögliche Infektionsquellen zu finden, benötigen wir unbedingt mehr Proben“, appelliert Müller an die betroffenen Länder. Nur so sei es möglich, den genauen Übertragungsweg des Virus zu klären.

Fledermäuse als Virenquelle

Als eigentliches Virenreservoir vermuten die Wissenschaftler derzeit Fledermäuse. Die Dromedare seien mit großer Wahrscheinlichkeit nur ein Zwischenwirt. Bisherige Erbgutanalysen sprechen dafür, dass der MERS-Erreger nahe mit zahlreichen anderen Fledermausviren verwandt ist. Dass sich Menschen direkt bei Fledermäusen anstecken, hält Müller aber für unwahrscheinlich, da direkte Kontakte eher selten sind.

Relativ klein ist momentan auch das Risiko einer Übertragung von Mensch zu Mensch. Die WHO schätzt den so genannten R0-Wert auf 1 oder geringer, d.h. ein Patient steckt im Schnitt maximal eine weitere Person an. Ein Schneeballeffekt mit einer explosionsartigen Zunahme von Krankheitsfällen kann so also nicht entstehen. Das könnte sich allerdings ändern, wenn der Erreger mutiert.

(Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 09.08.2013 – SEN)

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