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Neurobiologie

Neue Handwerker fürs Gehirn

Forscher wollen Abwehrzellen im Gehirn ersetzen

Berliner Wissenschaftler sind jetzt einem Mechanismus auf die Spur gekommen, mit dessen Hilfe künftig Abwehrzellen im Gehirn durch neue ersetzt werden könnten.

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Es geht um die so genannten Mikroglia-Zellen. Sie entstehen aus dem Knochenmark und siedeln sich bei der Geburt im Gehirn an. Dort bekämpfen sie Krankheitserreger und erkennen krankhafte Veränderungen des Gehirns, etwa bei Schlaganfall, Alzheimer oder Multipler Sklerose. Jahrzehntelang war man der Ansicht, dass diese Zellen unersetzbar sind.

Professor Josef Priller von der Charité-Universitätsmedizin Berlin hatte bereits vor sechs Jahren am Mausmodell nachgewiesen, dass die Mikroglia auch beim Erwachsenen neu gebildet und sogar gezielt an die geschädigte Stelle im Gehirn transportiert werden können. In einer neuen Studie in der Fachzeitschrift Nature Neuroscience zeigt er gemeinsam mit Kollegen aus Göttingen, Regensburg und Zürich, unter welchen Voraussetzungen das gelingen kann.

Bestrahlung löst Wanderung aus

„Es ist ein komplizierter Prozess, den wir jetzt zum ersten Mal an Mäusen besser beschreiben können“, erklärt Priller. Zunächst haben wir das Knochenmark und die restlichen Abwehrzellen einer Maus durch das Knochenmark einer anderen ersetzt. Es entsteht ein neues Blutbild und an diesem Punkt bilden sich auch wieder Monozyten, die Vorläuferzellen der Mikroglia.

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Diese wandern ins Gehirn und werden dort in neue Abwehrzellen umgewandelt. Um das zu erreichen, muss man allerdings den ganzen Körper des Empfängers, einschließlich des Gehirns, vorher bestrahlen.

Ergebnisse auf den Menschen übertragbar?

„Wenn man das Gehirn nicht bestrahlt, wandern die Monozyten dort nicht hin und es entstehen keine Mikroglia“, sagt Priller. Die Forscher wollen sich in ihrem nächsten Projekt unter anderem der Frage zuwenden, weshalb diese Bestrahlung so wichtig ist. Wenn sie den Vorgang vollständig analysiert haben, werden sie prüfen, ob die Ergebnisse des Tierversuchs auf den Menschen übertragbar sind.

Doch Priller denkt schon weiter: „Vielleicht braucht man eines Tages das fremde Knochenmark und die Bestrahlung gar nicht mehr“, meint er. Es könnte genügen, Zellen aus dem Blut des Patienten selbst zu isolieren, sie gentechnisch zu verändern und dann mit Hilfe spezieller Signalmoleküle zu veranlassen, im Gehirn mit der Reparatur des Schadens zu beginnen, den eine Alzheimer-Erkrankung oder ein Schlaganfall hinterlassen haben. „Das wäre für alle Erkrankungen des Gehirns von großer Bedeutung.“

(idw – Charité, 06.12.2007 – DLO)

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