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Botanik

Fossile Samen erklären Evolution der Blütenpflanzen

Röntgenbilder von fossilen Samen liefern wichtige Erkenntnisse

Schnitt durch einen fossilen Samen aus der frühen Kreidezeit. Die sehr komplexe innere Struktur des 120 Millionen alten Samenkorns wurde zerstörungsfrei mit der Phasenkontrast-Röntgenmikrotomografie an der TOMCAT-Strahllinie der SLS entschlüsselt (im Mikrometerbereich). © PSI

Die Entstehung der Blütenpflanzen gilt noch immer als großes Rätsel. Ein internationales Forscherteam hat nun in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Nature“ neue Erkenntnisse über die frühe Evolution der heute artenreichsten Pflanzengruppe auf der Erde vorgelegt. Anhand von fossilen Pflanzensamen konnten die Wissenschaftler eine alte Theorie bestätigen, die zwischenzeitlich durch molekulargenetische Analysen in Zweifel gezogen worden war.

Es gleicht der Suche nach dem Heiligen Gral: Seit über hundert Jahren rätseln Botaniker, wie sich die Blütenpflanzen vor rund 130 Millionen Jahren entwickelt haben könnten. Für Diskussionsstoff sorgt vor allem, dass molekulargenetische und phänomenologische Untersuchungen widersprüchliche Antworten liefern. Eine zentrale Rolle in dieser Diskussion spielen die Gnetophyten, zapfentragende Samenpflanzen, von denen es inzwischen nur noch wenige exotische Arten gibt. Dazu gehört die Welwitschie (Welwitschia mirabilis), eine merkwürdige Pflanze mit dickem Stamm und einem einzelnen Blattpaar, die nur in der Namib-Wüste in Südafrika vorkommt.

Studiert man die Morphologie der heute lebenden Arten und die Überreste von fossilen Pflanzen aus erdgeschichtlicher Zeit, dann deutet vieles darauf hin, dass die Gnetophyten mit den Blütenpflanzen und den Bennettitales, einer ausgestorbenen artenreichen Pflanzengruppe, eng verwandt sind. Diese drei Gruppen würden demnach gemeinsam die Übergruppe der so genannten Antophyten bilden. Genetische Untersuchungen hingegen ließen den Schluss zu, dass die Gnetophyten mit den Nadelhölzern, den so genannten Koniferen, verwandt sind. Die korrekte Einordnung der verschiedenen Gruppen ist entscheidend, weil sich daraus die Entwicklungsgeschichte der Blütenpflanzen ableiten lässt.

Gut erhaltene Überreste

Das internationale Forschungsteam mit Beteiligung des Paul Scherrer Instituts (PSI) in der Schweiz stützt nun mit seinen Resultaten die angezweifelte Antophyten-Hypothese: Die Wissenschaftler haben fossile Pflanzensamen aus Portugal und Nordamerika untersucht. Dabei handelt es sich um verkohlte, aber noch sehr gut erhaltene Überreste, die zwischen 70 und 120 Millionen Jahre alt sind. Zu dieser Zeit gab es auf der Erde viel mehr Pflanzenarten als heute.

Diese ausgestorbenen Arten stellen einen bisher noch wenig beachteten Schatz dar, der ganz neue Einblicke in die Verwandtschaftsverhältnisse der verschiedenen Pflanzengruppen ermöglicht.

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Markant verbesserte Bildgebung

Hochauflösende bildgebende Verfahren wie die neue Phasenkontrast-Methode zur Untersuchung der fossilen Pflanzensamen werden an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz (SLS) des PSI für zahlreiche Forschungsgebiete eingesetzt. © H.R. Bramaz/PSI

Die Wissenschaftler haben für ihre Studie die Samen an der TOMCAT-Strahllinie der Synchrotron Lichtquelle Schweiz (SLS) am PSI analysiert. Mit Hilfe einer neuen Phasenkontrast-Methode – genannt MBA – konnten sie die innere Struktur der Samen zerstörungsfrei abbilden.

Die Aufnahmen der fossilen Samen bestätigen nun, dass Gnetophyten, Bennettitales und Blütenpflanzen viele ähnliche Eigenschaften haben und demnach eng verwandt sein müssen. Diese drei Pflanzengruppen haben also gemeinsame Vorfahren, die sich bereits vor der Entstehung der eigentlichen Blütenpflanzen von Nadelhölzern wie Tannen, Fichten, Kiefern abgespalten hatten.

(idw – Paul-Scherrer-Institut (PSI), 26.11.2007 – DLO)

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