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Medizin

Altern Kinder später Väter schneller?

Alter des Vaters könnte Altern und Lebensdauer der Nachkommen beeinflussen

Ältere Väter geben ihren Kindern möglicherweise nachteilige Genanlagerungen mit, die ein schnelleres Altern beim Nachwuchs fördern. © MOnkeybusiness/ iStock.com

Nachteil später Geburt: Wenn Männer erst spät Vater werden, könnte sich dies negativ auf die Lebensdauer ihrer Kinder auswirken. Denn eine Studie mit Mäusen legt nun nahe, dass die Nachkommen alter Väter schneller altern und insgesamt weniger lange leben. Schuld daran sind offenbar Anlagerungen am Erbgut, die vom Vater über die Spermien an das Kind weitergegeben werden. Nach Ansicht der Forscher könnte dies auch beim Menschen der Fall sein.

Immer mehr Frauen und Männer bekommen heute erst in mittlerem Alter Nachwuchs, weil dies besser in die Karriereplanung passt. Doch das birgt Risiken: Bei älteren Müttern steigt die Wahrscheinlichkeit für Fehlbildungen des Kindes jenseits der 30 deutlich an. Das Alter der Väter scheint sich dagegen vor allem auf die psychische Gesundheit des Nachwuchses auszuwirken, wie Forscher vor einigen Jahren herausfanden. Demnach haben Kinder später Väter ein deutlich höheres Risiko für psychische Störungen, ADHS, Autismus und Suchterkrankungen.

Kinder junger und alter Väter im Vergleich

Doch leiden Kinder alter Väter womöglich auch unter körperlichen Nachteilen? Das haben Dan Ehninger vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und sein Team nun bei Mäusen untersucht. „Uns ging es um die Frage, ob altersabhängige Veränderungen in der männlichen Keimbahn die Gesundheit der Nachkommen beeinflussen können: Gibt es vielleicht einen generationsübergreifenden Effekt?“, so Ehninger.

Für ihre Studie verglichen die Forscher die Nachkommen junger, erst vier Monate alter Mäuseväter mit denen von betagten Mäusemännchen. Alle Mütter waren gleich jung und die Nachkommen wuchsen unter gleichen Bedingungen und ohne Kontakt zu ihren Vätern auf. Als die Mäusekinder erwachsen waren, analysierten die Wissenschaftler bei ihnen 13 biologische Faktoren, die das biologische Alter kennzeichnen, darunter Ablagerungen in den Nieren, Gewebeveränderungen sowie DNA-Anlagerungen.

Kürzere Lebensdauer bei älteren Vätern

Das Ergebnis: Die Kinder älterer Mäuseväter zeigten mehr biologische Alterserscheinungen als ihre von jüngeren Mäusen gezeugten Altersgenossen. Auch molekulare Signalwege, die mit der Steuerung der Lebensspanne verknüpft sind, waren verändert. „In Bezug auf unsere Messparameter kann man durchaus sagen, dass die Nachkommen der betagten Mäuse-Väter schneller alterten“, berichtet Erstautor Kan Xie vom DZNE.

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Und nicht nur das: Die Nachkommen der betagten Väter hatten eine kürzere Lebensdauer als ihre Altersgenossen. Der Median der Altersverteilung war bei ihnen um rund zwei Monate nach vorne verschoben – anders ausgedrückt: Sie lebten im Schnitt rund zwei Monate kürzer als die Kinder junger Mäusemännchen.

Bei älteren Mäusen waren Methyl-Anlagerungen an der DNA (hell) in den Spermien verändert. © Christoph Bock/ MPI für Informatik, CC-by-sa 3.0

Änderungen im Epigenom

Aber warum? Gendefekte, beispielsweise durch Kopierfehler bei der Bildung der Spermien, sind offenbar nicht schuld an dieser frühzeitigen Alterung: „Im Vergleich der beiden Mäusegruppen haben wir keine messbaren Unterschiede in den Mutationsraten feststellen können“, berichtet Ehninger.

Dafür aber stießen die Forscher auf Auffälligkeiten im Epigenom – den Anlagerungen an der DNA, die das Ablesen der Gene beeinflussen. „Im Methylierungsmuster der Spermien haben wir deutliche Unterschiede zwischen jungen und alten Mäuse-Vätern festgestellt. Diese Differenzen waren offensichtlich altersbedingt“, so der Forscher. Betroffen waren unter anderem Gene, die die Lebensspanne und mit dem Altern zusammenhängende Stoffwechselwege beeinflussen.

Das Überraschende daran: Diese epigenetischen Veränderungen fanden sich auch bei den Mäusekindern wieder. „Demnach könnten diese Merkmale von den Vätern an die nächste Generation weitergegeben worden sein“, so Ehninger. Spannend sei dies deshalb, weil man lange annahm, dass epigenetische Merkmale bei der Verschmelzung von Ei und Spermium gelöscht werden.

Auch beim Menschen?

Noch haben die Forscher diese Zusammenhänge nur bei Mäusen beobachtet. Sie halten es aber nicht für ausgeschlossen, dass dies auch auf Menschen übertragbar ist: „Was wir beobachtet haben, sind grundlegende Mechanismen. Diese könnten auch beim Menschen relevant sein“, sagt Ehninger. „Doch ob das zutrifft und in welchem Umfang, wissen wir derzeit nicht.“

Allerdings weiß man inzwischen, dass zumindest einige epigenetische Merkmale durchaus von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden können. So vermuten Wissenschaftler, dass auch die Pestizidbelastung der Eltern oder ihr Übergewicht den Stoffwechsel der Kinder über solche Mechanismen beeinflussen können. Noch allerdings fehlen genauere Daten darüber, welche epigenetischen Merkmale für Spermien älterer Väter typisch sind. „Unsere Ergebnisse sind aber sicher ein Anlass, sich das eingehender anzuschauen“, sagt Ehninger. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2018; doi: 10.1073/pnas.1707337115)

(Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE), 22.02.2018 – NPO)

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