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Astronomie

Warum Pluto kälter ist als erwartet

Dunstpartikel kühlen Atmosphäre des Zwergplaneten

Farbaufnahme der atmosphärischen Schleier des Pluto durch die Sonde New Horizons © NASA/ JHUAPL/ SwRI

Warum ist Plutos Atmosphäre kälter als Astronomen angenommen hatten? Forscher liefern nun eine mögliche Erklärung für diese durch Messungen der NASA-Sonde New Horizons entdeckte Überraschung. Ihrem Modell zufolge sorgen Partikel in den Dunstschleiern der Atmosphäre des Zwergplaneten für einen einzigartigen Kühleffekt – indem sie Wärme in Form von Infrarotstrahlung zurück ins All abgeben.

Der Zwergplanet Pluto sorgt immer wieder für Überraschungen. So erweist sich die vermeintlich tote, ferne Eiswelt zunehmend als ziemlich dynamischer Himmelskörper mit bizarren Landschaftsformen und vielleicht sogar aktiven Eisvulkanen. Zudem hat der Zwergplanet eine ungewöhnlich ausgedehnte Atmosphäre und einen blauen Himmel – ganz ähnlich wie die Erde.

Erstaunlich auch: Als die NASA-Sonde New Horizons im Jahr 2015 erstmals die Temperatur von Plutos Atmosphäre maß, entpuppte sich diese als rund 30 Grad Celsius kälter als erwartet. Die tatsächlichen Messungen passten nicht mit dem zusammen, was Astronomen zuvor aufgrund der Zusammensetzung der Gashülle vorhergesagt hatten. Normalerweise bestimmt die Gaskomposition der Atmosphäre eines Planeten, wie viel Hitze dort gefangen bleibt – bei Pluto aber schien das nicht der Fall zu sein.

Blick auf den Plutomond Charon durch die dunstige Atmosphäre des Zwergplaneten (künstlerische Darstellung) © X. Liu

Kühleffekt durch Dunstpartikel?

Wissenschaftler um Xi Zhang von der University of California in Santa Cruz haben nun jedoch eine mögliche Erklärung für dieses seltsame Phänomen gefunden. Sie kommen zu dem Schluss, dass Partikel in den Dunstschleiern von Plutos Atmosphäre für einen einzigartigen Kühleffekt sorgen. Diese ausgedehnten Dunstschleier sind das Ergebnis chemischer Reaktionen in der oberen Atmosphäre.

Dabei ionisiert die ultraviolette Strahlung der Sonne Stickstoff und Methan, die kleine Kohlenwasserstoff-Partikel bilden. Diese sinken nach unten und bilden dabei immer größer werdende Aggregate. Mithilfe von Modellsimulationen zeigten die Forscher, wie sich diese Partikel auf die Temperatur der Atmosphäre auswirken können.

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Wärmeverlust in infrarot

Das Ergebnis: Die Dunstpartikel absorbieren im Vergleich zu den Gasmolekülen mehr Sonnenlicht und müssten die Atmosphäre dadurch eigentlich stärker aufheizen. Doch dieser Effekt wird wieder ausgeglichen. Denn wie Zhangs Team berichtet, geben die Kohlenwasserstoff-Partikel noch mehr Wärme wieder ins All ab – in Form von Infrarotstrahlung.

Das hat zur Folge, dass die Atmosphäre des eisigen Zwergplaneten etwa minus 203 Grad Celsius kalt ist und nicht nur minus 173, wie anfangs erwartet. „Pluto ist der erste bekannte planetare Himmelskörper in unserem Sonnensystem, bei dem der Energiehaushalt der Atmosphäre in erster Linie von Feststoffen in Form von Dunstpartikeln reguliert wird anstatt von Gasen“, sagt Zhang.

„Nicht verifizierbar“

Die Ergebnisse der Modellberechnungen stimmen erstaunlich gut mit dem tatsächlich gemessenen Temperaturprofil überein, wie der nicht an der Studie beteiligte Robert West vom California Institute of Technology in Pasadena kommentiert. Trotzdem seien die von den Wissenschaftlern kalkulierten Aufheizungs- und Kühlungsraten mit großen Unsicherheiten verbunden.

Denn wie genau sich der Dunst über Pluto zusammensetzt, ist bisher noch nicht abschließend geklärt. Wie West betont, haben die Forscher eine Partikel-Zusammensetzung angenommen, die sich in ihrem Modell theoretisch so verhält, dass sie die Beobachtungen erklären kann. Ob diese Komposition der Realität entspricht, könne jedoch nicht verifiziert werden – bis jetzt.

Neues Teleskop bringt Klarheit

Ob Zhangs Team recht hat, könnte aber schon bald ein Blick durch das neue James Webb Space Telescope der NASA offenbaren, das Ende 2018 seinen Dienst aufnehmen soll. Denn stimmt die Kernaussage der Wissenschaftler, müsste der Kühleffekt der Dunstpartikel nachweisbare Infrarotemissionen erzeugen.

Mit heutigen Instrumenten lassen sich diese noch nicht messen. „Das James Webb Space Telescope sollte aber empfindlich genug sein, um das Modell entweder zu untermauern oder zu widerlegen“, sagt West. Bestätigt sich die Hypothese der Forscher, könnten die Ergebnisse künftig zum Beispiel auch für die Erforschung von Exoplaneten mit dunstigen Atmosphären von Bedeutung sein. (Nature, 2017; doi: 10.1038/nature24465)

(Nature/ University of California – Santa Cruz, 16.11.2017 – DAL)

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