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Astronomie

Ursprung der Massegiganten entdeckt?

Astronomen finden zwei mögliche Vorläufer supermassereicher Schwarzer Löcher

So könnte ein Vorläufer der supermassereichecn Galaxien ausgesehen haben: Die Überreste einer kollabierenden Gaswolke mit einem Schwarzen Loch. © NASA/CXC/ M.Weiss

Keimzellen der Giganten: Astronomen haben erstmals zwei mögliche Vorläufer supermassereicher Schwarzer Löcher im jungen Universum entdeckt. Das Besonders daran: Sie entstanden nicht beim Tod massereicher Sterne, sondern durch den direkten Kollaps gewaltiger primordialer Gaswolken. Dieser direkte Bildungsweg Schwarzer Löcher könnte erklären, warum es schon im jungen Universum extrem massereiche Schwarze Löcher gab.

Sie sind die Massegiganten des Weltalls: Im Herzen der meisten Galaxien sitzen supermassereiche Schwarze Löcher, die Milliarden von Sonnenmassen in sich vereinen können. Wie diese Giganten jedoch entstehen, ist bisher rätselhaft. Eine Theorie geht davon aus, dass die größten ihrer Art als normale stellare Schwarze Löcher von zehn bis hundert Sonnenmassen beginnen, dann aber durch Verschmelzung mit weiteren Schwarzen Löchern und durch starken Gaseinstrom besonders stark wachsen.

Dieses Szenario jedoch kann nur schwer erklären, warum schon im jungen Kosmos, weniger als eine Milliarde Jahre nach dem Urknall wahre Massegiganten existierten. Sie hätten dieser Theorie nach kaum genügend Zeit gehabt, um so groß zu werden.

Vorläufer-Kandidaten entdeckt

Jetzt haben Astronomen um Fabio Pacucci erstmals Belege für ein alternatives Szenario entdeckt. Mit Hilfe von Computeranalysen identifizierten sie in den Beobachtungsdaten der Weltraumteleskope Chandra, Hubble und Spitzer zwei mögliche Vorläufer von supermassereichen Schwarzen Löchern im noch jungen Universum. Diese Keimzellen der Giganten waren schon kurz nach dem Urknall ungewöhnlich massereich und konnten daher schwer werden, ohne besonders schnell zu wachsen oder verschmelzen zu müssen.

Der Vorläufer-Kandidat OBJ29323 in einer Aufnahme des Hubble-Teleskops (link) und vom Röntgenteleskop CHandra. © NASA/STScI/ESA, NASA/CXC/Scuola Normale Superiore/Pacucci

„Diese Vorläufer sind extrem schwer zu finden und ihre Entdeckung zu verifizieren ist kompliziert“, sagt Koautor Andrea Grazian vom Nationalen Institut für Astrophysik in Italien. „Aber wir glauben, dass wir in unserer Studie die beiden besten Kandidaten bisher aufgespürt haben.“

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Kollaps einer Riesengaswolke?

Beide Objekte senden sowohl sehr rote Infrarotstrahlung als auch Röntgenstrahlen aus und in ihrem Licht fehlen Spektrallinien schwererer Elemente, wie die Astronomen berichten. Das spricht dafür, dass es sich um Schwarze Löcher einer bisher nur theoretisch postulierten Art handeln könnte: Singularitäten, die nicht durch den Kollaps eines Sterns entstehen, sondern direkt aus dem Kollaps einer großen, massereichen Gaswolke.

Das Besondere daran: Solche Direkt-Kollaps-Schwarze Löcher könnten bereits sehr früh im Kosmos entstanden sein, noch bevor die meisten Sterne gebildet wurden. Sie wären daher geeignete Vorläufer und Keimzellen der späteren supermassereichen Schwarzen Löcher. Die jetzt entdeckten beiden Objekte umfassen rund 100.000 Sonnenmassen und stammen aus der ersten Milliarde Jahre nach dem Urknall, wie die Forscher erklären.

Erklärung für kosmische Riesen

„Unsere Entdeckung könnte, wenn sie sich bestätigt, erklären, wie die Monster unter den Schwarzen Löchern geboren wurden“, sagt Pacucci. „Denn wir haben mit ihnen Belege dafür gefunden, dass die Vorläufer supermassereicher Schwarzer Löcher direkt aus dem Kollaps einer gewaltigen Gaswolke entstehen können – ohne weitere Zwischenschritte.“ Das bedeutet, dass diese Vorläufer schon von Beginn an massereicher waren als stellare Schwarze Löcher und sich daher auch anders und schneller entwickelten.

„Es gibt eine Menge Kontroversen darüber, welche Entwicklung die Vorläufer der supermassereichen Schwarze Löcher nehmen“, sagt Pacucci. „Als Wissenschaftler können wir nicht sagen, dass unser Modell das einzigwahre ist. Aber wir glauben, dass unser Model die Beobachtungen reproduzieren kann, ohne dafür auf unwahrscheinliche Annahmen zurückgreifen zu müssen.“

Die Forscher planen, ihre beiden Vorläufer-Kandidaten mit Beobachtungen im Infrarot- und Röntgenbereich näher zu untersuchen., um herauszufinden, ob auch weitere Merkmale mit denen möglicher Keimzellen der supermassereichen Löcher und mit dem Direkt-Kollaps-Szenario übereinstimmen. (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, in press; arXiv:1603.08522)

(NASA/ Chandra, 25.05.2016 – NPO)

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