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Neurobiologie

Neugier verbessert das Gedächtnis

Belohnungssystem stärkt Erinnerungen an spannende und an langweilige Informationen

Neugieriger Blick: Die Neugier sorgt für Erfolgserlebnisse im Gehirn und motivert zum Lernen. © freeimages

Neugier verbessert unser Erinnerungsvermögen – und das auch für völlig andere Dinge als die, die uns neugierig machen. Verantwortlich dafür ist das Belohnungssystem des Gehirns, haben US-Forscher nun herausgefunden: Befriedigte Neugier sorgt für ein regelrechtes Erfolgserlebnis. Dieser Mechanismus könnte auch bei langweiligem Unterrichtsstoff und bei Gedächtnisproblemen helfen, schreiben die Wissenschaftler im Fachmagazin „Neuron“.

Je neugieriger uns ein bestimmtes Thema macht, desto einfacher fällt das Lernen – das klingt zunächst wenig überraschend: Ein als spannend empfundenes Themenfeld fesselt die Aufmerksamkeit und motiviert zum Lernen. Wie aber funktioniert diese Motivation im Gehirn? Und lässt sie sich möglicherweise auch auf weniger Neugier-weckende Bereiche erweitern? Matthias Gruber von der University of California in Davis und seine Kollegen suchten nach Antworten auf diese Fragen – mit Quizfragen an ihre Probanden.

Gehirnaktivität bei spannenden Quizfragen

Die Forscher ließen die Studienteilnehmer zunächst bewerten, wie neugierig sie auf die Antworten bestimmter Quizfragen waren. Diese Antworten erhielten die Probanden erst nach einer Pause von 14 Sekunden, während der sie ein Bild eines neutralen Gesichts zu sehen bekamen – ohne jeden Zusammenhang zur Frage. Anschließend überraschten die Forscher die Versuchspersonen mit einem Gedächtnistest über diese Gesichter. Erst danach fragten sie die Erinnerung an die Quizfragen ab. An verschiedenen Punkten während der Studie zeichneten die Wissenschaftler außerdem die Gehirnaktivität mittels Magnetresonanz-Tomographie auf.

Im Quiz-Test zeigten die Probanden deutlich bessere Ergebnisse, wenn eine Frage sie besonders neugierig gemacht hatte – ganz den Erwartungen der Forscher entsprechend. Überraschend waren jedoch die Erinnerungen an die Gesichter: Auch hier verbesserte sich das Gedächtnis, wenn zuvor die Neugier auf die Quizantwort geweckt war.

Erfolgserlebnis im Informations-Strudel

„Neugier könnte das Gehirn in einen Zustand versetzten, in dem es jegliche Information lernen und behalten kann – wie ein Strudel, der alles, was man eigentlich lernen will, aufsaugt, aber auch alles darum herum,“ erklärt Erstautor Gruber. Dieser Neugier-Zustand produziert keinesfalls flüchtige Effekte: Noch 24 Stunden später behielten die Versuchspersonen die gelernten Informationen besser im Gedächtnis.

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Spannend oder langweilig? Neugier hilft gleichermaßen beim Lernen interessanter und unbedeutender Informationen. © freeimages

Bemerkenswert waren auch die Ergebnisse der Magnetresonanz-Scans: Demnach zeigt das Gehirn bei Neugier auch Aktivität in den Belohnungszentren. Dies erklärt, wie Neugier für die zum Lernen nötige Motivation sorgt: Wird die Neugier befriedigt, schüttet das Gehirn ein Belohnungssignal aus und bewirkt ein Erfolgserlebnis. „Wir haben gezeigt, dass die Motivation von innen heraus tatsächlich dieselben Hirnregionen anspricht, die auch einen extrem wichtigen Anteil an greifbarer, äußerer Motivation haben“, so Gruber. Wichtig hierbei ist der Botenstoff Dopamin, der bekanntermaßen Signale für Motivation, Erregung und Belohnung überträgt.

Bessere Motivation auch bei langweiligen Themen

Dieses Belohnungssystem, so zeigten die Scans ebenfalls, arbeitet bei geweckter Neugier offenbar eng mit dem Hippocampus zusammen. Diese Hirnregion ist verantwortlich für neu angelegte Erinnerungen und zeigte ebenfalls gesteigerte Aktivität bei neugierigen Versuchspersonen. „Neugier zieht also das Belohnungssystem heran, Interaktionen zwischen dem Belohnungssystem und dem Hippocampus versetzen das Gehirn in einen Zustand, in dem man besser Informationen aufnimmt und behält, selbst wenn diese Information weniger interessant oder wichtig ist“, fasst Studienleiter Charan Ranganath zusammen.

Diese Erkenntnisse könnten das Lernen von langweiligem Material in Zukunft erleichtern: Lehrer, Dozenten und Ausbilder müssten lediglich die Neugier der Schüler mit einem Thema wecken, das sie bereits von sich aus interessant finden. Darüber hinaus haben die Forschungsergebnisse auch medizinische Bedeutung: Mit zunehmendem Alter lassen die Dopamin-basierten Schaltkreise im Gehirn oft in ihren Funktionen nach – die Parkinson-Krankheit etwa steht mit einer niedrigeren Dopamin-Ausschüttung im Zusammenhang. Das Verständnis des Zusammenhangs zwischen Motivation und Erinnerung könnte letztendlich auch dazu beitragen, älteren Menschen und Patienten mit Gedächtnisstörungen zu besserem Erinnerungsvermögen zu verhelfen. (Neuron, 2014; doi: 10.1016/j.neuron.2014.08.060)

(University of California at Davis, 06.10.2014 – AKR)

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