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Geowissen

Modelle zum Wasserhaushalt sind fehlerhaft

Modellergebnisse weichen stark von Messwerten ab

Regenschauer in einer Meeresbucht © Mila Zinkova / GFDL

Unser Wissen über den globalen Wasserhaushalt ist offenbar fehlerhafter als gedacht. Modelle zu den mittleren Niederschlägen weichen in einigen Regionen um bis zu vier Liter pro Quadratmeter und Tag voneinander und von den Messwerten ab. Das entspricht dem Doppelten dessen, was in Deutschland insgesamt an einem Tag durchschnittlich fällt. Aus den Modellen lasse sich daher nicht verlässlich ableiten, wo wie viel Regen falle, warnen die Forscher im Fachmagazin „Journal of Hydrometeorology“. Hier müsse dringend nachgebessert werden.

Ohne Wasser kein Leben. Katastrophen wie Dürre oder Starkregen belegen unsere Abhängigkeit von Wasserkreislauf und Klimasystem. Entsprechend wichtig ist es, die Details des Wasserkreislaufs zwischen Atmosphäre, Ozeanen und Festland zu verstehen. „Der Klimawandel und die sich damit verändernde Wasserverfügbarkeit ist eine Tatsache und wird teils große Anpassungen erfordern“, stellen Harald Kunstmann und Christof Lorenz vom Karlsruher Institut für Technologie klar, die die aktuelle Studie verfasst haben. „Gerade deshalb müssen wir das Wechselspiel zwischen Verdunstung, Wolken und Niederschlägen auch auf regionaler Ebene besser verstehen.“

Drei aktuelle Modelle mit Messdaten verglichen

Um zu prüfen, wie verlässlich die verschiedenen globalen Analysen sind, haben die Hydrologen und Klimaforscher drei der modernsten globalen gekoppelten Atmosphären- und Ozeanmodelle auf den Wasserhaushalt hin neu ausgewertet und mit Messdaten der Jahre 1989 bis 2006 verglichen. „Wir haben wirklich sehr große Unsicherheiten in den globalen Wasserhaushaltsabschätzungen festgestellt“, erklärt Kunstmann. So weichen etwa die Analysen der mittleren Niederschläge in einigen Regionen um bis zu vier Liter pro Quadratmeter und Tag voneinander ab. Zum Vergleich: in Deutschland fallen im Schnitt etwa zwei Liter Regen pro Tag und Quadratmeter.

Aus diesen Modellen lässt sich also nicht verlässlich ableiten, wann und wo wirklich wie viel Niederschlag fällt. Selbst einfache Zusammenhänge wie etwa zwischen dem Verdunstungsüberschuss über den Ozeanen und den Niederschlägen über den Kontinenten sind in den Modellen nicht konsistent. „Aus den Modellen wissen wir also weiterhin nur mit sehr großen Unsicherheiten, wie viel Niederschläge und damit sich stetig erneuerndes Süßwasser auf der Erde eigentlich wirklich zur Verfügung stehen.“

Datenmangel nimmt eher zu

„Andererseits liegen aus vielen Regionen der Welt keine ausreichenden Daten vor“, erläutert Kunstmann. „Und die Lage wird immer schlechter.“ So hat sich beispielsweise in Südamerika die Zahl der Messstationen von rund 4350 auf 550 um mehr als 85 Prozent verringert. Aber auch in Europa ist ein signifikanter Rückgang erkennbar. Zwischen Januar 1989 und Dezember 2006 hat sich die Anzahl an Niederschlagsmessstationen von rund 10000 auf 5800 fast halbiert, wobei ungefähr die Hälfte aller europäischen Stationen allein in Deutschland steht. „Und ohne eine solide Datenbasis lassen sich auch die Wasserhaushaltsmodelle nicht entscheidend verbessern“, schildert Kunstmann das Problem. „Eine Quantifizierung der Trends von Regen und Dürre wird so erheblich erschwert.“

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Deshalb sei es dringend notwendig, wieder Investitionen in Niederschlagsmessstationen zu tätigen und die meteorologischen Dienste auch in entlegenen Regionen zu verstärken. „Denn wenn wir den hydrologischen Wandel verstehen und uns in Zukunft effektiv auf ihn einstellen wollen, müssen wir unbedingt die notwendige Infrastruktur dazu schaffen und aufrecht halten“, sagt Kunstmann. (J. Hydrometeor., 2012; doi: 10.1175/JHM-D-11-088.1)

(Karlsruhe Institut für Technologie (KIT), 25.06.2012 – NPO)

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