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Ökologie

Licht bringt Pflanzenverteidigung in Schwung

Nektarproduktion von Limabohnen maßgeblich von der Lichtqualität beeinflusst

Ameisen aus der Gattung Crematogaster befreien eine Limabohne (Phaseolus lunatus) von einem Fraßfeind. © Christian Kost / MPI chemische Ökologie

Blühende Pflanzen produzieren Nektar, um bestäubende Insekten anzulocken. Einige Arten wie die Limabohne geben zusätzlich Nektar aus Blattorganen ab, um beispielsweise Ameisen zur Abwehr ihrer Fraßfeinde anzulocken. Wissenschaftler haben jetzt herausgefunden, dass die Regulation dieser Nektarproduktion außerhalb der Blüte durch Licht gesteuert wird.

Mithilfe eines bestimmten Lichtsensors, dem Phytochrom, konnten die Pflanzen nicht nur Tag und Nacht unterscheiden, sondern sie passten die Nektarabgabe auch den aktuellen Lichtverhältnissen an. Durch die Phytochromwirkung wird den Forschern zufolge wahrscheinlich ein spezielles Enzym reguliert, das das Pflanzenhormon Jasmonsäure mit der Aminosäure Isoleucin verknüpft.

Das dabei entstehende JA-Ile-Molekül beeinflusst die Abgabe des Blattnektars derart, dass die Verteidigung der Pflanze gegen Fraßschädlinge am effektivsten ist, sobald ein Befall mit Fraßfeinden droht – nämlich während des Tages. Dies berichtet die Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) in der Early Edition.

Mit Giften gegen Fraßfeinde

Um zu überleben und ihre Art zu erhalten, müssen Pflanzen sich ständig gegen Fraßfeinde wehren. Dies tun sie entweder direkt durch die Herstellung wirksamer Gifte wie zum Beispiel Nikotin, oder indirekt, indem sie die Feinde ihrer Feinde zu Hilfe rufen. Dies geschieht beispielsweise durch die Abgabe von Duftstoffen, die von Schlupfwespen oder Raubwanzen wahrgenommen werden und diesen so den Weg zu ihrer Beute, beispielsweise einer pflanzenfressenden Raupe, weisen.

Nektar aus Blattorganen

Eine andere Art der indirekten Verteidigung ist die Abgabe von Nektar aus bestimmten Blattorganen. Limabohnen locken so beispielsweise Ameisen an, die sich nicht nur an dem Nektar erfreuen, sondern gleichzeitig die Pflanze von Fraßfeinden befreien.

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Wissenschaftler des Jenaer Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie widmen sich besonders dieser „süßen“ Art der pflanzlichen Verteidigung. Die Forscherin Radhika Venkatesan hat deshalb zu diesem Thema Versuche durchgeführt und überprüft, ob die Nektarproduktion der Limabohne lichtabhängig ist.

Augen der Pflanze

„Schließlich besteht Nektar im Wesentlichen aus Zuckern, und Zucker sind frühe Zwischenstufen der Photosynthese – also einem lichtabhängigen Prozess“, so die Wissenschaftlerin. Im Laufe ihrer Experimente kam sie einem alten Bekannten der Pflanzenforschung auf die Spur – dem so genannten Phytochrom. Pflanzen beherbergen in ihren Blättern Phytochrom als einen Lichtdetektor, der – im übertragenen Sinne – gern auch als das „Auge der Pflanze“ beschrieben wird.

„Nicht die Lichtmenge, sondern die Lichtqualität spielt eine entscheidende Rolle bei der Steuerung der Nektarproduktion in der Limabohne“, so Max-Planck-Forscher Wilhelm Boland. Hierbei absorbiert das Phytochrom der Pflanze langwellige, rote Lichtanteile, wodurch Pflanzen die Qualität des eingestrahlten Sonnenlichts bestimmen können, welches sich je nach Tages- oder Jahreszeit ändert. Die Experimente von Venkatesan zeigen nun erstmals, dass Pflanzen auch bei der Regulierung ihrer indirekten Abwehr gegen Schädlinge das Phytochromsystem einsetzen, um effektiv und ökonomisch ihre Verteidigungslinien aufzustellen.

Jasmonsäure hemmt Nektarfluss – im Dunkeln

Bekannt ist, dass das Pflanzenhormon Jasmonsäure (JA) als Signal bei der Blattschädigung durch Fraßfeinde dient und ihm so eine zentrale Rolle bei der Steuerung der Nektarsekretion zukommt. Die über das Phytochrom ablaufende Lichtsteuerung, so fanden die Wissenschaftler jetzt heraus, greift maßgeblich in die Signalwirkung der Jasmonsäure ein: Im Dunkeln hemmt freie Jasmonsäure den Nektarfluss, während sie im Hellen seine Produktion stimuliert.

Den Schlüssel für dieses lichtgesteuerte Verhalten fand Venkatesan in einer Reaktion, bei der Jasmonsäure mit der Aminosäure Isoleucin verbunden wird. Das dabei entstehende Konjugat JA-Ile ist der eigentlich wirksame Signalstoff, der den Nektar fließen lässt.

Auslöser der extrafloralen Nektarproduktion identifiziert

Dieses bereits aus anderen Untersuchungen bekannte Signalmolekül konnte somit erstmals als eigentlicher Auslöser der Produktion extrafloralen Nektars identifiziert werden. Zusätzliche Experimente bestätigten den Wissenschaftlern zufolge, dass sobald die Verknüpfung von JA und Isoleucin durch Zugabe eines Hemmstoffes unterbunden wurde, auch die Steigerung der Nektarproduktion ausblieb.

Wurden Pflanzen im Dunkeln beschädigt, um die JA-Bildung anzuregen, wurde JA-Ile wiederum nur in denjenigen Blättern gebildet, die zuvor Rotlicht ausgesetzt worden waren.

(idw – Max-Planck-Institut für chemische Ökologie, 27.09.2010 – DLO)

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