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Mathematik

Fußball-Orakel: Wirtschaftsforscher besser als Krake Paul?

Wissenschaftler liegen zum dritten Mal in Folge bei fußballerischem Großereignis richtig

Fußball ohne Chip © Ernst Rose / pixelio.de

Der Krake „Paul“ aus dem Sealife Aquarium in Oberhausen gilt seit der Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika als das Super-Orakel in Sachen Fußball. Doch es gibt scheinbar Menschen, die dies noch besser können als Paul. Denn mit ihrer Prognose „Weltmeister Spanien“ lagen die Wissenschaftler vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) zum dritten Mal in Folge bei einem fußballerischen Großereignis goldrichtig.

Soziologie-Professor Jürgen Gerhards und Volkswirtschafts-Professor Gert G. Wagner hatten für ihren Tipp vor der WM den Marktwert aller 32 Mannschaften basierend auf dem Marktwert der einzelnen Spieler berechnet und daraufhin prognostiziert, dass Spanien den Titel gewinnen wird. Das spanische Team bringt es auf einen Marktwert von 650 Millionen Euro und ist damit die teuerste Mannschaft des Turniers.

DIW hatte auch Deutschland und Uruguay auf der Rechnung

Zusätzlich hatten die DIW-Forscher auf Deutschland und Uruguay (als einen aussichtsreichen Außenseiter) getippt. Damit behielt das DIW-Prognose-Team nach der WM 2006 und der EM 2008 erneut recht. „Das muss Paul, die Krake, erstmal nachmachen“, meint Wagner. „Unsere Prognosen sind zwar methodisch-mathematisch sehr einfach, aber theoretisch bestens fundiert“.

„Grundsätzlich bestätigt unsere Prognose-Methode, dass einfache Modelle oft genauso gut funktionieren können wie überaus komplexe und schwer durchschaubare Prognose-Modelle“, erklärt Gerhards. „Zwar haben sich die Niederländer trotz ihres mittelmäßigen Marktwerts nach oben geschoben, insgesamt aber liegen wir mit unserer Prognosemethode sehr gut“, bekräftigt Wagner: „Die strukturell beste Mannschaft gewinnt.“

Faktor Zufall

Bei einer WM, bei der die Siegermannschaft insgesamt nur sieben Spiele austrägt, ist der Einfluss des Zufalls relativ groß. Das konnte man im ersten Spiel der Spanier gegen die Schweiz gut beobachten. Am Ende gab aber im Finale die Summe der Leistungen des spanischen Teams den Ausschlag. Und auch der Torschütze Andrés Iniesta ist nicht irgendwer, sondern der viertteuerste Spieler weltweit.

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Die DIW-Experten haben auch berechnet, dass bei der WM in Südafrika der Zusammenhang zwischen dem Wert der einzelnen Mannschaften und der endgültigen Platzierung deutlich kleiner ist als er bei der WM 2006 und der EM 2008 war. Die „Rangkorrelation“, die den Zusammenhang zwischen der Marktwert-Tabelle und dem Abschneiden bei der WM anzeigt, lag 2006 bei 0.58 und 2008 bei 0.49. Jetzt lag sie nur bei 0.40, obwohl mit Spanien der Favorit gewonnen hat. Hätten die Niederlande gewonnen läge der Zusammenhang zwischen dem Marktwert und der Platzierung sogar nur bei 0.31.

Bei der Bewertung dieser Entwicklung, die am Ende trotzdem zu einer richtigen Prognose geführt hat, sind sich Gerhards und Wagner nicht einig. Der Soziologe Jürgen Gerhards argumentiert: „Der relativ schwache Zusammenhang zwischen Mannschafts-Wert und Platzierung wurde auch durch die vielen Fehlentscheidungen der Schiedsrichter herbeigeführt.“

Pro und Contra Videobeweis

Wäre zum Beispiel das zweite Tor der Engländer im Spiel gegen die deutsche Mannschaft gegeben worden und England weitergekommen, wäre der Zusammenhang zwischen Marktwert und endgültiger Platzierung viel stärker gewesen. Da Spieler und Sportfans Fehlentscheidungen als ungerecht empfinden, sollte die FIFA endlich den Video-Beweis zulassen, meint Gerhards: „Dann setzen sich die Besseren auch öfter durch.“

Wagner argumentiert hingegen: „Aufgrund der verbesserten Trainingsmethoden und insbesondere der Taktik-Schulung leisten sich die so trainierten Spitzenteams kaum noch Ausrutscher. Die Spieldisziplin hat ja auch zum Endspielsieg der Spanier wesentlich beigetragen. Das freut die Fans der Siegermannschaften, ist aber nicht gut für den Fußball. Es bleibt nur spannend, wenn durch Zufall und Fehlentscheidungen oft genug die Favoriten stolpern. Darum: Hände weg vom Videobeweis.“

(Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), 15.07.2010 – DLO)

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