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Geologie/physische Geographie

Das Mosaik im Mosaik

Warum Artenvielfalt nicht nur mit Tieren zu tun hat

Das Geheimnis der biologischen Besonderheit von Palau liegt in der Vielfalt seiner Ökosysteme. Die Artenvielfalt der Inselgruppe ist nur denkbar durch das Zusammenspiel verschiedenster Naturräume, die sich durch die Evolution in allen Ecken der Insel herausgebildet haben.

Inseln verschiedenster Größe, mit unterschiedlichem Gestein, Böden, Salz- und Süßwasser bieten einen Lebensraum, der von den 240 Meter hohen Hügeln der Insel Babeldaob bis auf mehr als 1.000 Meter Tiefe vor dem äußeren Riff abfällt. Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen zählt allein elf größere Ökosysteme an Land, von denen die Bucht Ngaremeduu bereits noch mal in 25 Lebensräume mittlerer Größe unterteilt wird. Viel zu wenig erforscht ist dagegen die Unterwasserwelt, um einzelne Ökosysteme einzugrenzen.

Ein Königreich unter einem Blätterdach

Epiphyten-Pflanzen wachsen in Astgabeln © Daniel Goliasch

Neun verschiedene Ursprungswälder sind den Landtieren Heimat und Lebensgrundlage. Der Regenwald auf Babeldaob ist nicht nur der einzige auf Palau, sondern auch der größte in ganz Mikronesien. Erst mit seiner Hilfe kann auf dem vulkanischen Boden eine dünne Humusschicht entstehen, die auf kleinen Flächen Obst- und Gemüseanbau ermöglicht. Auch in den oberen Stockwerken wird jeder Raum für Leben genutzt. Epiphyten-Pflanzen, wie Orchideen, quellen aus Astgabeln, die leuchtend-grüne Blau-Schwanz Echse verfolgt Insekten und Lianen hängen schnurgerade von den Baumkronen. Die kühle Feuchte unter dem Blätterdach bietet ideale Bedingungen für etwa 800 Pflanzenarten, wovon allein 40 Farne und 36 Orchideen endemisch sind.

An den Küsten der vulkanischen Inseln breiten sich in Buchten und an Flussläufen kilometerweit riesige Mangrovenwälder aus. Die Bäumstämme wachsen aus dem schlammig feuchten Boden auf zahlreichen Stelzen, die erst in fast zwei Meter Höhe an einem Wurzelansatz zusammen führen. Darüber erheben sich die kuppelartigen Blätterdächer, die das ruhige Ufergewässer in Dunkelheit tauchen. Je nach Stand der Flut bietet die Wasserfläche zwischen den Wurzeln und Baumstämmen den idealen Lebensraum für Krabben, Wasserschlangen, Aale und Salzwasserkrokodile.

Der tropische Regenwald auf Babeldaob © Daniel Goliasch

Die tropischen Wälder auf den kleinen Kalksteininseln haben sich perfekt dem kargen Boden angepasst. Da auf den spitzen Steinen meist kein tiefes Wurzelwerk möglich ist, blieb der Bewuchs eher niedrig. Doch einige Palmenarten haben das Wettrennen für den Platz an der Sonne gewonnen, in dem sie eine extreme Leichtbauweise entwickelt haben. Ihre Stämme sind von innen hohl und damit trotz Größe leicht und biegsam.

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Nicht nur um das Licht, sondern auch um die Nahrungsmittel müssen die Pflanzen ideenreich kämpfen. Da das Wasser durch den porösen Kalkstein sofort versickert, gibt es weder Oberflächenwasser noch kann sich eine Humusschicht bilden. Um nicht zu verhungern, mussten sich die Pflanzen darauf einstellen, Wasser und Nährstoffe aus der Luft zu sammeln. Ihre Blätter sind so gewachsen, dass sie ihren Wasserhaushalt aus dem Regenwasser, das sie mit ihren Blättern auffangen und der Luft zu gewinnen. So lockt die Fleisch fressende Kannenpflanze (Nepenthes sp.)mit ihren Duftstoffen Fliegen in ihren fingerlangen Blumenkelch – wo sie zwar durch den dünnen Hals herein, aber nicht mehr herausfliegen können. Nährstoffversorgung aus der Luft: die Anpassung an extreme Bedingungen hat die Evolution wilde Blüten treiben lassen.

Jede Murmel eine eigene Welt

Auf den murmelartigen „Rock Islands“ wachsen mit den weltweit sehr seltenen Kalkstein-, Strand- und Atoll-Wäldern einzigartige Lebensräume, die nicht nur die Erosion durch Wind und Wellen verringern. Sie sind Heimat für die meisten der 45 heimischen Vogelarten, wie die endemische Palauanische Eule (Pyrroglaux podargina), den „Ruur“ und die Frucht-Fledermaus. Die Strände beherbergen außerdem die Brutplätze für die Eier der Grünen- und Hawksbill-Schildkröte, die Leichplätze von Krabben und die Höhlen von Krebsen.

Im Inselinneren liegen fast vergessen die wenigen Flüsse, Seen und Feuchtgebiete mit Süßwasser. Alle Wassereinzugsgebiete sind auf Babeldaob, wo knapp 500 Flusskilometer und nur zwei Seen 80 Prozent des Wasserbedarfs der Bevölkerung abdecken. Sie sind nicht nur Heimat von 40 Süßwasserfischarten, sondern auch Trinkwasserquelle für alle anderen Tiere. Die Feuchtgebiete und Seen sind wichtiger Lebensraum für viele der einheimischen Vögel, wie die Palauan Gray Duck und den White-browed Rail.

Einzigartig sind die Salzwasserseen in den Rock Islands. Die meisten von ihnen sind durch unterirdische Tunnel mit dem Meer verbunden und dadurch ebenso wie die Lagunen Ebbe und Flut unterworfen. Einige Seen sind jedoch völlig isolierte Ökosysteme, in deren Abgeschiedenheit die Evolution einzigartige Lebewesen wie die Mastigias Quallen hervorgebracht hat, die anders als ihre Verwandten aus Mangel an natürlichen Feinden kein Gift mehr produziert mit dem sie „brennen“ kann.

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Stand: 05.05.2006

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Palau
Arche Noah im Westpazifik

Geburtsstunde Null...
Von Vulkanbergen und Koralleninseln

Traumurlaub oder Isolationshaft?
Invasoren beim Insel-Hopping

Das Mosaik im Mosaik
Warum Artenvielfalt nicht nur mit Tieren zu tun hat

Königreich der Quallen
Gefahrlos Baden im Jellyfish-Lake

Multikulti-See für Alle
Süßwasser im Pazifik?

Mangroven-Welten
Ein Wald für Meer und Land

Kuriose Unterwasserwelt
Von Disko-Muscheln und Warzenschnecken

Diaschauen zum Thema

keine Diaschauen verknüpft

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