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Geologie/physische Geographie

Geburtsstunde Null…

Von Vulkanbergen und Koralleninseln

Weiße Dunstschleier hängen über dem Horizont, der die einzige Grenze für den sonst endlosen pazifischen Ozean bildet. Noch kleben Eiskristalle am Flugzeugfenster, die erst im Landeanflug als Tropfen über die Scheibe fliehen. Die Wolken vernebeln noch einmal die Sicht, bevor sie endlich die Inseln frei geben. Wie kleine grüne Murmeln liegen sie auf dem samtblauen Tuch des ruhigen Pazifiks: Der Inselstaat Palau.

Ein Schauspiel von nur wenigen Sekunden, da die Inseln nicht viel mehr Landfläche zusammenbringen als 438 Quadratkilometer. Gerade mal so groß wie Usedom, aber aufgesplittert in über 350 kleine Inselchen, von denen lediglich die ovale Hauptinsel Babeldaob größer als 100 Quadratkilometer ist. Südlich davon liegen die meisten der Inseln zunächst dicht beieinander, bis sich mit zunehmender Entfernung die Abstände vergrößern. Aber bis auf einige versprengte Eilande werden die meisten Inseln von dem ovalen Barriereriff umschlossen, das die Lagune vor heftigen Wellen schützt.

Eine Perlenkette um den Pazifik

Kalksteininseln schiessen wie Pilze aus dem Wasser © Daniel Goliasch

Etwa 1.500 Kilometer südöstlich der Philippinen liegt Palau am südlichen Ende des Marianengrabens, der von Papua-Neuguinea nach Norden Richtung Japan verläuft. Der Tiefseegraben ist ein tektonisches Grenzgebiet, wo die Pazifische unter die Philippinische Platte abtaucht und dabei der niedrigste Punkt der Erde entsteht: 11.034 Meter tief. An den Bruchstellen der Platten entlang des Grabens schießt aufsteigendes Magma aus den Ozeanböden, die seit Millionen von Jahren Vulkan-Inseln an den Konvergenzrändern aufreihen. Die westlichste Inselkette entlang der pazifischen Plattengrenze reicht von den jungen Vulkaninseln vor Tokio über die Marianen Saipan, Rota und Guam, Yap in Mikronesien bis zum Atoll von Palau, das den südlichen Abschluss bildet.

Auch ein Paradies muss entstehen

Die Entstehung von Atollen hatte Charles Darwin bereits Mitte des 19. Jahrhunderts auf einer Reise durch den Pazifik weitgehend durchschaut. Besonders an Plattengrenzen oder über Hot Spots bilden sich Vulkane im Meer, von denen einige über den Meeresspiegel hinaus wachsen und oft kreisrunde Inseln erschaffen. Nachdem der Vulkan erloschen ist, siedeln sich Korallen an den Hängen nahe der Wasseroberfläche als Saumriff an, wie es heute an den Küsten im Roten Meer zu sehen ist. Ist der Magma-Nachschub versiegt, senkt sich der Vulkan langsam und durch die Erosion des weichen Vulkangesteins an der Oberfläche flacht die Insel nach und nach ab.

Die Korallen des Saumriffs siedeln in ihrer idealen Lebenswelt im warmen Oberflächenwasser zwischen vier und zehn Meter Tiefe. Durch stetiges Wachsen kompensieren sie das Absinken der Vulkaninsel und streben mit einer Geschwindigkeit von bis zu zwei Zentimetern pro Jahr der Sonne entgegen. Die absterbenden Korallen in der Tiefe bilden dabei ein widerstandfähiges und hartes Fundament für das jetzt freistehende Riff. Die Vulkanspitze wird bald von Wasser umspült und von dem Barriere-Riff ringförmig umgeben, das die Insel und das Küstengewässer vor starken Meeresströmungen und Sturmfluten schützt.

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Brandungskliff an den Kalksteininseln © Daniel Goliasch

In Palau bilden die Inseln Babeldaob, Meiuns, Malakal und ein westlicher Zipfel von Koror einen vulkanischen Kern im Zentrum des Barriereriffs. Ihre Oberfläche ist durch das vulkanische Gestein leicht zergliedert und teilt sich in Täler und Berge, die sich bis auf 270 Meter erheben. Doch obwohl auch Palau im Feuer geboren wurde, sind längst nicht alle Inseln aus vulkanischem Gestein. Die meisten der über 300 grünen Murmeln haben sich aus Millionen Jahre altem Korallenkalk gebildet und stehen vermutlich nur in der Tiefe auf den andesitischen Grundmauern des Vulkans. Der Abfall des Meeresspiegels durch Eiszeiten, tektonische Verschiebung oder Hebung der Ozeanplatte schob einige Kalksteinhügel aus dem Wasser und schuf eine neue Inselwelt rund um die Vulkanfelsen.

Wie eine Koralle zur Murmel wird

Die Kalksteininseln werden ständig durch Erosion geformt und geschliffen. Wasser und Wind sind eine besonders aggressive Kombination für den Kalk, der zusätzlich noch vom Meer an der Inselbasis angegriffen wird. Das Salzwasser schmirgelt alle Ecken und Kanten der Inseln und lässt weiche Linien und Kugeln zurück. Die Wellen höhlen den Kalkstein aus und bilden oft Brandungskehlen von bis zu vier Meter Höhe und drei Meter Breite. Die grünen Kuppeln der kleinen Inseln stehen dadurch oft nur noch auf schmalen Säulen – grüne Pilze, die bei Ebbe regelmäßig aus dem Wasser auftauchen.

Wird der Vulkan im Zentrum des Barriereriffs allerdings völlig erodiert, bleibt oft nur noch ein Kranzriff stehen, das ein Atoll mit innerer Lagune bildet. In Palau trifft das nur auf das Kayangel-Atoll nördlich des Barriereriffs zu. Dort trat ein Teil des Riffs durch den absinkenden Meeresspiegel an die Oberfläche, und aus dem Kalk der Korallen entstanden drei Inseln, die wegen der starken Erosion kein Relief mit Tälern und Bergen ausprägen konnten.

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Stand: 05.05.2006

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Palau
Arche Noah im Westpazifik

Geburtsstunde Null...
Von Vulkanbergen und Koralleninseln

Traumurlaub oder Isolationshaft?
Invasoren beim Insel-Hopping

Das Mosaik im Mosaik
Warum Artenvielfalt nicht nur mit Tieren zu tun hat

Königreich der Quallen
Gefahrlos Baden im Jellyfish-Lake

Multikulti-See für Alle
Süßwasser im Pazifik?

Mangroven-Welten
Ein Wald für Meer und Land

Kuriose Unterwasserwelt
Von Disko-Muscheln und Warzenschnecken

Diaschauen zum Thema

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