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Technik

Wie schädlich ist die digitale Informationsflut?

Experten warnen vor Überforderung unseres Gehirns und der Gesellschaften

Vier Personen tippen gleichzeitig auf ihren Smartphones
Durch die Omnipräsenz von Informationen werden wir täglich mit weit mehr Daten konfrontiert, als wir verarbeiten können. © PeopleImages / Getty Images

Filter gesucht: Die Reizüberflutung durch digitale Informationen stellt eine große Belastung für unser Gehirn, aber auch die Gesellschaften dar, warnen Wissenschaftler. Sie fordern, die digitale Informationsflut im Alltag einzudämmen. Regierungen müssten Maßnahmen gegen die „Informationsverschmutzung“ ergreifen. Die Experten stellen die Reizüberflutung im heutigen Digitalzeitalter damit auf eine Ebene mit Luft-, Wasser- und Umweltverschmutzung.

Informationen sind dank des Internets und Smartphones heutzutage jederzeit innerhalb von nur ein paar Klicks verfügbar. Das hat unseren Alltag massiv beschleunigt und vielfach vereinfacht. Doch durch die Omnipräsenz von Informationen werden wir täglich auch mit weit mehr Daten konfrontiert, als wir verarbeiten können.

Welche Folgen hat die Informationsflut?

Ein Forschungsteam um Janusz Hołyst von der Technischen Universität Warschau hat daher nun zusammengefasst, welche negativen Effekte die digitale Informationsflut nach sich zieht. In einem öffentlichen Brief berichten die Wissenschaftler, welche geistigen und emotionalen Folgen mit der Reizüberflutung einhergehen.

Demnach hindert uns die Fülle an digitalen Informationen daran, diese zu verdauen und Entscheidungen zu treffen. Das senkt unsere Zufriedenheit im Job und unsere Motivation und macht und insgesamt unglücklicher. Infolgedessen ziehen wir uns teilweise sogar zurück und schränken unsere sozialen Kontakte ein. Dadurch entsteht ein globaler wirtschaftlicher Schaden von etwa einer Billion Dollar, wie die Forschenden berichten.

Kein persönliches Problem, sondern gesamtgesellschaftliche Aufgabe

„Die Informationsüberflutung kann schwerwiegende Auswirkungen haben“, sagt Koautor Curt Breneman vom Rensselaer Polytechnic Institute in New York. „Es beginnt damit, dass sie unsere emotionale Gesundheit, Arbeitsleistung und Zufriedenheit untergräbt, und beeinflusst in der Folge das Handeln von Gruppen und schließlich ganzen Gesellschaften.“

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Aus Sicht der Wissenschaftler verteilt sich das Problem auf drei Ebenen: neuronale und kognitive Prozesse im Gehirn von Einzelpersonen, Entscheidungsprozesse von Gruppen sowie allgemeine gesellschaftliche Umgangsformen. Diese Ebenen seien jedoch eng miteinander verknüpft und müssten daher als Gesamtkonstrukt betrachtet werden. Wenn einzelne Mitglieder einer Gruppe durch zu viele Informationen überfordert seien, könne das das ganze Team behindern.

Maßnahmen gegen „Datensmog“ gefordert

Die heutige Informationsmenge habe daher ähnliche gesamtgesellschaftliche Auswirkungen wie andere historische Umbrüche, schreiben die Forschenden. So wie die industrielle Revolution zu Luft-, Wasser- und Umweltverschmutzung geführt habe, habe das Digitalzeitalter durch seine Informationsflut zu einer „Informationsverschmutzung“ geführt. Die Experten sprechen auch von „Datensmog“. Ähnlich wie bei anderen Umweltproblemen müsse auch dieses durch rechtliche und wirtschaftliche Maßnahmen eingedämmt werden, um unsere Gesundheit zu bewahren.

„Wir fordern Maßnahmen in Wissenschaft, Bildung und Gesetzgebung“, sagt Seniorautor Boleslaw Szymanski vom Rensselaer Polytechnic Institute und ergänzt: „Wir brauchen weitere interdisziplinäre Forschung zur Informationsüberflutung, Informationsökologie muss in der Schule gelehrt werden und wir müssen eine Diskussion über gesetzgeberische Möglichkeiten beginnen.“ Ähnlich dem „Clean Air Act“ von 1956 in Großbritannien brauche es weltweit „Clean Information Acts“, die den Informationsfluss filtern und regulieren.

Mit ihrem Schreiben wollen die Autoren nach eigenen Angaben vor allem auf das Problem aufmerksam machen, damit künftig verstärkt nach Lösungen gesucht wird. (Nature Human Behaviour, 2024; doi: 10.1038/s41562-024-01833-8)

Quelle: Rensselaer Polytechnic Institute

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